Stefan Müller: "Die CSU braucht keine Nachhilfe der AfD"

8.3.2018, 06:00 Uhr
Stefan Müller:

© Stefan Hippel

Herr Müller, Horst Seehofer wechselt von München nach Berlin. Er leitet künftig das Innenministerium, das auch ein Heimatministerium sein wird. Wofür braucht es denn plötzlich einen Bundesheimatminister?

Stefan Müller: Das Heimatministerium wird zuständig sein für die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen, aber auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt – ein Thema, das nicht zu unterschätzen ist in einer Gesellschaft, in der die Fliehkräfte zunehmen. Dass sich auch auf Bundesebene ein Ressort um solche Fragen kümmert, halte ich für überfällig.

Ist denn dieses Ministerium eine Reaktion auf den Aufstieg der AfD, die gern mit dem Heimatbegriff spielt?

Müller: Nein. Wir brauchen von Rechtspopulisten keine Nachhilfe, wenn es um den Begriff Heimat geht. Die CSU hat in Nürnberg schon vor etlichen Jahren ein Heimatministerium geschaffen – weit vor der Zeit, in der eine Partei wie die AfD Auftrieb bekommen hat. Jetzt geht es darum, für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu sorgen.

Wenn sich das Bundesheimatministerium also um gesellschaftlichen Zusammenhalt kümmern soll, ist Horst Seehofer, der als Politiker ohne Zweifel polarisiert, dann überhaupt der richtige für den Job?

Müller: Ich sehe da keinen Widerspruch. Horst Seehofer ist immer als jemand wahrgenommen worden, dem soziale Themen mindestens genauso wichtig waren wie wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Er ist von seiner politischen Herkunft Sozialpolitiker – und jemand, dem gesellschaftlicher Zusammenhalt besonders wichtig ist.

Was ist denn für Sie persönlich Heimat?

Müller: Unter Heimat verstehe ich den Ort, in dem ich aufgewachsen bin, die Gemeinde Großenseebach, aber auch die Region Mittelfranken, die Traditionen, die bei uns gelebt werden, die Vereine, mit denen ich mich identifiziere, die Sportveranstaltungen, an denen ich teilnehme. Am Ende ist Heimat mehr als nur eine Wohnadresse. Heimat bedeutet emotionale Prägung.

Was bedeutet Ihnen umgekehrt Berlin?

Müller: Berlin ist der Ort, an dem ich politische arbeite, aber für mich keine Heimat.

Reichen denn die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag aus, um verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen? Auch die CSU wurde bei der Bundestagswahl ja abgestraft.

Müller: Wir haben im Koalitionsvertrag wichtige Themen durchgesetzt – die Begrenzung der Zuwanderung, die Entlastung der Mittelschicht oder auch die Unterstützung von Familien. Verlorenes Vertrauen kann aber nicht durch Koalitionsverträge oder schöne Reden zurückgeholt werden, sondern dadurch, dass man solide politische Arbeit leistet.

Hat die CSU denn so eine Solidität gerade in Zeiten der Flüchtlingskrise bewiesen?

Müller: Wenn Solidität darin besteht, Stimmungen in der Bevölkerung aufzunehmen, sie in eine politische Position zu gießen und für deren Umsetzung zu werben, dann Ja.

Blicken wir in die Zukunft. Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn, Julia Klöckner – diese Namen sind im Gespräch, wenn es um die Nachfolge der Kanzlerin geht. Warum hat die CSU eigentlich niemanden mit Kanzlerformat?

Müller: Ich halte nichts davon, zu Beginn der Wahlperiode darüber zu philosophieren, wer einmal CSU-Kanzlerkandidat sein könnte. Solche Entwicklungen lassen sich nicht planen. Ende der 90er Jahre hätte man auch nicht unmittelbar erwartet, dass Edmund Stoiber 2002 Kanzlerkandidat werden würde. Das alles kann also noch kommen. Jetzt aber konzentrieren wir uns darauf, schnell loszulegen – mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Das gesamte Interview und ein Porträt über Stefan Müller lesen Sie in der Donnerstagsausgabe der Nürnberger Nachrichten.

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