Psychologie

14 Grundsätze: Was macht uns wirklich glücklich?

Elias Thiel

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1.7.2024, 07:23 Uhr
Glücklich sein - was heißt das genau?

© IMAGO/Cavan Images Glücklich sein - was heißt das genau?

In diesem Artikel:

Glücklich und zufrieden zu sein, wünschen sich viele Menschen. Gleichzeitig stehen sie aber auch vor der Frage "Was macht mich glücklich?". Kann man selbst Glücksgefühle auslösen und wie wichtig ist Geld für das Glück? In diesem Artikel gibt es die Antworten und die besten Tipps, um im Alltag glücklicher zu werden.

Glück wird im Duden definiert als "angenehme und freudige Gemütsverfassung, in der man sich befindet, wenn man in den Besitz oder Genuss von etwas kommt, was man sich gewünscht hat". Oder auch als "Zustand der inneren Befriedigung und Hochstimmung."

Glücklichsein beschreibt also ein Wohlbefinden, welches sich für jedes Menschen etwas anders anfühlen kann. Glücklichsein geht mit positiven Gefühlen und Dankbarkeit für das Erlebte oder Erreichte einher. Abzugrenzen ist davon die "toxische Positivität", bei der Menschen berechtigte Gefühle wie Trauer und Unzufriedenheit unterdrücken und mit positiven Aussagen überdecken wollen.

Im Gehirn werden Glücksgefühle durch die Freisetzung eines Neurotransmitters namens Dopamin ausgelöst. Diese Reaktion wurde erstmals von James Olds bei Ratten beobachtet. Olds entdeckte, dass die Ratten eine bestimmte Gehirnregion durch elektrische Stimulation aktivieren konnten. Dies führte zu einem intensiven Glücksempfinden.

Dabei spielt das Lustzentrum im Mittelhirn eine entscheidende Rolle: Dieses setzte immer dann Dopamin frei, wenn Erwartungen übertroffen werden. Diese Dopamin-Ausschüttung aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn, wir fühlen Euphorie und Glück. Dopamin fördert somit unseren inneren Antrieb und belohnt für positives Handeln.

Sowohl zu wenig als auch zu viel Dopamin kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Ein Dopaminüberschuss kann zu einer Reizüberflutung des Körpers führen, bis hin zu Halluzinationen. Bei einem Mangel fühlt man sich nicht nur antriebslos, sondern hat auch Konzentrationsschwierigkeiten und verschiedene körperliche Probleme.

Menschen haben schon immer versucht zu verstehen, wie sie glücklich werden. Sie wollen ihr Leben möglichst genießen und ihren Blick lieber auf positive Dinge richten als sich zu sorgen.

Die Vereinten Nationen haben 2011 sogar eine Resolution mit dem Titel "Glück: auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Konzept für Entwicklung" verabschiedet. Sie unterstreicht die Bedeutung des Glücks als Grundrecht und Ziel für alle Menschen. In ihr wird betont, dass das Streben nach dem Glück ein grundlegendes menschliches Ziel ist und dass Regierungen und internationale Organisationen sich stärker auf die Förderung von Glück und Wohlbefinden als Teil ihrer Entwicklungsstrategien konzentrieren sollten.

Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wollen das Glück der Menschen fördern. Dafür wurde ein "Nationales Programm für Glück und Wohlbefinden" implementiert und ein Staatsminister für Glück ernannt.

Das Konzept des Bruttonationalglücks (Ökonomie des Glücks) wurde in den frühen 1970er Jahren von Jigme Singye Wangchuck eingeführt, dem vierten König von Bhutan. Damals stellte er das vorherrschende Messsystem, das sich ausschließlich auf das Bruttoinlandsprodukt konzentrierte, infrage und betonte die Bedeutung des Glücks und Wohlbefindens für die Gesellschaft.

Nun stellt sich natürlich die Frage: Was macht Menschen denn überhaupt glücklich? Welche Faktoren sind für ein gutes Leben wichtig? Damit haben sich Forscher befasst und haben Indikatoren zusammengetragen:

Better Life Index

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat einen sogenannten "Better Life Index" entwickelt. Dazu werden Aspekte wie ein festes Zuhause, ein Job, eine Schulbildung, bürgerschaftliches Engagement, Lebenszufriedenheit, Work-Life-Balance, Einkommen, Netzwerke, Umwelt, Gesundheit und Sicherheit in verschiedenen OECD-Ländern betrachtet.

Im Vergleich zu 2010 hat sich das Wohlergehen in vielen Bereichen verbessert, einschließlich einer längeren Lebenserwartung und erhöhter Sicherheit. Einkommen und Beschäftigung sind gestiegen, wobei die Zufriedenheit der Menschen mit ihrem Leben zugenommen hat. Jedoch variieren diese Trends stark zwischen den OECD-Ländern und innerhalb der Bevölkerungsgruppen. Einige Länder haben eine Stagnation in der Lebenserwartung und Verschlechterungen in der Erschwinglichkeit von Wohnraum, Einkommensarmut und sozialer Unterstützung erlebt.

In Bayern liegt die Lebenszufriedenheit laut OECD bei 7,7 von zehn Punkten, in Baden-Württemberg sind es 8,5 und in Bremen nur 4,6.

Laut der OECD sind viele Menschen immer noch mit geringem emotionalem Wohlbefinden und Verzweiflung konfrontiert. Insgesamt erleben 12 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen an einem typischen Tag mehr negative als positive Gefühle. Auch wenn sich die Lebenszufriedenheit seit 2010 durchschnittlich verbessert hat, berichten sieben Prozent der Menschen weiterhin ein sehr niedriges Niveau der Lebenszufriedenheit.

In den europäischen OECD-Ländern berichtet fast einer von 15 Erwachsenen von depressiven Symptomen innerhalb der letzten zwei Wochen, darunter Interessenverlust, übermäßiges Essen, Appetitlosigkeit oder Müdigkeit. Zudem ist die Anzahl der "Todesfälle aus Verzweiflung" durch Selbstmord, akuten Alkoholmissbrauch und Drogenüberdosierung in einigen Ländern gestiegen, obwohl ihr Anteil an den Gesamttodesfällen immer noch gering ist.

World Happiness Report

Der aktuelle World Happiness Report von 2024 listet die zehn glücklichsten Länder der Welt auf. Finnland ist unangefochten auf Platz 1, danach folgt Dänemark. Insgesamt sind alle fünf nordischen Länder unter den ersten 10. Deutschland rutschte von Platz 16 weiter nach unten und findet sich im Jahr 2024 erst auf Platz 24 in der Rangliste wieder.

Frühere Annahmen in westlichen Ländern gingen davon aus, dass die Jugend am glücklichsten sei und das Glück bis zum mittleren Alter langsam abnimmt, um dann wieder anzusteigen. Laut World Happiness Report ist jedoch das Glücksempfinden der Jugend seit 2006 in vielen Regionen gesunken. In Nordamerika sei das aber deutlich spürbar als in Westeuropa. Auf dem nordamerikanischen Kontinent sind nun die älteren Menschen im Schnitt etwas glücklicher als die Jugend, in Westeuropa ergibt sich in den verschiedenen Lebensphasen kaum ein Unterschied.

In Zentral- und Osteuropa hingegen sind weiterhin die Jüngeren am glücklichsten, mit steigendem Alter nimmt die Zufriedenheit allmählich ab.

Viele Menschen gehen davon aus, dass Geld glücklich macht. Aber stimmt das wirklich?

Die Forschung zeigt, dass ein höheres Einkommen nicht immer zu mehr Glück führt.

Eine Studie zweier Forscher aus dem Jahr 2010 ergab, dass das Glück bei US-Bürgern mit steigendem Einkommen bis zu 75.000 Dollar anstieg. Danach ergab sich kein spürbarer positiver Effekt mehr. Die Autoren kamen zu dem Entschluss, dass Glück über diese Schwelle hinaus von anderen Faktoren wie Beziehungen und Gesundheit beeinflusst wird. Allerdings muss man, wenn man sich die Zahlen heute ansieht, die Inflation beziehungsweise die Kaufkraft bedenken. Heute wären es etwa 108.000 US-Dollar beziehungsweise 100.700 Euro.

Somit waren Menschen mit höherem Einkommen durchaus zufriedener mit ihrem Leben. Jede Zunahme an Einkommen ergab auch einen gewissen Glückseffekt - bis zu einer gewissen Grenze.

Es gibt aber auch eine Studie, die zu anderen Ergebnissen kommt. 2021 untersuchte ein Professor ebenfalls den Einfluss des Einkommens auf Glück und Lebenszufriedenheit untersuchte. Er verwendete eine Echtzeit-Erfahrungsabfrage, bei der 34.000 Freiwillige mehrmals täglich über ihre Smartphones kontaktiert wurden und nach ihren Gefühlen und Emotionen befragt wurden. Zudem mussten sie Fragen zu ihrem Einkommen und ihrer Zufriedenheit im Leben beantworten. Diese Studie stellte keine Plateauphase in Bezug auf Glück oder Lebenszufriedenheit bei 75.000 Dollar oder einem anderen Niveau beobachtet. Je mehr Geld die Teilnehmer hatten, desto glücklicher waren sie auch.

Eine weitere Studie von 2023 analysierte die widersprüchlichen Ergebnisse der zwei vorigen Untersuchungen. Hierbei nahmen Forscher der früheren Studien teil. Sie stellten fest, dass man den Zusammenhang zwischen Geld und Glück nicht verallgemeinern kann. Während für viele Menschen mehr Geld mit mehr Glück verbunden ist, gibt es auch eine Gruppe, bei der das Glück nur bis zu einem Einkommen von etwa 100.000 Dollar steigt. Zusätzliche Forschungen in Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen ergaben außerdem, dass Menschen auch ohne Geld zufrieden mit ihrem Leben sein können. Das gilt insbesondere in kleinen, naturverbundenen Gemeinschaften. Aber auch in Ländern, wo das Durchschnittseinkommen oft nur zwischen 10 und 1000 Dollar liegt, bedeutete mehr Geld im Schnitt auch mehr Zufriedenheit.

Diese Forschung zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Einkommen und Glück komplexer ist als bisher angenommen. Somit ist die Beziehung zwischen Geld und Glück nicht universell, sondern hängt von individuellen Faktoren ab.

Seit 1938 begleitet die Harvard-Universität eine Gruppe von Familien, unter anderem um herauszufinden, wie Menschen auch im hohen Alter gesund und glücklich bleiben. Die Studie ergab als Rezept für Glück folgendes: Zwar wird das Ausmaß, in dem wir Glück empfinden, etwa zur Hälfte durch unsere Gene bestimmt. Rund 40 Prozent kommen aber auch durch die Entscheidungen zustande, die wir selbst treffen.

Dabei identifizierten die Forscher zwei wichtige Faktoren für ein glückliches Leben: stabile und erfüllende Beziehungen machten die Studienteilnehmer glücklicher als Geld oder Berühmtheit. Beziehungen zu pflegen sei daher sehr wichtig. Der zweite Faktor ist Gelassenheit. Hierbei profitiert man laut der Studie vom Älterwerden. Mit zunehmendem Alter sorgten sich die Studienteilnehmer weniger um Kleinigkeiten und regten sich seltener auf. Stattdessen achteten sie verstärkt darauf, was sie glücklich macht - zum Beispiel bestimmte Aktivitäten, Rituale oder Hobbys.

Work-Life-Balance

Gleichzeitig trägt laut einer weiteren Studie auch eine gesunde Work-Life-Balance zum Glück bei. Im Jahr 2018 führten Forscher der Universitäten von Pennsylvania und Kalifornien eine Studie mit etwa 35.000 Teilnehmern durch und prüften, ob es einen bedeutenden Zusammenhang zwischen der Menge an Freizeit und der Lebenszufriedenheit gibt.

Sie definieren Freizeit als die Zeit, in der Menschen wach sind und tun können, was sie wollen - zum Beispiel Zeit mit Freunden und Familie verbringen, kulturelle Aktivitäten unternehmen, Spiele spielen oder entspannen. Nicht zur Freizeit zählten sie hingegen Zeit für berufliche Verpflichtungen, die Hausarbeit, Kinderbetreuung, Arztbesuche oder Ähnliches.

Dem Ergebnis zufolge sind erwerbstätige Menschen besonders glücklich, wenn sie am Tag durchschnittlich 2,5 Stunden Freizeit haben. Für Nicht-Berufstätige beträgt die optimale Menge an Freizeit ungefähr 4 Stunden und 45 Minuten pro Tag. Dabei wurde festgestellt, dass weniger Freizeit Menschen stressen kann.

Jedoch bedeutet mehr Freizeit nicht immer, dass Menschen zufriedener sind. Demnach fühlen sich Betroffene mit mehr verfügbarer Zeit in einigen Fällen auch unproduktiv und vermissen ein Ziel, auf das sie hinarbeiten können. Treffen sie sich in ihrer Freizeit hingegen mit anderen Menschen oder machen sinnvolle Tätigkeiten wie ehrenamtliche Arbeit, sind sie nicht unzufrieden. Lediglich zu viel Zeit allein, vor dem Fernseher oder beim Surfen im Internet, macht Menschen tendenziell unglücklicher.

Der Psychiater Michael W. Fordyce hat 14 Grundsätze des Glücks entwickelt. Diese Grundsätze beschreiben Gewohnheiten, die Menschen aufbauen sollte, um in ihrem Leben mehr Glück zu verspüren.

  1. Aktivität einplanen (spaßige Tätigkeiten in der Freizeit, sinnstiftende Aufgaben und Weiterentwicklung)
  2. Gesellschaft mit anderen suchen (regelmäßig Zeit mit Freunden, der Familie und dem Partner verbringen)
  3. Etwas Sinnvolles tun (den eigenen Beruf gerne ausüben und Sinn in der Tätigkeit sehen)
  4. Langfristig planen (konkrete Ziele im Leben setzen, auf die man hinarbeitet)
  5. Sich weniger sorgen (gesunder Umgang mit Sorgen und Ängsten, sich auf Positives fokussieren)
  6. Realistische Erwartungen haben (überhöhte Erwartungen ablegen - es muss nicht alles perfekt werden)
  7. Optimismus (die Welt positiv sehen und den Blick auf das Gute richten)
  8. Leben im Hier und Jetzt (Achtsamkeit einüben, Fokus auf den jetzigen Augenblick)
  9. Mentale Gesundheit (Selbstliebe erlernen und sich um die eigene mentale Gesundheit kümmern)
  10. Offenheit (sich gegenüber anderen Menschen öffnen)
  11. Einzigartigkeit (sich trauen, man selbst zu sein, eigene Bedürfnisse ansprechen und ausleben)
  12. Probleme als lösbar ansehen (aktiv nach Lösungen suchen, wenn man auf Probleme trifft)
  13. In enge Beziehungen besonders investieren (auch bei Stress und Problemen sollte man die Menschen nicht vernachlässigen, die einem wichtig sind)
  14. Glück als Entscheidung (bewusst die Entscheidungen treffen, glücklich sein zu wollen und darauf hinzuarbeiten)

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