Wanze im Kinderzimmer

Augen auf beim Weihnachtseinkauf! Smartes Spielzeug kann Kinder abhören

Stefan Besner

Online-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

19.12.2023, 13:27 Uhr
Der Vorteil von Smart Toys liegt auf der Hand. Kinder interagieren mit ihren Puppen, Autos oder Robotern.

© IMAGO/Bambara Der Vorteil von Smart Toys liegt auf der Hand. Kinder interagieren mit ihren Puppen, Autos oder Robotern.

Die Mikrowelle, die Waschmaschine, die Heizung, die Alarmanlage - kurz: Das "Smart Home": Eine komplette Vernetzung der Haushaltsgeräte ist längst keine Science Fiction mehr, sondern praktischer Usus für zahlreiche Menschen. Die Digitalisierung schreitet mit immenser Geschwindigkeit voran und macht auch vor dem Kinderzimmer nicht Halt: "Smart Toys" sind eine neue Generation von Spielsachen, die oftmals mit dem Internet verbunden sind. Damit einher geht die Gefahr, dass Firmen oder Kriminelle sensible Daten abgreifen. Experten warnen nun eindringlich vor dem leichtfertigen Umgang mit vermeintlich harmlosem Spielzeug.

Abhören oder sogar Sprechen möglich

Der Vorteil von "Smart Toys" liegt auf der Hand. Kinder können mit ihren Puppen, Autos oder Robotern nicht nur umgehen, sondern tatsächlich interagieren. Der Nachteil ist hingegen nicht so offensichtlich. Bluetooth- oder internetfähige Spielsachen mit einem Mikrofon oder eingebauter Kamera bergen das Risiko, dass sensible Daten abgegriffen werden können - zum Aufenthaltsort oder sogar zu den Gewohnheiten des Kindes, wie Tobias Messer, Rechtsanwalt und Konzern-Datenschutzbeauftragter bei der R+V Versicherung, darlegt: "Wenn das Spielzeug mit einem Lautsprecher und einem Mikrofon ausgestattet ist, kann theoretisch im Umkreis jeder mit einem Smartphone auf das Spielzeug zugreifen, das Kind abhören oder sogar mit ihm sprechen“, warnt Messer. Ob die Bluetooth-Verbindung oder andere Funkschnittstellen ausreichend gesichert sind, können Eltern beim Kauf des Spielzeugs oftmals nicht erkennen.

Kinder als Opfer von Identitätsdiebstahl

Puppen oder Roboter, mit denen sich Kinder unterhalten können, seien auch vor dem Hintergrund bedenklich, weil Hersteller durch die Interaktion wertvolle Informationen erhalten, die sie beispielsweise zu Werbezwecken einsetzen können. Diese Informationen werden in Datenbanken gespeichert. Und dass die nicht unbedingt Fort Knox sein müssen, hat die jüngere Vergangenheit immer wieder gezeigt. Sind die Hersteller-Server nicht ausreichend gesichert, können Kinder Opfer von Identitätsdiebstahl werden. Gestohlene Identitäten können unter anderem für Bestellungen oder in Chats missbraucht werden.

Die Verbraucherzentrale spricht deshalb eine eindringliche Warnung aus: "Besonders bedenklich: Im Spiel könnten Kinder intime Wünsche, Träume und Fantasien offenbaren, die aufgezeichnet und weitergegeben werden könnten."

Was ist bei Smart Toys erlaubt?

Auch für smarte Spielsachen gelten natürlich deutsche und europäische Datenschutzbestimmungen. Das bedeutet laut "Verbraucherzentrale" konkret: Wenn ein "Smart Toy" Bild- oder Audiodateien an den Hersteller weitergeben kann, muss der Hersteller darüber im Voraus informieren und Nutzern die Möglichkeit bieten, diese Funktion zu steuern – folglich auch abschalten zu können. Smart Toys, die heimlich Gespräche mithören oder Personen beobachten können, sind hierzulande verboten. Bereits im Jahr 2017 nahm die Bundesnetzagentur deshalb die smarte Puppe "Cayla" vom Markt.

Auskünfte darüber, ob ein bestimmtes Smart Toy verboten ist, erhalten Eltern bei der Bundesnetzagentur.

Privatsphäre schützen

Messer empfiehlt Eltern aus diesem Grund, bei digitalem Spielzeug besser zweimal hinzuschauen. Bereits vor dem Kauf lohnt sich ein Blick in die Datenschutzhinweise des Herstellers. Hier sollte festgeschrieben sein, ob und welche personenbezogenen Daten wie lange gespeichert und ob sie auch an Dritte übermittelt werden – mitunter sogar außerhalb der Europäischen Union.

Vergleichbares gilt für Programme, die mit dem Spielzeug verknüpft sind. Apps sollten ausschließlich die Rechte bekommen, die für das Spiel zwingend notwendig sind. In keinem Fall sollte man den Zugriff auf persönliche Daten erlauben. "Wenn die Datenschutzhinweise nicht deutlich formuliert und nachvollziehbar sind, sollte man die Finger davonlassen – und vor allem keine Daten preisgeben“, so Messer.

Worauf Eltern beim Kauf achten sollten:

Digitales Spielzeug ist aber nicht grundsätzlich Teufelswerk. Wer ein in Deutschland zugelassenes "Smart Toy" erwirbt, sollte sich dennoch eines gewissen nicht kalkulierbaren Restrisikos bewusst sein. Die Kontrolle über die Verwendung der eigenen Daten wird bei einem vernetzten Spielzeug bis zu einem gewissen Grad abgegeben. In jedem Fall sollte man sehr genau auf folgende Punkte achten:

  • Welche Funktionen hat das Spielzeug?
  • Besteht eine ständige Verbindung zum Internet?
  • Zeichnen Mikrofone alles auf, was in der Nähe des Spielzeugs gesprochen wird?
  • Geben Sie nie leichtfertig persönliche Daten oder Daten Ihres Kindes weiter, sondern beschränken Sie die Datenweitergabe auf das zur Nutzung erforderliche Minimum.
  • Ob Ihre Daten nur lokal verarbeitet werden oder an wen sie konkret gehen, kann in der Datenschutzerklärung überprüft werden.
  • Ein passwortgeschützter WLAN-Zugang senkt das Risiko, dass Unberechtigte Daten abgreifen. Dieses Risiko besteht für alle Geräte mit WLAN-Zugang.
  • Bevorzugen Sie Smart Toys, die nicht mit einem externen Server verbunden sind, sondern die Daten lokal verarbeiten.
  • Auch nicht vernetztes Spielzeug kann über smarte Funktionen verfügen und zum Beispiel auf Sprachbefehle reagieren. Bei solchen Plüschtieren, Autos oder Puppen ist die Software schon integriert und eine Internetverbindung nicht notwendig. Dadurch besteht in der Regel kein Sicherheitsrisiko.
  • Löschen Sie das Nutzerkonto des Kindes, wenn das smarte Spielzeug nicht mehr genutzt wird.

Im Zweifelsfall rät die "Verbrauchschutzzentrale" dazu, auf den Kauf zu verzichten.

Keine Kommentare