„Wort.Transport“ zum Luther-Jahr in Treuchtlingen

29.6.2017, 06:04 Uhr
„Wort.Transport“ zum Luther-Jahr in Treuchtlingen

© Jürgen Leykamm

Was hätte Luther wohl von Autos oder dem Internet gehalten? Das erfahren Hunderte von Grundschülern auf dem Showtruck des „Wort.Transport“, wo der Reformator dem neuzeitlichen Teenager Martin (dargestellt von einer Martina) im Traum erscheint. Der betrachtet erstaunt so wundersame Fortbewegungsmittel wie das Auto, ist aber beruhigt, dass es auch noch Burgen gibt. Auf einer solchen habe er sich vor seinen Feinden versteckt, sagt der große Luther.

„Ihr hattet aber eine komische Art, Verstecken zu spielen“, erwidert der kleine Martin. Sein Namensvetter klärt ihn auf und singt ihm den großen Hit vor, der aus dieser Notsituation geboren wurde: „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Die Kinder halten ihre Vorstellung von diesem Ort des Schutzes in Form von Lichttütenburgen fest.

Anschließend dürfen die Mädchen und Buben Psalme und weitere Bibelstellen mit einer historischen Presse drucken. Die Stadtkapelle läutet mit sommerlichen Klängen den Nachmittag ein. Dazu hämmern die Besucher im Takt eigene Gedanken an eine „Thesen-Thür“. Wem bei einigen der dort zu lesenden Ansichten „die Haare zu Berge stehen“, kann beim Geo-Caching auf Spurensuche gehen, wo diese Redewendung in der Bibel zu finden ist.

Luthers Frau Katharina erinnert im Interview an ihre täglich bis zu 50-köpfige Schar von Gästen. Letztere können sich mit Kräutern aus ihrem Garten einen Tee zusammenmischen oder fürs Foto kurz in die Haut des Reformators schlüpfen und sich mit ihm fragen: „Wofür stehe ich?“ Über die Frage „Wer bin ich?“ neu nachzudenken, lädt auch ein Zerrspiegel ein.

Geschäftig geht es auf dem „Himmelsmarkt“ zu, entdeckerisch im Bibelmobil und besinnlich im Raum der Stille. Zum Mitsingen lädt Kirchenmusikdirektor Raimund Schächer ein, zum Zuhören Tochter Rebecca Häfele. Den Nachmittag beschließt Pfarrer Reinhard Kufeld, und „Luthers Biergarten“ eröffnen am Abend Dekan Wolfgang Popp und der Bezirksposaunenchor.

In seiner Tischrede beklagt TK-Redaktionschef Hubert Stanka dort vor rund 250 Gästen eine unpolitische Kirche, deren Stimme eine sich zunehmend entsolidarisierende Gesellschaft eigentlich bitter nötig hätte. Martin Luther selbst würde ihm zufolge heute „gewaltig auf den Tisch hauen“. Und auch den heutigen Lutheranern stünde „ein deutlicher Sprachgebrauch jenseits der Diplomatie“ gut an.

Satirisch wird es zum Abschluss mit Pfarrer Eberhard Hüttig, der sich den funktionalen und modischen Varianten des Beffchens, der Halsbinde evangelischer Geistlicher, widmet. Bei Hochzeiten empfehle sich jenes aus Herzen, bei Taufen eines mit zwei symbolischen Wasserhähnen. Trägt ein Pfarrer das Rasierklingen-Beffchen, müsse sich der Gläubige auf eine „scharfe Predigt“ einstellen. Im Krankenhaus könne das Textil zudem in der aseptischen Version als Mundschutz dienen. Dem Bergsteigerchor ist es schließlich vorbehalten, den Tag mit dem Andachtsjodler zu beschließen.

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