Die Freude am Lernen ist das A und O

31.8.2015, 17:12 Uhr
Die Freude am Lernen ist das A und O

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„Bei den meisten gelingt der Übergang vom Kindergarten in die Schule ohne Probleme“, sagt Sabine Martschinke. Aber natürlich, so die Grundschulpädagogik-Professorin, könne der Wechsel auch zum „kritischen Lebensereignis“ werden – mit negativen Folgen für die Bildungsbiografie und den weiteren Lebensweg.

„Es gibt Risikokinder“, weiß die Expertin, die das Institut für Grundschulforschung an der Uni Erlangen-Nürnberg leitet. Bei manchen hapert es nicht nur sprachlich oder mathematisch, sondern auch sozial oder emotional. Erstklässler, die nicht mit Frust umgehen oder ihre Bedürfnisse nicht wenigstens zeitweise zurückstellen können, tun sich im Unterricht ebenso schwer wie Kinder, denen Buchstaben oder Zahlen große Probleme bereiten.

Einen ungünstigen Schulstart erwischen überproportional häufig Sprösslinge aus bildungsfernen Schichten und solche mit Migrationshintergrund. Doch selbst wer Risikofaktoren mitbringt, muss nicht zwangsläufig scheitern. Im Gegenteil. Die Bereitschaft zu lernen, vor allem aber die Freude am Lernen, sind gute Voraussetzungen für schulischen Erfolg.

Besondere Aufmerksamkeit vonseiten der Eltern und eine frühe Förderung können ebenfalls vieles wettmachen, betont Roswitha Sommer-Himmel, die als Professorin für Bildung und Erziehung im Kindesalter an der Evangelischen Hochschule wirkt. Das gilt insbesondere dann, wenn wichtige Bezugspersonen an einem Strang ziehen: Eltern, Erzieher und Lehrer.

„Alle Beteiligten sollten sich als Erziehungs- und Bildungspartner verstehen“, sagt Isabelle Kasanmascheff. Die Lehrerin ist Mitglied im Promotionskolleg „Bildung als Landschaft“, in dem seit dem Jahr 2013 über 20 Kollegiaten im Alter von 24 bis 45 Jahren forschen. Ein Ziel der Kooperation zwischen den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Bamberg sowie den Nürnberger Institutionen, der Evangelischen und der Technischen Hochschule, ist es, Lernprozesse aus der Perspektive von Kindern zu erkunden.

Kasanmascheff untersucht, ob und wie sich bei Risikokindern das Bild von Schule und schulischem Lernen ändert, wenn sie von der Kita an die Schule wechseln. Noch ist die Auswertung nicht abgeschlossen. Die Daten bezieht die 27-Jährige aus Interviews, die sie mit 38 Kindern geführt hat, einmal vor, einmal nach Schulbeginn.

Wie wichtig der Einfluss der Eltern auf die Sichtweise der Kinder ist, zeigen bereits Kasanmascheffs erste Ergebnisse. Denn: Die wichtigste Informationsquelle, so viel steht jetzt schon fest, sind die Eltern. Oder, um es mit den Worten der Teilnehmer zu sagen: „Die Mama hat mir das alles erzählt.“

Und je nachdem, was die Eltern erzählt haben, geht das Kind dann am ersten Schultag freudig oder eben angespannt in die Schule. Konkrete Vorstellungen, was es erwartet, hat es aber nicht.

Um Anpassungsschwierigkeiten nach dem Übertritt zu vermeiden, gelten Elternbildungsprogramme, wie HIPPY, als sinnvoll. Bei diesem aus Israel stammenden Angebot, das ergänzend zum Kindergarten offeriert wird, werden Eltern mit Vorschulkindern im gemeinsamen Spielen und Lernen unterstützt. Dabei geht es nicht nur um schulrelevantes Vorwissen, sondern auch um Grob- und Feinmotorik, Rituale wie tägliches Vorlesen oder gesundes Essen. Zielgruppe sind sozial benachteiligte Familien mit Migrationshintergrund.

Allein in Nürnberg durchliefen seit dem Jahr 1991 über 2560 Teilnehmer das von der Arbeiterwohlfahrt getragene Programm. Ein gutes Dutzend von ihnen steht im Mittelpunkt einer Studie, an der Daniela Lambrecht, auch Mitglied im Promotionskolleg, arbeitet. Die Sozialpädagogin will herausfinden, in welchen Bereichen sich Kinder durch die vermittelten Inhalte des HIPPY-Programmes im Übergangsprozess vom Elementar- zum Primärbereich unterstützt fühlen. Die Auswertung läuft noch.

Welche Fähigkeiten sollten Kinder denn nun zur Einschulung mitbringen? „Wenn ein Kind gerne lernt, motiviert ist und ein gutes Selbstwertgefühl hat, kann nicht viel schiefgehen“, sagt Lambrecht. Und Kasanmascheff ergänzt: „Eine gewisse Gelassenheit bei allen Beteiligten kann auch nicht schaden.“

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