Erlanger Podcast-Soundmix aus der S-Bahn

9.2.2015, 09:02 Uhr
Erlanger Podcast-Soundmix aus der S-Bahn

© Rainer Windhorst

Thorsten Weber sitzt im Wandschrank in Miami. Tagsüber lärmten die Bauarbeiten. Eine Kernsanierung eines Appartements lief im Gebäude. Auf der anderen Straßenseite rissen sie ein Haus ab. Es blieb ihm nur die Nacht.

Denn die Straßen von South Beach erfüllt jetzt um 21 Uhr im März fast nur das Surren der Klimaanlagen, dahinter das Pumpen von Partys und Bässen. Weber hört das in seiner Ferienwohnung im zweiten Stock nicht. Den Wandschrank hat er abgedichtet, den Laptop und das Mikrofon mitgenommen. Er will nichts hören, braucht Stille. Für seinen Internet-Podcast. Es sind die Aufnahmen zur dreißigsten Folge von "Houseschuh". Weber ist für die Winter Music Conference in die USA gereist, ein großes einwöchiges Event, das sich nur um elektronische Musik dreht.

Acht Monate später. Weber beugt sich über seinen Laptop in der S-Bahn von Nürnberg nach Erlangen. „Podcasten hat mich als Medium interessiert. Ein Arbeitskollege von mir hat das vor sieben Jahren mit seiner Frau gemacht und immer davon erzählt. Ich habe das damals nicht verstanden“, sagt Weber. „2012 habe ich Podcasts dann wiederentdeckt. Ein Jahr lang habe ich mit der Idee herumgesponnen, meinen eigenen Podcast zu machen.“

Wer die sieben ersten Folgen des eigenen Podcasts übersteht, macht auch danach ziemlich sicher weiter, so der 43-Jährige. Im September im letzten Jahr veröffentlichte er seine erste Folge. Weber hat weitergemacht. Jede Woche gibt es eine Ausgabe von „Houseschuh“, in der Weber House spielt, ein halbstündiger Mix mit elektronischen Beats. Beim Podcast abonniert der Hörer einen bestimmten Sender, der ihn in bestimmten zeitlichen Abständen mit neuen Folgen versorgt – Radio auf Abruf quasi. In Deutschland hat sich das Format längst nicht so wie etwa in Amerika durchgesetzt, trotzdem gibt es auch in Erlangen und Nürnberg bereits mehrere Podcasts.

Erlanger Podcast-Soundmix aus der S-Bahn

© Foto: privat

„Egal, was passiert, ob ich Schnupfen habe oder ich im Ausland bin, ich halte mich sklavisch dran, jede Woche eine Folge zu veröffentlichen“, so Weber. Mittlerweile hat der Brucker 1200 Hörer, die seinen Zusammenstellungen lauschen.

Als DJ Rewerb legt Weber im E-Werk in Erlangen, dem Terminal90 in Nürnberg und der MS Brombachsee auf, im Leben neben der Musik arbeitet er als Systemprogrammierer. Bereits im Alter von 17, 18 Jahren, während der Rest der Welt gegen Ende der Achtziger Metal hört und anfängt Grunge zu entdecken, verfällt Weber der elektronischen Musik und beginnt mit dem Auflegen. House wird wichtig für ihn: „ Es ist ja erst einmal keine Musik zum aktiven Zuhören, sondern Du hörst diese Musik im Club und sie zieht Dich auf die Tanzfläche.“

Trotzdem fehlt Weber der missionarisch-musikalische Eifer, er mag seinen Geschmack nicht anderen Leuten aufzwängen. Dafür kennt er durch seine Arbeit als DJ auch zu viel Musik, weiß das Handwerk zu schätzen. Wenn er Ruhe will, hört Weber keinen Ton. Nichts. „Ich glaube, Du erreichst als DJ auch irgendwann eine Überdosis an Musik“, sagt er. Sein ganzes Studio für den Podcast passt in den Rucksack, einen Großteil der Folgen bastelt Weber in der S-Bahn auf dem Weg zwischen Erlangen und Nürnberg.

Er ist Perfektionist. Weiß wann, wie die Sonne auf dem Bildschirm blendet, wo er sitzen muss, damit ihn das nicht ablenkt. Vor zwei Jahren startete Weber unabhängig vom Podcast ein Stimmtraining. Mittlerweile spricht Weber sehr sauber, gut betont. Auch wenn er das nicht zugibt. Noch immer geht er zum Stimmtraining.

Der nächste Schritt wäre für ihn seinen Podcast in englischer Sprache zu moderieren. Ansonsten will er erst einmal weitermachen. „Nicht den Faden verlieren.“ Bei den ersten Folgen hatte sein Podcast zehn Downloads pro Tag. Gerade einmal ein Jahr später sind es 640 Downloads innerhalb von 24 Stunden. „Das ist irre“, sagt Weber. Sein Gesicht hellt sich auf. So stellt man es sich vor, saß er im März in Miami im Wandschrank. Mitten in der Nacht, mit diesem Ausdruck in den Augen. Und dem Wissen, dass er die Menschen mit seinem Podcast erreicht. Egal, wo er sich gerade befindet.

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