Erlanger Tüftler kämpft gegen Feinstaub in China

17.1.2016, 06:00 Uhr
Erlanger Tüftler kämpft gegen Feinstaub in China

© Foto: Harald Sippel

Mit Aussagen wie „Die Regierung betrügt uns alle“ oder „Mit meiner Erfindung kann man Krebs und Allergien zum größten Teil verhindern“, erntet Otto Barnickel durchaus skeptische Blicke. Doch sobald die anfängliche Aufregung aus Barnickels Worten verfliegt, zeigen sich sinnvolle Ansätze. Manche Kunden schwören auf seine Art der Feinstaubbekämpfung, die Politik hingegen lässt ihn mit seiner Erfindung, einem Luftreinigungsgerät, immer wieder abblitzen.

Unsichtbare Bedrohung

Weichmacher, belastete Bausubstanz, Schimmelpilze: Menschen atmen Schadstoffe zum Teil in hohen Konzentrationen ein, ohne überhaupt etwas davon mitzubekommen. „Nur was sichtbar ist, kommt den Leuten bedrohlich vor“, erklärt Otto Barnickel. Der Feinstaub in der Luft ist sein unsichtbarer Gegner.

Der 73-Jährige versucht seit mehreren Jahren, sein eigens erfundenes und patentiertes Luftreinigungsgerät in Deutschland bekannt zu machen. In dem Gerät namens „Zoomlus“ saugt ein leise laufender Ventilator die Luft an, welche mit Hilfe von aufgewirbelten Öltröpfchen einen Stofffilter passiert und gereinigt wieder in die Umgebung abgegeben wird. Zu haben ist es für 199 Euro. Für seine Erfindung wurde er zwar bereits von der IHK und auf der Erfindermesse Iena ausgezeichnet, der große Erfolg lässt aber weiterhin auf sich warten.

Einsatz im Kinderhort

Ein Kunde, der während des Interview-Termins vorbeikam, berichtete voller Überzeugung und in tiefstem Dialekt: „Wenn ich a Brathendl mach’ und mei Frau schimpft, dann schalt’ ich das Gerät ein. Das wälzt die Luft um.“ Nicht nur gegen Essensgerüche, sondern auch in Raucherwohnungen soll „Zoomlus“ für deutlich verbesserte Luft sorgen – selbst Probleme wie eine PCB-Belastung oder Schimmel in der Wohnung seien mit dem Gerät lösbar.

Auch in öffentlichen Gebäuden ist das Luftreinigungssystem im Einsatz, unter anderem in einem städtischen Kinderhort. Vor einigen Jahren hätten sie mehrere Geräte angeschafft, sagt der Leiter des Horts, Jens-Peter Saebel. „Wir haben für uns das Gefühl, dass die Geräte für die Raumluft sehr positiv sind.“ Auch eine Kindergärtnerin aus einer anderen Einrichtung sagt: „Das Gerät hat seinen Dienst gut getan. Allerdings ist das eine subjektive Einschätzung.“

Konkrete Messdaten gibt es nicht. „Der Nachweis, genau das ist das Problem“, sagt Barnickel. Die Nachweisverfahren wären noch zu ungenau. Doch könne sogar der Laie direkt mit dem bloßen Auge erkennen: Nach einigen Tagen Betrieb färbt sich das vorher hellgelbe Pflanzenöl im Gerät dunkel, manchmal sogar schwarz.

Made in Germany zieht in China

Das will Barnickel aber nicht jeder glauben. Viele interessiert es einfach auch nicht, wie schadstoffbelastet die Luft ist. Ganz im Gegenzug zu seinen manchmal auch deprimierenden Erfahrungen in Deutschland erging es dem 73-Jährigen in China.

Vor wenigen Wochen war er auf einer Erfindermesse in Shanghai und wurde „wie Gott in Frankreich“ behandelt, erzählt er. Die Wiederverkäufer auf der Fachmesse hätten sich um sein Gerät und vor allem um seine Person gerissen: „Obwohl ich kein Wort Englisch spreche.“

Die deutsche Wertarbeit zähle und das Bewusstsein um die Gefahr für die Gesundheit sei da, sagt er. „Wir Deutschen lachen China aus und denken, die sind Dreckssäcke“, poltert Barnickel. Dabei sei die Luft in Shanghai deutlich besser gewesen als in seinem Heimatort Erlangen. In Shanghai verfärbte sich das Öl in seinem Gerät nämlich weniger stark als hier vor Ort.

Kurz nachdem sich Barnickel in Shanghai aufhielt, hieß es von offizieller Seite, dass Kinder sich aktuell besser nicht außer Haus aufhalten sollten: Die Luftverschmutzung sei zu gefährlich. Barnickel erklärt diese unterschiedliche Wahrnehmung mit dem Wetter und der Lage Shanghais am Meer.

Die Luftverschmutzung in Deutschland ist selbst verschuldet, fährt Barnickel fort. Er erläutert seine Aussagen wie: „Die Regierung betrügt uns alle“ damit, dass der Staat Rußfilter in Autos subventioniere, die groben Staub in feinen Staub verwandeln, der über den Atem in unseren Körper gelange.

„Die meisten Leute werden krank durch Staubsauger“, heißt es von Barnickel weiter. Denn wenn wir vermeintlich sauber machen, entstünde aus dem groben Dreck gefährlicher Feinstaub. Auch hierfür hat Barnickel eine Lösung: Er hat Staubsauger mit seinem Filtersystem ausgestattet.

Barnickel hat noch nicht ganz aufgegeben, bei deutschen Behörden und Ämtern anzurufen und vor der Gefahr durch den feinen Staub zu warnen. Trotzdem blickt er lieber gen China. „Die Chinesen haben mich in den Himmel gehoben“, berichtet Barnickel von der Innovationsfreude seiner asiatischen Geschäftspartner. Aufhören zu arbeiten will er auch deshalb noch lange nicht.

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