Orangerie: Sanierung wird teurer
13.4.2010, 00:00 UhrWie stark der Verfall des barocken Kleinods bereits fortgeschritten war, war für Baufachleute von außen nur am bröckelnden Sandstein, an den sich auswölbenden Dachsparren und an den sich ablösenden Decken im Gebäude zu erkennen. »Schlimm genug war das«, stellt heute die Abteilungsleiterin Hochbau im Staatlichen Bauamt, Doris Ostertag, fest, »doch das eigentliche Schadenausmaß war dadurch noch gar nicht festgestellt«, wie sie heute weiß. Denn im Mauerwerk wie im Gebälk der komplizierten Dachkonstruktion sitzt der größte Feind aller historischen Bausubstanz - der Hausschwamm. »Den kann man zwar bekämpfen«, sagt sie, »aber Beseitigen ist ein viel größerer Aufwand.« Dabei hatten ihn schon die Bauämter vor ihr offenbar nicht ganz ohne Erfolg bekämpft, »wir haben festgestellt, dass vorherige Baumaßnahmen das Gebäude schon ganz gut trocken gelegt haben, aber eine Grundsanierung gab es nie.«
Schlimmer als gedacht
Die jetzt gerade stattfindende Maßnahme stellt diese Grundsanierung dar, muss aber mit Dimensionen kämpfen, die mit den Beobachtungs- und Analysemethoden vor dem Beginn der Sanierung nicht bekannt waren: »Wenn man erst einmal hinter doppelschalige Mauern geguckt hat sieht man Dinge, die man vorher nicht einmal ahnen konnte«, weiß Doris Ostertag heute. Und sie weiß, warum sich (übrigens wie auch im Palais Stutterheim) renommierte Holz-Sanierungsfachleute stundenlang im Haus aufhalten, um die Schäden zu begutachten und Strategien zu ihrer Beseitigung entwickeln.
Die derzeit laufenden Baumaßnahmen lassen sich so zusammenfassen: Das im Gebäudeosten angesiedelte Institut für Kunstgeschichte benötigt eine Anpassung des Grundrisses, im Hof hinter der Orangerie wird das Loch für einen Kellertrakt gebuddelt, in dem neue und zeitgemäße Toiletten und Garderoben entstehen sollen.Im Erdgeschoss hingegen wird die historische Raumstruktur des Wassersaals mit seinen angrenzenden Foyer- und Orgelsaalbereichen wieder sichtbar gemacht.
Festgehalten wird aber auch an der Planung, den historischen Außenbereich wieder »anklingen« zu lassen. Um die Orangerie auch an ihrer Nordseite attraktiv zur Geltung zu bringen, wird in Anlehnung an den früher hier bestehenden Orangeriegarten mit Brunnen und Terrassen ein Pergola-Umgang mit Pavillons errichtet. Damit ergeben sich eindeutige Eingangssituationen für den zentralen Wassersaal und die beiden im Gebäude untergebrachten Institute – Kunstgeschichte und Kirchenmusik – und es entsteht ein kleiner, intimer Hofgarten, der bei festlichen Veranstaltungen, wie das Schlossgartenfest, als teilüberdachter Freiraum zur Verfügung steht.
Problematische Nähe
Problematisch für diese Planung ist »lediglich« die Nähe zum nördlich angrenzenden Institut für Mikrobiologie. Dessen Leitung hat ebenfalls über die Kompromisse geklagt, die durch die Nähe zur Orangerie eingegangen werden mussten, von der eingeschränkten Zufahrt an der Rückseite bis zum Verlust von Parkplätzen. Doris Ostertag aber sieht das Problem eher umgekehrt, schließlich sei die Mikrobiologie lange nach der Orangerie entstanden, »und dass sie so nah an die Orangerie herangebaut wurde, kann man heute gar nicht mehr verstehen. Sie ist viel, viel zu nah dran.«
Da dies aber nicht mehr zu ändern ist, sind eben Kompromisse notwendig. Kompromisse und ein Nachtragshaushalt für die gestiegenen Sanierungskosten, auch wenn das den Haushaltspolitikern im Münchner Maximilianeum nicht gefallen wird.