"Welcome to Hell" in Erlangen: Herrmann im Kreuzfeuer

23.9.2017, 18:03 Uhr
Durchaus provokant: Die Demonstranten fordertn auch ein Verbot der CSU.

© Michael Müller Durchaus provokant: Die Demonstranten fordertn auch ein Verbot der CSU.

Die Angst ist groß. Das ist an diesem Samstagmittag in der Erlanger Innenstadt deutlich zu merken. Rund um den Neustädter Kirchenplatz, genau dort, wo die radikal-linke Gruppierung "Prolos" ihren Demonstrationszug unter dem Motto "Joachim Herrmann - Welcome to Hell" (Joachim Herrmann — Willkommen in der Hölle) um 14 Uhr beginnen.

Geschäftsinhaber fürchten um ihr Inventar und, da sie oft zugleich auch Besitzer der Häuser sind, um ihre Immobilien. "Heute ist die Stadt wie ausgestorben", klagt etwa Thomas Haas, Inhaber des gleichnamigen Büro- und Schreibwaren-geschäftes.

Andere schließen ihre Läden oder Gastronomiebetriebe einfach etwas früher. So wie das Bel Ami. Eigentlich hat das Lokal samstags bis 20 Uhr geöffnet. Jetzt macht es um 13 Uhr zu. "Der Chef hat sich dazu entschlossen", erzählt eine junge Mitarbeiterin, "für zwei Studenten ist das zu gefährlich, falls es wirklich etwas Schlimmes gibt."

Demonstranten fordern CSU-Verbot

Etwas wirklich Schlimmes aber gibt es bis zum Schluss des Protestes, der vor allem die Ausländer- und Flüchtlingspolitik der Christsozialen und des aus Erlangen stammenden CSU-Innenministers Joachim Herrmann kritisiert, aber nicht. Die Befürchtungen, die Versammlung, die die "Prolos"-Gruppe aus Nürnberg in der Hugenottenstadt angemeldet hat, könnte im schlimmsten Fall zu einem Gewaltexzess ausarten, bestätigt sich letztlich nicht. Alles bleibt friedlich.

100 Teilnehmer sind es nach Angaben von Polizeisprecher Bert Rauenbusch, die sich nach der Kundgebung mitten im Zentrum auf den Weg machen, um zum AC/DC-Klassiker „Highway to Hell“ durch die Innenstadt zu marschieren - quer durch zahlreiche Straßen bis hin zur CSU-Geschäftsstelle fast am anderen Ende der Stadt. Das Interesse an der Auftaktveranstaltung aber ist weitaus größer. Zahlreiche Anwohner verfolgen das Geschehen, teils aus Sorge, teils aus Interesse von ihren Fenstern und Balkonen.

"Man weiß nie, was passiert"

Etliche Schaulustige, darunter eben auch eingeschüchterte Anlieger und Einzelhändler, zieht es sogar direkt zum Ort des Geschehens. Das nimmt dann "Prolos"-Aktivist Jürgen Kubista zum Anlass, sich (leicht ironisch) per Lautsprecher direkt an die Bevölkerung zu wenden: "Liebe Geschäftstreibende, als Nürnberger fühle ich mich in der Nachbarstadt als Gast und so werde ich mich auch verhalten, also keine Autos anzünden oder ein orthopädisches Schuhgeschäft plündern."

Ironisch und satirisch ist wohl auch der kleine theatralische Blick in die "Hölle" gemeint - mit Puppen, die Tod und Teufel symbolisieren. Weniger symbolhaft ist hingegen die starke Polizeipräsenz an dem Tag. Die Einsatzstärke sei trotz alledem gerechtfertigt gewesen, sagt Rauenbusch am Ende. "Man weiß ja vorher nie, was passiert."

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