Kein Verkauf: Tiefschlag erschüttert das City-Center

8.5.2010, 00:00 Uhr
Kein Verkauf: Tiefschlag erschüttert das City-Center

© Hans-Joachim Winckler

Die Nachricht kommt reichlich unerwartet und wird viele perplex hinterlassen. Denn bis vor kurzem hatten sowohl die Eigentümersprecher des Centers als auch Sonae Sierra stets beteuert, dass alles nach Plan laufe. Dass dem keineswegs so war, versetzt den Hoffnungen auf eine Wende für die reichlich mitgenommene Innenstadt einen herben Dämpfer - der durch den vor einer Woche bekanntgewordenen Marktkauf-Wegzug aus der City noch einmal verstärkt wird.

Von einem »Tiefschlag« spricht der städtische Wirtschaftsreferent Horst Müller, der die Center-Verkaufsverhandlungen im Auftrag der Eigentümer monatelang geführt hatte. Müller muss damit die zweite dramatische Pleite binnen eines Jahres verkraften: Im Mai 2009 hatte derselbe Investor bereits seine ehrgeizigen Pläne für sein Shopping-Center »Neue Mitte« links und rechts der Rudolf-Breitscheid-Straße zu den Akten legen müssen, weil ein Hausbesitzer nicht zum Verkauf bereit war.

Für viele überraschend kehrte der portugiesische Konzern, Betreiber von 52 Einkaufszentren weltweit, daraufhin Fürth nicht etwa den Rücken, sondern konzentrierte sich auf die Übernahme des City-Centers mit seinen 26000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Begründung: Zu gut seien die Aussichten auf Profit durch ein attraktives Einzelhandelsangebot in Fürth, um die Segel zu streichen.

Offenbar sind diese Aussichten inzwischen andernorts aber noch besser. Wie der Deutschland-Chef von Sonae Sierra, Thomas Binder, Eigentümer und Stadt wissen lässt, favorisiert man zunächst Projekte in Solingen und Göppingen, aber auch in Süddeutschland. Projekte, die wohl problemloser zu stemmen sind als der komplexe Umbau des Fürther Einkaufstempels. Man habe deshalb »die Kapazitäten für das Jahr 2010 neu ordnen« müssen, und sehe sich »frühestens im Jahr 2011 wieder in der Lage, das Projekt City-Center Fürth weiterzuverfolgen«, teilt Binder mit.

Immer mehr Lücken

So lange aber wollen und können die insgesamt 351 Eigentümer nicht warten, setzt sich doch der Niedergang ihres Objekts für jeden sichtbar fort: Immer mehr Lücken klaffen in den Ladenzeilen, immer dürftiger wird das Angebot. Ein weiteres Spielen auf Zeit »wäre in der derzeitigen Situation des Einzelhandels fast tödlich«, sagt Horst Müller. Eine gewisse Verärgerung über den Rückzug von Sonae Sierra mag der Wirtschaftsreferent ebenso wie Oberbürgermeister Thomas Jung nicht verhehlen, zumal sich das Unternehmen zu lange einer klaren Aussage verweigert habe. »Nachtarocken« bringe jetzt aber nichts, der Blick müsse sich auf neue Optionen richten - die es offenbar bereits gibt.

Aus dem Schaden mit der Neuen Mitte klug geworden, habe er in Sachen City-Center stets Kontakte zu möglichen anderen Investoren gehalten, sagt Müller. Das könnte sich nun auszahlen. Nach Informationen unserer Zeitung haben unter anderem die beiden großen deutschen Spezialisten für Einkaufszentren, der europäische Marktführer ECE (116 Zentren) und die Gesellschaft mfi (unter anderem Erlangen Arcaden), Interesse bekundet. Bis Ende Juni, wenn die nächste Eigentümer-Versammlung terminiert ist, müssen die Gespräche mit Investoren – mit möglichst positivem Ergebnis - erledigt sein, meint Müller.

Die Chancen schätzt er ebenso wie Eigentümer-Sprecherin Karin Maul bei aller momentanen Ernüchterung nicht so schlecht ein. Immerhin hätten es die vielen Einzeleigentümer wider Erwarten geschafft, sich auf einen Verkauf zu einigen; die entsprechenden Vollmachten sind nicht an Sonae Sierra gebunden, gelten also auch für neue Geschäftspartner. Darauf, so Maul, habe »der Investorenmarkt positiv reagiert«.

Auch Müller sieht das so, doch er warnt vor falschen Ansprüchen. Zum einen müsse es sich beim neuen Käufer im Interesse einer gesunden Stadtentwicklung um ein seriöses, mit der Entwicklung und dem Betrieb von Einkaufszentren vertrautes Unternehmen handeln. Zum anderen hält es Müller für »schwierig«, einen ähnlichen Preis wie im Fall Sonae Sierra zu erzielen. Dem Vernehmen nach wollten die Portugiesen 26 Millionen Euro auf den Tisch legen - eine Summe, die nach Einschätzung von Marktkennern üppig angesetzt ist. Möglich also, dass die Erwartungen eher nach unten korrigiert werden müssen. »Es bedarf da einiger Verhandlungen«, kündigt Müller an, der dennoch an eine »zeitnahe Lösung« glaubt.

Kommune plant selbst

Unabhängig vom weiteren Schicksal des City-Centers setzt die Stadt aber parallel auf ein zweites Pferd: Sie wird eigene Planungen für einen neuen »Einkaufsschwerpunkt« an der Breitscheidstraße zügiger vorantreiben - eben dort, wo die Neue Mitte entstehen sollte. Die bisher geübte Zurückhaltung mit Blick auf die Entwicklung im Center »kann es nicht mehr geben«, sagt der OB, ein »Mehrfrontenkrieg« sei jetzt zu führen.

Idealvorstellung des Wirtschaftsreferenten: Die Stadt erwirbt neben dem früheren Modehaus Fiedler, das ihr bereits gehört, das gegenüberliegende Wölfel-Areal und eventuell sogar das angrenzende Park-Hotel. Mit den Wölfel-Eigentümern stehe man in Verhandlungen, auch in Sachen Hotel werde man in Kürze die Fühler ausstrecken. Geld stünde – nicht zu hohe Preise vorausgesetzt - aus jüngsten Grundstücksverkäufen im Westen Fürths zur Verfügung.

Zusammen mit einem Investor könnte dann das Vorhaben angegangen werden, in den Immobilien neue »Geschäftshäuser« zu entwickeln - die, wohl gemerkt, keine öffentliche Straße einbeziehen und höchstens 10000 Quadratmeter Verkaufsfläche umfassen sollen. Gemessen am Projekt Neue Mitte wäre die Stadt erheblich im Vorteil, so Müller: Denn hätte sie alles selbst in der Hand, könnte die Kommune »ganz anders« auf Konzept und Gestaltung Einfluss nehmen.