"Alltagsstaub von der Seele spülen": Backstage beim Circus Krone

12.11.2014, 12:12 Uhr
Auch das Kamel soll bei der Vorstellung gut aussehen: Popa Bogdan bürstet die zottelige Mähne ordentlich zurecht.

© Stefan Hippel Auch das Kamel soll bei der Vorstellung gut aussehen: Popa Bogdan bürstet die zottelige Mähne ordentlich zurecht.

330 beigefarbene Wohn- und Packwa­gen stehen ordentlich aufgereiht. Jeder Wag­gon hat eine Num­mer, damit man sich leichter orientieren kann. Ganz wichtig: Wagen 47. Er ist voll­gestopft mit Wasch­maschinen und Trock­nern — ein Waschsa­lon für die 180 Arbei­ter, die für den Auf- ­und Abbau der Zelte und Ställe, die Strom­versorgung oder den Wasseranschluss zu­ständig sind. Kurz: Sie halten die Zir­kusstadt am Laufen und arbeiten den Artisten, Clowns und Tiertrainern zu.
Überwiegend kommen die Helfer aus der rumänischen Stadt Arad: Brü­der, Cousins, Onkel, Freunde und Bekannte. „Einer hat es dem anderen weitergesagt, dass man bei uns gut arbeiten kann. Jung, männlich, ledig und AOK-versichert“, so charakteri­siert Krone-Pressesprecherin Susan­ne Matzenau die Zirkus-Arbeiter.

Iudita und Constantin Dimoiw sind für die roten, schwarzen und grauen Zirkus-Uniformen zuständig. Die Schneiderin näht die Jacketts sorg­fältig, ihr Mann wäscht und bügelt die Kleidungsstücke. „Ich wollte neue Schnitte und einen anderen Style ken­nenlernen“, sagt Iudita Dimoiw auf die Frage, warum sie für den Zirkus arbeitet, „mir gefällt das Reisen und andere Städte zu sehen.“ In der Nachbarschaft mühen sich Valer Bobol und Daniel Gruia mit Ledernadeln ab. Ein weißes Geschirr für den schwarzen Friesen soll fertig werden. Ein Stirnschild für die Elefan­ten mit dem Krone-Emblem liegt eben­falls auf der Werkbank der Sattlerei bereit. In einem Schränkchen stecken Lederscheren und Ahlen, um das zähe Material zu bearbeiten.

Traumhafte Illusion für das Publikum

Perfekt muss alles sein, um beim Publikum eine Illusion von traumhaf­ter Zirkuswelt zu wecken. „Wir wol­len den Alltagsstaub von der Seele spülen“, sagt PR-Frau Matzenau lyrisch. Damit dies gelingt, müssen gerade die Kleinigkeiten stimmen. Ein Platzanweiser im Jogging-Anzug? Un­denkbar. Da gehört schon die goldbetress­te Livree dazu.

Natürlich muss man auch die Akteure ins richtige Licht set­zen. 120 Schein­werfer leuchten das große Zelt aus, ein Team aus zwölf Elek­trikern und Helfern ist dafür verantwort­lich. In einem Wagen brummt das Hauptag­gregat, das 1000 Kilo­watt Strom erzeugt. Der dafür nötige Schiffsdiesel-Motor mit 550 PS schluckt täglich 1200 Liter Treibstoff. Und erzeugt damit nicht nur Strom: Auch Heißluft für die kälteempfind­lichen Elefanten, die momentan in deren Stallung hineingeblasen wird.

Seelöwen lauter als Löwen

Im großen Raubtierkäfig neben dem Zirkuszelt übt Martin Lacey jr. mit jungen, noch untrainierten Löwen. Ihr Fauchen und Knurren wird über­tönt vom Lärm der Seelöwen, die mit ihrem Dompteur Roland Duss einige Scherzchen einstudieren — zum Bei­spiel: Zunge herausstrecken.
Helfer misten die Pferdeställe aus und streuen frisches Stroh in die Boxen. Bei den „Exotenzelten“, in denen Ziegen, Kamele, Zebras und ein Wildschwein hausen, wird gerade Fut­ter verteilt. Für die Arbeiter gibt es eine Kantine auf Rädern: Arpad Szö­ge und Renke Kirowa kochen hier täg­lich dreimal warm für 180 Männer. Fleisch muss immer dabei sein, das sind die Arbeiter so gewöhnt. Wenn auf dem ausgehängten Speiseplan mal Salat auftaucht, murren manche: „Das ist doch Krankenhaus-Essen.“

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