Dürfen Nürnbergs Radler bald bei Rot rechts abbiegen?

9.6.2017, 05:53 Uhr
Diesen grünen Pfeil gibt es schon heute, er erlaubt es allen Verkehrsteilnehmern, bei Rot rechts abzubiegen. Diskutiert wird nun über eine Erlaubnis nur für Radfahrer.

© Malte Christians / dpa Diesen grünen Pfeil gibt es schon heute, er erlaubt es allen Verkehrsteilnehmern, bei Rot rechts abzubiegen. Diskutiert wird nun über eine Erlaubnis nur für Radfahrer.

Eine solche Sondererlaubnis für Radfahrer, auch bei roter Ampel rechts abbiegen zu dürfen - allerdings nur an ausgesuchten Kreuzungen und nur dann, wenn es die Verkehrssituation zulässt - gibt es schon in den Niederlanden, in einigen französischen Städten oder in Basel. Die Nürnberger SPD hat nun beantragt, dass die Stadtverwaltung prüfen soll, ob es geeignete Standorte gibt, um den Grünpfeil für Radler zu testen. Die bayerische Regierung müsste dem zustimmen.

SPD-Stadtrat Nasser Ahmed hofft, Radler so aus dem toten Winkel von rechtsabbiegenden Auto- und Lkw-Fahrern herauszuholen. Da die Radfahrer an Ampeln mit eigenem Rechtsabbiegerpfeil dann nicht zeitgleich mit den motorisierten Vehikeln losfahren würden, könnten schwere Unfälle reduziert werden, glaubt er.

Seinen Antrag prüft nun die Verwaltung. Wie lange das dauert, könne er noch nicht sagen, erklärt Robert Wunder vom Verkehrsplanungsamt. Ein von Ahmed erwähnter Modellversuch des Bundes hat seines Wissens nach noch nicht begonnen. Die Bundesregierung hatte im Februar auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag geantwortet, es solle geprüft werden, ob ein Grünpfeil für Radler "unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten sinnvoll ist." Das Verkehrsministerium äußerte sich am Donnerstag nicht zum Modellversuch.

Düsseldorf und München wollen testen

Ahmed jedenfalls wünscht sich, dass Nürnberg sich noch vor der politischem Sommerpause zum Versuch anmeldet. Weiter sind da schon München und Düsseldorf. In den Landeshauptstädten sind Pilotversuche zum Rechtsabbiegen geplant. In München sollen ab 2018 an 15 Stellen grüne Pfeile für Radler getestet werden, wie Johannes Mayer vom Kreisverwaltungsreferat mitteilt. Allerdings warte man noch auf die Genehmigung des bayerischen Innenministeriums, zudem sei für das neue Verkehrszeichen auch die Zustimmung der Bundesregierung nötig.

In Düsseldorf hat der Verkehrsausschuss kürzlich die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob ein Pilotversuch möglich ist und welche Kreuzungen dafür in Frage kommen. Beantragt hatten das SPD, Grüne und FDP. Auch ihnen geht es darum, schwere Unfälle zwischen rechtsabbiegenden Fahrzeugen und Radlern zu vermeiden. Ihre Forderung: "Die Verkehrspolitik muss sich endlich ernsthaft Gedanken machen, wie sie dieses Risiko verringern möchte."

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Nordrhein-Westfalen sieht die Einführung eines grünen Pfeils für Radler "absolut positiv". Das sollte nach Ansicht von Geschäftsführer Daniel Wegerich aber nur an ausgewählten Ampeln geschehen. Vorteile gebe es auch für Autofahrer: Sie könnten schneller starten und abbiegen, wenn der Radler schon weg sei, so Wegerich. "Sehr positiv", meint auch Matthias Hueber von der Nürnberger Initiative "I bike Nbg". Ein grüner Pfeil könne die Sicherheit erhöhen und die Reisezeit verkürzen. Zudem könnten Rotlichtverstöße von Radlern zurückgehen, so seine Einschätzung. "Als Radfahrer steigt man halt ungern ab", sagt er.

Sogar ADAC ist dafür offen

Hauptziel wäre aber mehr Sicherheit auf städtischen Straßen. "Wir würden uns das aus kommunaler Sicht wünschen", bekräftigt Timm Fuchs, Verkehrsexperte des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Und sogar der Autofahrer-Verband ADAC hält es für "sinnvoll, wissenschaftlich begleitete Pilotversuche durchzuführen", wie Wolfgang Lieberth vom ADAC Nordbayern erklärt. Bei entsprechender Gestaltung und Einbindung aller Verkehrsteilnehmer sehe er kein Problem.

So sieht die Rechtsabbiege-Leuchte an der Glöcklerstraße in Ulm aus.

So sieht die Rechtsabbiege-Leuchte an der Glöcklerstraße in Ulm aus. © Stadt Ulm

Und verweist auf das Beispiel Basel. Dort hat die Verwaltung zwei Jahre lang an mehreren Ampeln gelbe Schilder getestet. 6000 mal sind Radler bei Rot rechts abgebogen, Unfälle hat die Polizei laut Abschlussbericht keine registriert. Und auch in Ulm, wo 2011 die erste von derzeit zwei Kreuzungen entsprechend präpariert wurde, habe man "ausschließlich gute Erfahrungen gemacht", berichtet Verwaltungsmitarbeiterin Marlene Müller.

Wie es in Nürnberg weiter geht, ist offen. Verkehrsplaner Wunder gibt zu bedenken, dass die Ergebnisse aus anderen Städten nicht unbedingt auf hiesige Verhältnisse übertragbar seien. Man werde aber genau beobachten, was in Düsseldorf und München passiere.

 

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