Migrationsbehörde in Nürnberg wird 60 Jahre alt

8.4.2013, 07:00 Uhr
Für Zuwanderer, Asylbewerber und Migranten ist die zentrale Aufnahmeenrichtung in Zirndorf die erste Anlaufstelle.

© Hans-Joachim Winckler Für Zuwanderer, Asylbewerber und Migranten ist die zentrale Aufnahmeenrichtung in Zirndorf die erste Anlaufstelle.

Manche Geburtstagsgäste haben es zum Fest nicht weit. So wie Anna Büllesbach. Die Leiterin der Nürnberger Zweigstelle des Flüchtlingskommissariats der Uno (UNHCR) in Deutschland arbeitet mit den Kollegen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) unter einem Dach, Tür an Tür. Sie wird also am Mittwochnachmittag mit ein paar Schritten gleich bei der Ehrengesellschaft rund um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in der Frankenstraße sein.

Zum Feiern ist ihr dabei allerdings nur bedingt zumute. „60 Jahre Bundesamt sind durchaus Grund zum Nachdenken“, betont Büllesbach. Kriege, Krisen und Katastrophen werden immer noch mehr Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen und in anderen Ländern Schutz zu suchen. „Die Flüchtlingszahlen steigen“, sagt die Chefin der (neben Berlin) bundesweit einzigen Außenstelle des UNHCR. Was das für Deutschland und die Nürnberger Migrationsbehörde bedeutet, weiß sie nur zu gut: „Auch zu uns kommen immer mehr Flüchtlinge, und deren Recht auf Schutz und Asyl müssen wir Rechnung tragen.“

Deshalb wünscht sie dem Bundesamt vor allem eines: „Das Bamf muss personell und finanziell so ausgestattet sein, dass es einen humanen Umgang mit Asylbewerbern ermöglicht.“ Dadurch müssten vor allem die Anerkennungsverfahren beschleunigt werden: „Dann ersparen wir den Flüchtlingen nicht nur die ständige Angst vor einer Abschiebung, sondern auch eine lange Unterbringung in Gemeinschaftslagern.“

Kritik an Asylverfahren

Diesem ans Bundesinnenministerium gerichteten Appell schließt sich der Vize-Geschäftsführer der Hilfsorganisation Pro Asyl, Bernd Mesovic, an: „Wohin solche Lebensbedingungen führen, haben die jüngsten Flüchtlingsproteste zum Beispiel in Würzburg gezeigt.“

Vor allem aber kritisiert Mesovic Willkür und mangelnde Qualitätskontrolle innerhalb des Bundesamtes selbst; bei Anhörungen seien nur der Asylbewerber (meist mit Dolmetscher) und ein Entscheider anwesend. Manchmal ließen sich Bamf-Mitarbeiter zu sehr von politischen Vorgaben aus Berlin leiten; das habe in den letzten Monaten eine fast 100-prozentige Ablehnungsquote von Roma und Sinti aus Südosteuropa gezeigt: „Das Bamf weist die Menschen ab, obwohl sie in ihren Heimatländern verfolgt wurden und deshalb in anderen EU-Staaten durchaus Asyl erhalten.“

Mesovic erkennt allerdings an, dass inzwischen Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan zu fast 100 Prozent anerkannt werden: „Das hätte schon viel früher so sein können; das Bundesamt hätte aus den Lebensgeschichten der Menschen den Ernst der Lage schon früher erkennen können.“ Er hebt noch einen weiteren Punkt positiv hervor: „Unsere Gespräche über die in der Vergangenheit zu rigiden Rückführungsmethoden in Flughäfen waren konstruktiv.“

UNHCR-Mitarbeiterin Büllesbach hat zum Geburtstag ebenfalls lobende Worte parat, etwa was die Kooperation zwischen ihrer Organisation und dem Bamf im Kampf gegen Menschenhandel angeht oder die zunehmende Internationalisierung der Behörde. „Das Bundesamt hat sich in vielen Bereichen auch weiterentwickelt“, sagt sie — und muss es wissen.

Denn die fast 50-Jährige arbeitete schon für die UN-Behörde, als das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch in Zirndorf war und Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hieß. In ihrem fast 30-jährigen Engagement hat sie auch gelernt: „Kriege wie in Ex-Jugoslawien kommen immer überraschend, genaue Prognosen für Flüchtlingszahlen lassen sich nur schwer erstellen — aber wenn die Menschen kommen, müssen wir sie aufnehmen und möglichst gut integrieren.“

Damit dürften Büllesbach und Pro-Asyl-Mitarbeiter Mesovic nicht so weit entfernt sein von den Vorstellungen des Bamf-Präsidenten Manfred Schmidt. Auch er fordert raschere Asylverfahren, „damit die Betroffenen schneller Gewissheit darüber haben, ob sie bleiben können“.

Zwar sei das Bundesamt immer mehr von einer reinen Asylbehörde zu einer Institution geworden, die auch Integrationsaufgaben wahrnimmt. Dennoch hält Schmidt die von ihm stets angemahnte Willkommenskultur in der Bevölkerung für noch nicht ausreichend verwurzelt; das Bundesamt müsse deutlicher machen, welche Vorteile und Chancen Zuwanderung bietet.

Dann, so hofft Schmidt, geht sein persönlicher Geburtstagswunsch bald in Erfüllung: „Ich möchte, dass die Menschen in diesem Land schon in wenigen Jahren nicht mehr danach beurteilt werden, ob sie einen ausländischen Namen haben, sondern danach, was sie mitbringen und was sie können.“

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