Neue Ideen für Nürnbergs öden Bahnhofsvorplatz

19.1.2015, 14:55 Uhr
Neue Ideen für Nürnbergs öden Bahnhofsvorplatz

© Eduard Weigert

Wer hier landet, will vor allem eins: wieder weg. Gut, das gilt eben für Verkehrsknotenpunkte. Nur: Es liegt nicht allein am Nahverkehr. Sondern eben auch am Ort, wo sich an diesem regnerischen Abend Pendler die Beine in den Bauch stehen.

Sie drängen sich zusammen unter den wenigen Dächern, die vor dem Regen schützen. Die Blicke wandern immer wieder zur elektrischen Anzeige. „Wann kommt endlich die Straßenbahn?“ Es ist ein tristes Bild mit traurigen Farben. Der Himmel hat sich den grauen Mauern und Dächern angepasst. Erst die Straßenbahn malt einen roten Streifen in die Szene. Schon entspannen sich die Mienen. Endlich, es geht heim. Und: Weg hier.

Nein, ein Ort zum Verweilen ist der Plärrer nicht. Um das zu erkennen, braucht es keinen Architekten oder Stadtplaner. Wer mehr als eine Viertelstunde dort steht, hat viele kommen und gehen sehen. Aber keinen bleiben, sich setzen, pausieren.

Wieso sollte man auch? „Der Plärrer hat ja die Aufenthaltsqualität eines Mittelstreifens auf der Autobahn“, sagt Uwe Janza. Er darf das sagen. Der Plärrer gehört schließlich zu seinem Stadtteil. Janza ist Vorsitzender des Bürgervereins Gostenhof. Dort kämpft er zum Beispiel für mehr Grünflächen, wo immer es geht. Auch an dem Verkehrsknotenpunkt der Weststadt? Janza antwortet mit Ironie: Natürlich hätte er dort gern ein Wäldchen und einen Bach. Nur die Chancen stehen eben schlecht.

Einst ein Bahnhof

Kritik üben will Janza nicht. Die Anforderungen, die der Platz erfüllen muss, sind enorm. „Und ich suche mir halt keinen Platz zum Verweilen, der von sechs Fahrspuren umgeben ist.“

Ob die allerdings nötig sind, das gilt es festzustellen. Mit der Frage befasst sich das Verkehrsplanungsamt bereits — und noch mit ein paar mehr, die den Plärrer betreffen. Zum Beispiel: Wie kann die karge, freie Betonfläche dort genutzt werden? Die ist, wie vieles, eine Reminiszenz an früher. Baureferent Daniel Ulrich erinnert an Zeiten, als am Plärrer noch ein Bahnhof war — oder eine Straßenbahn in Richtung Fürth fuhr. „Daher der große Wendekreis, der nicht mehr benötigt wird.“

Neue Ideen für Nürnbergs öden Bahnhofsvorplatz

© Eduard Weigert

Der Wille anzupacken jedenfalls ist da, die Herausforderung aber groß. Die Menge an Fahrzeugen rund um den Plärrer, die Tatsache, dass es sich eigentlich nicht um einen ordentlichen Knotenpunkt, sondern um einen gigantischen Kreisverkehr handelt — das macht eine „Renovierung“ des Plärrers kompliziert. Dass die aber nötig ist, weiß Ulrich, wissen die Stadträte. Die der SPD haben deshalb kürzlich eine Ideenwettbewerb angeregt.

Ideen wird es geben, eine Neugestaltung ebenfalls, „aber nicht jetzt mal schnell“, sagt Ulrich. Er spricht von „den nächsten zehn Jahren“. Denn innerhalb dieser Zeit muss auch der „Deckel“ des U-Bahnhofs Plärrer saniert werden. Der nämlich ist undicht, Wasser läuft in den Untergrund. „Und wenn der Deckel schon erneuert wird, ist es natürlich sinnvoll, auch über dessen Gestaltung nachzudenken.“

Ein erster Schritt dorthin liegt allerdings schon in der näheren Zukunft. Der Plärrer soll, wie das Gebiet um das Volksbad, in den Bereich „Stadterneuerungsgebiet Nürnberg-West“ aufgenommen werden. Das bietet die Chancen auf Fördermittel. Auch für den Verkehrsknoten.

Bis zum Hauptbahnhof freilich wird das Gebiet nicht reichen. Trotzdem soll es auch dort, auf dem Vorplatz, vorangehen. Wie sehr das Siegfried Dengler am Herzen liegt, ist dem Leiter des Stadtplanungsamtes anzusehen. Hauptbahnhof, Plärrer — dort liegt viel stadtplanerisches Verbesserungspotenzial. „Es braucht neue Impulse“, sagt Dengler. Aber auch Geld. Eine große Lösung, heißt es, sei genau deshalb aber nicht drin.

Dass eine Veränderung nötig ist, hat zuletzt auch die CSU bei einem Rundgang im Oktober 2014 betont. Und viele andere auch. Nur: Wann ist es so weit? Im Verkehrsplanungsamt bastelt man an kleinen Schönheitskorrekturen. Viel dürfen Verschönerung und funktionale Verbesserung aber nicht kosten. Man ist trotzdem überzeugt, dass vor dem Hauptbahnhof mit wenigen Änderungen viel gewonnen werden kann. Zum Beispiel — und zuallererst — mit einem oberirdischen Fußgängerüberweg.

Vielleicht wird aber doch schon ein wenig weitergedacht, an eine größere Lösung. Mit der ist nicht der Gewinner des Ideenwettbewerbs von 2002 gemeint. Der Vorschlag sei tot, heißt es. Vielmehr geht es um brandneue Vorschläge. Die sollen die kreativen Köpfe entwickeln, die am Architekturwettbewerb für die ehemalige Hauptpost neben dem Hauptbahnhof teilnehmen. Dort plant die Immobilien-Holding Hubert Haupt einen Neubau mit Hotels und Gastronomie.

Die Architekten sollen ruhig Ideen einfließen lassen, „damit der Neubau auch ein würdiges Vorfeld hat“, sagt Daniel Ulrich. Eines zum Verweilen.

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