Rekord-Aufsichtsrat des Clubs im großen Interview

Dr. Ulrich Maly und der FCN: "Wir müssten ja doof sein"

21.10.2021, 15:10 Uhr
Warum so nachdenklich? Dr. Ulrich Maly (links, mit Ehefrau Petra) wähnt den Club auf dem richtigen Weg. 

© Sportfoto Zink / HMI, Sportfoto Zink / HMI Warum so nachdenklich? Dr. Ulrich Maly (links, mit Ehefrau Petra) wähnt den Club auf dem richtigen Weg. 

Herr Dr. Maly, Hand aufs Herz: Haben Sie schon mal eine Wahl verloren?

Maly: Ich glaube nicht. Das ist aber auch eine Erfahrung, die man nicht unbedingt vermisst.

Wie machen Sie das bloß?

Maly: Man ist natürlich bekannt. Ich finde es außerdem ein bisschen kurios, dass alle, die für den Aufsichtsrat kandidieren, immer sagen müssen, dass sie alles anders machen. Deshalb habe ich gesagt, dass ich nichts anders machen werde. Nur mithelfen möchte, beim 1. FC Nürnberg weiter die ganz dicken Bretter zu bohren.

Sie haben in Ihrer Bewerbungsrede gesagt, dass die Mitglieder sie bitte weitermachen lassen sollen. Warum?

Maly: Ich weiß nicht, ob das an mir personalisierbar ist. Zurzeit haben wir im Aufsichtsrat wirklich ein klasse Team, komplett unterschiedliche Typen mit komplett unterschiedlichen Charakteren und auch unterschiedlichen Talenten. Es macht richtig Freude, in die Sitzungen zu gehen. Ich weiß aus langjähriger Erfahrung: Das war nicht immer so. Es gibt einen offenen Austausch, jeder wägt die Argumente des anderen genau ab und akzeptiert auch, wenn sie besser sind als seine. Wir haben zwei Vorstände, die miteinander tatsächlich diesen Weg der kleinen Schritte mitgehen möchten. Und man sieht ja auch, dass sich schon ein bisschen was bewegt, ein bisschen was verändert hat in den vergangenen zwei, drei Jahren. Eine ‚Nahtoderfahrung‘ wie in Ingolstadt wird sich nie ganz verhindern lassen, dagegen kann man sich nicht zu 100 Prozent schützen. Man kann aber die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Wahrscheinlichkeit geringer wird. Daran arbeiten wir.

Sie schwärmen ja regelrecht vom aktuellen Aufsichtsrat. Ist das nicht ein wenig übertrieben?

Maly: Das beurteilt jeder von uns so.

Was auffiel in der Versammlung: Christian Ehrenberg hat für Peter Meier geworben und für Sie, Meier für Ehrenberg und für Sie, Sie für Ehrenberg und für Meier. Beobachter könnten an Absprache glauben.

Maly: Das ist mal wieder eine echte Journalistenfrage. Es könnte ja auch sein, dass wir drei ähnliche Dinge gesagt haben, weil es jeder von uns so sieht und nicht, weil‘s Kumpanei ist. Es wäre schwieriger, wenn Ehrenberg gesagt hätte, dieses läuft falsch, Meier hätte gesagt, jenes läuft falsch und ich noch was anderes. Dann hätten wir ja offiziell bekanntgegeben, dass wir nicht in der Lage sind, als Team zu arbeiten. Das Bild ist ein wahrhaftiges und keine Kumpanei, darauf lege ich größten Wert.

Warum fehlten Sie auf dem Podium?

Maly: Ich war mit guten Freunden über mehrere Tage in den Bergen zum Wandern, der Termin stand schon vor dem der Jahreshauptversammlung fest. Also saß ich in Tirol im Seminarraum eines Sporthotels und war die ganze Zeit dabei, also fast bis zum Schluss. Ich hatte den Seminarraum nur bis 19 Uhr gebucht.

Sie opferten praktisch einen kompletten Urlaubstag?

Maly: Bei strahlendem Sonnenschein, ja.

Wie haben Sie die Versammlung aus der Ferne erlebt?

Maly: Solche Versammlungen entwickeln immer eigene Dynamiken. Ich fand den Frontalunterricht zu Beginn eine Spur zu lang. Ich kenne das von Parteiversammlungen: Das führt dazu, dass die, die unbedingt reden wollen, ungeduldiger werden. Manchmal rächt sich‘s. Ansonsten haben die Delegierten so abgestimmt, wie ihre Gefühlslage war. Und so isses jetzt, Punkt. Das muss man akzeptieren. Darüber zu jammern bringt nichts.

32 Ja-Stimmen fehlten dem Satzungsänderungsantrag zur Gründung einer GmbH, bei über 24400 Mitgliedern eine verschwindend geringe Zahl. Zweifelt man da mitunter am System e.V.?

Maly: Es war eine große Entscheidung, das Sonderkündigungsrecht genutzt zu haben, mit entsprechenden Spuren im Geschäftsbericht. Fast die Hälfte des Jahresfehlbetrages (über neun Millionen, d.Red.) gehen auf Rückstellungen für die Kündigung zurück. Die Frage, ob ich etwas als GmbH organisieren möchte, ist nie eine ideologische. Was schade ist: Dieser Aufsichtsrat hat eine große finanzielle Belastung auf sich genommen, um die Vermarktung endlich wieder zurückzuholen. Wir müssten ja doof sein, wenn wir sie jetzt via GmbH wieder verscherbeln würden.

Warum also die Skepsis vieler Mitglieder?

Maly: Eine GmbH hat zunächst nichts mit einem Verstoß gegen die Vereins-DNA zu tun. Das gilt auch für Minderheitsbeteiligungen. Ein Stadionumbau wird mutmaßlich nur mit privaten Geldgebern funktionieren. Wenn die viel Geld geben, werden die auch die Mehrheit in einer neuen Gesellschaft wollen. Wenn sich für den Club die Chance böte, Minderheitsgesellschafter zu werden, soll man das dann sein lassen? Ist es besser, nur Mieter zu sein, so wie jetzt? Oder wäre es ein Fortschritt? Anderes Beispiel: Die N-ergie ist eine Tochter der städtischen Werke Nürnberg. Seit über 20 Jahren gibt’s da eine Minderheitsbeteiligung der Thüga. Die hat die N-ergie besser gemacht, ihre DNA als unser Regionalversorger hat sie aber nie verloren. Für Rechtsformfragen gilt immer größtmögliche Rationalität. Und der Club ist ein Verein und das will auch niemand ändern.

+++ Hier geht es zu Teil zwei des Interviews mit Dr. Ulrich Maly +++


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