Sportvorstand im Interview

Hecking über den Club: "Ich wünsche mir mehr Mut"

26.8.2021, 08:44 Uhr
Entspannt: Dieter Hecking (links) und Olaf Rebbe erwarten nicht mehr viel Bewegung auf dem Transfermarkt.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, ARC Entspannt: Dieter Hecking (links) und Olaf Rebbe erwarten nicht mehr viel Bewegung auf dem Transfermarkt.

Der vertragslose Ex-Nationalspieler Gonzalo Castro wurde gerade gefragt, ob er sich eine Zukunft in der 2. Liga vorstellen kann. Er hat gesagt, dass er das schon ein Jahr mitgemacht hat und nicht noch einmal erleben will. Ist es so schlimm in der zweiten Liga, Herr Hecking?
Hecking: Nein. Das muss man differenziert betrachten. Ich kann verstehen, dass ein älterer Spieler, der fast immer auf sehr hohem Niveau gespielt hat, im Herbst seiner Karriere keine Lust mehr auf die zweite Liga hat. Aber diese Liga wird jedes Jahr als noch stärker und attraktiver beschrieben. Ob das auch für die Stärke des Wettbewerbs gilt, da würde ich noch ein Fragezeichen setzen.

Weil Sie noch unter den Eindrücken des Spiels in Ingolstadt vom Sonntag stehen? Das war nicht schön anzusehen.
Hecking: Das war nicht schön anzusehen, wir wollen dieses Spiel aber auch nicht als Maßstab nehmen. Wir hatten in dieser Saison ja auch schon gute Spiele wie in Paderborn oder in Phasen gegen Düsseldorf.

Können Sie der eher rustikalen Spielanlage einer Mannschaft wie Ingolstadt etwas abgewinnen?
Hecking: Jeder macht das, was seine Ansprüche und seine Voraussetzungen zulassen. Das muss ich nicht gut finden, das finde ich aber auch nicht grundsätzlich schlecht.

Das Beste aus seinen Voraussetzungen macht bislang Jahn Regensburg. Überrascht Sie der Tabellenführer?
Hecking: Beim Jahn weiß man seit Jahren, was man kriegt. Das ist intensiv, ein gutes Pressing – und jetzt kommt noch guter Fußball dazu. Aber ja: Der Jahn überrascht auch mich.

Und der 1. FC Nürnberg? Überrascht der Sie auch? Nach zugegeben erst vier Spieltagen liegt die Mannschaft sehr genau da, wo sie nach Ihrer Voraussage auch nach 34 Spieltagen stehen soll.
Hecking: An diesem Saisonziel lasse ich mich nach 34 Spieltagen messen, daran hat sich nichts geändert. Bislang bin ich zufrieden. In unserem Spiel in Ingolstadt hatten wir leider nicht so viele gute Offensiv-Aktionen. Da würde ich mir noch mehr Mut und Überzeugung wünschen. Das hat am Sonntag ein bisschen gefehlt. Aber: Wir lassen defensiv wenig zu. Jetzt geht es darum, die Balance zu finden. Aber auch das ist uns in dieser Saison schon gelungen. Unter dem Strich hätten wir zwei Punkte mehr haben müssen.

Im Moment wird mit Blick auf den Club das Problem eher in der Offensive gesehen. Vor der Saison war das anders, da wurde eher die Verteidigung als nicht sonderlich stark eingeschätzt.
Hecking: Ach, das ist eine Diskussion, die sich im Laufe der Saison immer mal wieder umkehrt. Jetzt sind wir defensiv gut organisiert und freuen uns darüber. Die Mannschaft hat ein stabiles System gefunden, in dem sie sich wohl fühlt.

Um zurück zu ihrem Saisonziel zu kommen: Platz fünf bis acht kann man auch so interpretieren, dass man sich denkt, wenn da ein paar Mannschaften von weiter oben schwächeln, will der Club da sein im Aufstiegsrennen. Jetzt schwächeln ein paar prominente Vereine.
Hecking: Trotzdem braucht man da nichts zu interpretieren. Sonst hätte ich Platz eins bis acht als Ziel ausgegeben.

Okay. Aber haben Sie mit den Problemen von Werder, Schalke oder dem HSV gerechnet?
Hecking: Gänzlich überraschend kommt das nicht. Werder hat schon frühzeitig gesagt, dass sie erst einmal einen Transferüberschuss generieren müssen. Das hat man ihnen nicht abgenommen und jetzt wundert man sich, dass es tatsächlich so ist. Das verstehe ich nicht. Bei Schalke ist es ähnlich, die haben gefühlt 30 Transfers getätigt, da fehlt die Eingespieltheit. Und der HSV hat eine ordentliche Mannschaft. Aber halt auch eine, die immer wieder an Grenzen stoßen wird, weil da vielleicht die Mittel auch nicht mehr so üppig vorhanden sind, dass man automatisch eine Aufstiegsmannschaft zusammenstellen kann. Und den 1. FC Nürnberg muss man da mit einbeziehen. In der zweiten Liga fischen in diesem Jahr alle in einem Teich.

"Auf dem Transfermarkt ist es kompliziert"

Das heißt?
Hecking: Das heißt, dass praktisch alle Spieler, die in die zweite Liga transferiert worden sind, auch bei uns aufgetaucht sind. Sei es durch unser Scouting, sei es dadurch, dass sie von ihren Beratern angeboten wurden. Es profitieren von dieser Situation die Mannschaften, die eingespielt sind. Wie der Jahn, wie Sankt Pauli oder auch Dynamo Dresden. Ich glaube auch, dass auf dem Transfermarkt nicht mehr viel passiert in der letzten Woche. Man sieht es ja am Beispiel Linus Rosenlöcher, wie kompliziert das gerade ist.

Der sollte eigentlich zum FSV Zwickau in die 3. Liga wechseln, was jetzt aber doch nicht geklappt hat.
Hecking: Ja, weil es dem FSV nicht gelungen ist, Platz in seinem Aufgebot zu schaffen. Linus wollte und der Verein wollte diese Leihe auch. Jetzt muss man sehen, was sich noch ergibt.

Dass Tim Handwerker noch geht, wird auch immer wieder diskutiert.
Hecking: Bei uns war das nie so ein Thema. Da wird es keine Veränderung mehr geben.

Und in der Innenverteidigung? Florian Hübner fällt lange aus.
Hecking: Das könnten sogar drei Monate sein, die er uns fehlt, auch wenn die OP gut gelaufen ist. Aber auch hier werden wir nichts mehr machen. Noel Knothe hat angedeutet, dass er das kann. Das ist unser Weg: den jungen Spielern eine Chance geben.

Das heißt, der Sportvorstand Dieter Hecking macht schon einmal Pläne, was er in der üblichen Sportvorstands-Urlaubszeit nach einer Transferperiode so machen könnte. Sie schmunzeln.
Hecking: Nein, macht er nicht. Nach der Transferperiode machen die Sportdirektoren Urlaub. Die Sportvorstände arbeiten weiter. Das ist der kleine Unterschied.


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