Chorobas „Durchschlupfer“ sorgt für Gesprächsstoff

23.9.2005, 00:00 Uhr
Chorobas „Durchschlupfer“ sorgt für Gesprächsstoff

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Der Schultersieg des 37-jährigen „Oldies“, der freilich nie älter zu werden scheint, war ja auch mehr als spektakulär. Selten hat man die Johanniser Ringer und Betreuer so jubeln sehen; im Nu lag eine Menschentraube auf dem Matchwinner, kaum dass Erstliga-Kampfleiter Fredi Albrecht vom TSV Schonungen mit dem Abklatschen auf die Matte das Ende der kuriosen Begegnung angezeigt hatte.

Der Mannschaftskampf gegen den AC Lichtenfels am 3. September stand 16:15, ohne dieses Freistilduell in der Klasse bis 84 kg. Es wurde vom Deutschen Ringer-Bund (DRB) neu angesetzt, weil der damalige (inzwischen suspendierte) Unparteiische mit den neuen Regeln nicht zurechtkam und die erste Runde, die Choroba gehört hätte, fälschlicherweise dem Gegner zuschrieb. Der frustrierte Nürnberger unterlag daraufhin mit 0:3.

Eigentlich wäre Choroba am Mittwochabend gegen den fünf Jahre jüngeren früheren EM-, WM- und Olympiateilnehmer schon mit einer 2:3-Niederlage zufrieden gewesen, damit hätte er seiner Staffel zumindest ein 18:18-Unentschieden gerettet: „Das war mein vorrangiges Ziel.“ Es war erreicht, als er die beiden ersten Runden jeweils nach einem so genannten Zwiegriff mit 1:0 für sich entschieden hatte. Doch Fernyak, der in den nächsten beiden Runden (3:0, 1:0) den Spieß umdrehte, witterte noch einmal Morgenluft. Als er im alles entscheidenden letzten Durchgang alles auf eine Karte setzte, konterte Choroba mit einem Überwurf zum 3:0. Dann geriet der Nürnberger in Unterlage. Fernyak versuchte einen Durchdreher anzusetzen, was im Freistil gefährlich ist: Choroba schnappte sich das Bein des Gegners und konterte entscheidend. Damit war sein Konzept aufgegangen.

Der 37-jährige Versicherungskaufmann, der tagsüber ganz normal gearbeitet hatte, erläuterte: „Fernyak musste auf Risiko gehen. Ich bin ein Defensivringer, ich habe ihn bewusst fassen lassen zum Durchdreher, weil ich wusste, dass ich dann durchschlupfen kann. Das ist ein Profiringer. Ich kann’s noch gar nicht fassen!“

Der Fehler des Kampfrichters hat dem DRB ganz schön Geld gekostet. Er musste Lichtenfels die Fahrtkosten für einen Bus bezahlen und natürlich auch die Spesen für den extra für diesen einen Kampf angereisten Mattenleiter Albrecht übernehmen. Der erfahrene Referee mit Erstligalizenz, stellvertretender Schiedsrichterreferent im DRB, antwortete auf die Frage, ob ihm so ein Regelverstoß auch hätte unterlaufen können: „Man soll nie ,nie’ sagen. Aber dieser Fehler dürfte normalerweise nicht passieren.“

Dass die neuen Regeln zur Verunsicherung bei Aktiven wie Zuschauern geführt haben, ist nicht zu bestreiten. Endet eine Runde unentschieden, entscheidet zunächst die Anzahl der höchsten Wertung, dann die Anzahl der wenigsten Verwarnungen, erst dann gewinnt bei Gleichheit derjenige Ringer, der die letzte Wertung erzielt hat: Schon nach drei Kampftagen hat sich gezeigt, dass die Ringer dadurch viel mehr zum Taktieren verleitet werden als früher. Auch die Bestimmungen, dass der Mattenleiter keine Verwarnungs-Eins mehr geben darf oder das Herausschieben des Gegners aus der Matte erlaubt ist, sind bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluss.

Albrecht schließt nicht aus, dass das Regelwerk noch einmal nachgebessert wird: „Warten wir einmal die Weltmeisterschaften ab“, sagte er diplomatisch. Man darf gespannt sein, ob beziehungsweise welche Lehren der Weltverband ziehen wird.

Kampf von Peter Engelhardt wird nachgeholt

Wegen ihrer Teilnahme an der Freistil-WM (26. September bis 2. Oktober in Budapest) werden Peter Pecha und Peter Engelhardt der Nürnberger Staffel in Berghausen nicht zur Verfügung stehen. „Aber nur der Engelhardt-Kampf wird nachgeholt, falls es nötig ist“, so die Johanniser Trainer Bernhard Rieger und Andreas Buchhorn. Für Pecha wird Thomas Lippl ringen. Möglicherweise kehrt Olaf Brandt zurück, sehr fraglich ist der Einsatz von Sebastian Krieger. Der vom früheren Johanniser Olympiasieger Pasquale Passarelli trainierte KSV Berghausen, mit 2:4 Punkten derzeit Letzter, hat keine WM-Abstellungen, wie der erste Vorsitzende Wolfgang Enderle mitteilte. Hermann Hempel

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