Derbyheld Raum: Gebürtiger Nürnberger trifft für Fürth

14.6.2020, 16:05 Uhr
Lob vom Teamkollegen: David Raum klatscht mit Daniel Keita-Ruel ab.

© Wolfgang Zink/Sportfoto Zink, Wolfgang Zink/Sportfoto Zink Lob vom Teamkollegen: David Raum klatscht mit Daniel Keita-Ruel ab.

So ein Derby ist immer auch eine Fahrt mit der Achterbahn der Gefühle. Es geht auf und ab, Herzrasen wechselt sich ab mit kurzen Momenten der Entspannung, am Ende verspüren manche das pure Glück – andere fühlen sich elend und wünschen sich, dass sie nie eingestiegen wären. Das war auch am Samstagnachmittag nach dem 266. Frankenderby im menschenleeren Max-Morlock-Stadion zu beobachten, das mal wieder die kleine Spielvereinigung aus Fürth für sich entschieden hatte.

Enrico Valentini und Hanno Behrens hatte die Fahrt mit der Gefühlsachterbahn sichtlich mitgenommen, beim gebürtigen Nürnberger Valentini schienen auch einige Tränen der Enttäuschung geflossen zu sein. Ein anderer gebürtiger Nürnberg hingegen kam strahlend zum Fernseh-Interview vor der Haupttribüne. David Raum, fußballerisch großgeworden beim Tuspo Nürnberg und mit acht Jahren nach Fürth gewechselt, machte sich nach 56 Minuten zum Derbyhelden, sein Tor bescherte der Spielvereinigung den ersten Sieg nach dem Wiederbeginn – und natürlich den prestigeträchtigen Erfolg gegen den 1. FC Nürnberg.

Erst nach der Pause mittendrin

Als die Achterbahn ihren Betrieb aufnahm, hatte David Raum noch nicht mitfahren dürfen. Von der Haupttribüne aus sah er, dass der Club seinen Kollegen ziemlich schnell das Spiel überließ, es war der Plan des Nürnberger Trainers Jens Keller, "dass wir Fürth den Ball geben wollten", wie er später erklärte, "bei diesen Temperaturen" wollte der Abstiegskandidat Kräfte sparen. In der ersten Halbzeit schien diese Herangehensweise keine schlechte zu sein, die besseren Möglichkeiten hatte der Club. Robin Hack schoss aus aussichtsreicher Position am Tor vorbei (4.) und köpfte in die Arme von Sascha Burchert (7.), der nach einer Viertelstunde ein weiteren Schuss von Hack noch über die Latte lenkte. Fürth hingegen wurde nach einem Freistoß von Seguin sowie einem Kopfball von Keita-Ruel gefährlich.

Als sich der Rasen nach der Halbzeitpause wieder füllte, zog sich David Raum dann sein Trikot über. Fest entschlossen klatschte er mit seinem Trainer Stefan Leitl ab, der ihm ein paar Worte mit auf den Weg gab. "Er hat mir viel Spaß gewünscht", erzählte Raum später, er sollte "vorne reinfeuern und Gas geben", "das", befand der 22-Jährige, "konnte ich ganz gut umsetzen heute". Nach dem ersten Durchgang war Leitl unzufrieden gewesen, wie der überraschend aufgestellte Kenny Prince Redondo die Position auf der linke Außenbahn interpretiert hatte. "Die Tiefenläufe haben gefehlt, da hatten wir uns mehr ausgerechnet", so Leitl, "Dave hat das dann richtig gut umgesetzt."

Kritik an der Konkurrenz

Dass David Raum mal wieder offensiv spielen durfte, war durchaus überraschend. In Fürth haben sie den gelernten Angreifer umgeschult zum linken Verteidiger, es ist auch die Position, auf der Raum in den kommenden Jahren spielen soll, nachdem Maximilian Wittek den Verein verlassen wird. In Leitls Worten war auch Kritik an einigen seiner Spieler herauszuhören: "Fakt ist, dass wir erfahrene Spieler in der Offensive auf den Flügeln haben", sagte er, um dann deutliche Worte hinterherzuschieben. "Da fehlt mir die Leistung, dass sie spielen können, deswegen muss ein Junge wie Dave aushelfen."

Das war wohl vor allem auf den ehemaligen Nürnberger Marvin Stefaniak bezogen, der sich in Fürth weiter schwer tut, beim Nachholspiel in Dresden wenig Werbung für sich machen konnte und es beim Derby am Samstag nicht einmal in das Aufgebot geschafft hatte. Mit Raum auf dem Platz wurde Fürth offensiv besser. Nach 50 Minuten traf Sebastian Ernst per Kopfball den Außenpfosten, sechs Minuten später aber durfte das Kleeblatt jubeln. Rechtsverteidiger Marco Meyerhöfer fand Julian Green im Strafraum, der den Ball auf David Raum flankte. Am zweiten Pfosten stand er perfekte und drückte den Ball über die Linie. Stefan Leitl zog nach dem Abpfiff seinen imaginären Hut vor diesem perfekten, "sehr sehenswerten" Spielzug.

"Danach haben wir nicht mehr die Mittel gefunden, zurückzukommen", sagte Keller, als sie tatsächlich nicht mehr zurückgekommen waren. Das lag auch daran, dass Burchert in der Nachspielzeit einen Kopfball des eingewechselten Felix Lohkemper aus dem Winkel fischte. Dann stoppte die Achterbahn, die einen hatten ein sehr flaues Gefühl im Magen und weinten, die anderen verspürten nichts als Glück. David Raum wusste, dass er seinen Anteil daran hatte - nicht nur wegen seines Treffers. Vor dem Derby hatte er seinen Kollegen von diesem besonderen Spiel erzählt, sie heißgemacht für diesen Tag, der für ihn mit dem "wichtigsten Tor meiner Karriere" endete.

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