Erlangens Fitness-Studios: Lockdown oder Lockerung?

11.3.2021, 06:02 Uhr
Erlangens Fitness-Studios: Lockdown oder Lockerung?

© Foto: Harald Sippel

Es passiert selten, dass eine Fitness-Kette wie McFit ein politisches Statement abgibt. Als solches wollte das größte deutsche Studio-Unternehmen seine Öffnung von Outdoor-Fitness-Stätten aber ausdrücklich verstanden wissen. Von einer "Protestaktion" spricht McFit, es gehe um ein "Recht auf Fitness" – aber natürlich auch um die massiven Umsatzeinbrüche, die die Branche durch den Lockdown beklagt.

In Bayern sind solche Outdoor-Studios unter Einhaltung der Corona-Vorschriften seit dem 8. März erlaubt. In Nürnberg hat McFit bereits eine Trainingsstätte auf dem Parkplatz eingerichtet. In Erlangen ist das nicht geplant. "Aufgrund von baulichen Gegebenheiten können wir unser Studio in Erlangen leider nicht als Outdoor Gym öffnen", teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit.

„TV Vital“ bietet Kurse im Freien

Anders sieht es beim "TV Vital", dem Studio, das der TV 48 betreibt, aus. Es hat den Vorteil, direkt vor der Haustür einen Fitnessparcours zu haben, den Stadt und Verein vor einigen Jahren eingerichtet haben.

Für bis zu zehn Personen können dort montags, mittwochs und freitags Kurse angeboten werden, allerdings ohne Geräte. "Man merkt, die Leute warten nur darauf und sind selbst bei mäßigem Wetter am Start", erklärt Studioleiter Klaus Leutsch.

“Es setzt ein Signal nach außen“

Finanziell lohnen sich solche Outdoor-Kurse für die Anbieter eher nicht. Aber: "Es setzt ein Signal nach außen. Wir warten seit Monaten, dass etwas passiert. Dann nutzen wir gefälligst aus, was uns von oben erlaubt wird", findet Leutsch.

Denn die vergangenen Monate haben tiefe Spuren hinterlassen. "Finanziell ist der Lockdown ein einziges Desaster", sagt er. Seit Oktober verzichtet der TV darauf, den Zusatzbeitrag für das Studio einzuziehen. "Das wurde mit Treue quittiert. Aber klar, die Leute müssen nichts bezahlen, warum sollen sie kündigen?"

Trotzdem hat das "TV Vital" seit dem ersten Lockdown fast zehn Prozent der Mitglieder verloren. "Wir sind wieder beim Stand von 2012. Es hat uns neun Jahre zurückkatapultiert", erzählt Leutsch. "Auffangen kann man das nur mit brutalen Kosten- und Personalersparnissen." Erst ab April sollen wieder Beiträge eingezogen werden, wenn das Studio wie erhofft am 22. März öffnen kann. Dann könnten Fitness-Studios wieder öffnen, wenn der Inzidenzwert 14 Tage lang unter 100 lag.

„Planungen laufen auf Hochtouren“

"Unsere Planungen laufen auf Hochtouren. Aber es ist noch nicht einmal hundertprozentig klar, ob Fitness-Studios beim erlaubten Indoor-Sport inkludiert werden", sagt Leutsch. Aktuell geht man beim TV 48 davon aus und plant mit den Hygienekonzepten vom Herbst, denn noch gibt es keine klaren Vorgaben. "Die Unklarheiten kommen von unseren Politikern, die keine klaren Aussagen treffen", kritisiert Leutsch.

Besprochen hat man im Verein schon, wie man mit den Schnelltests umgehen will, die bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 ab 22.3. Pflicht für kontaktfreien Indoor-Sport werden sollen. "Wir wissen noch nicht, wie das zu handhaben ist. Wir können es nicht leisten, Schnelltests zur Verfügung zu stellen. Wahrscheinlich werden in dem Fall die Mitglieder beim Check-In ein negatives Testergebnis vorlegen", sagt Leutsch.

Fit-Star plant zwei Neueröffnungen

"Wie das mit den Schnelltests dann funktionieren soll, ist uns leider noch nicht bekannt", sagt auch Kevin Werner, Marketing-Leiter bei Fit Star. Trotzdem hält der Geschäftsführer, Markus Giegold, planerisch am Öffnungstermin 22. März fest.

Zumal an diesem Tag in der Erlanger Fußgängerzone – im ehemaligen "Schuh Mengin" und der ehemaligen Discothek "John Doe" – ein neues Studio öffnen soll. Einen Tag später ist im Eckentaler Ortsteil Eschenau die Eröffnung einer weiteren Filiale angesetzt. Die Bauphase fiel genau ins Krisenjahr 2020, "im festen Glauben daran, dass Fitness 1.0 auch nach Corona eine Zukunft hat", sagt Giegold kämpferisch und hat neue Konkurrenz vor Augen: Aufstrebende Online-Dienste wie Peloton und diverse Zoom-Trainer werben Kunden ab.

Großer Aufholbedarf

"Wie alle in der Branche haben wir viele Mitglieder verloren", sagt Giegold. "Dieser Zukunftsschaden wird in der Politik überhaupt noch nicht verstanden. Der Aufholbedarf wird in nicht weniger als ein bis zwei Jahren abgeschlossen sein."


So ist die Lage der Fitness-Studios in Nürnberg


Das Fit-Star-Studio in Frankfurt ist derzeit das einzige des Unternehmens, das offen hat, wegen der hessischen Sonderregelung. Das Hygienekonzept konnten die Verantwortlichen aus der Schublade ziehen. Nur die Terminbindung ist neu: Kunden müssen die Trainingszeiten online buchen. Auch in Bayern werde das am Tag X so sein. Kevin Werner kann nur sagen: "Es ist alles vorbereitet."

„Es ist nach wie vor ein Desaster“

Kay Bittner, Inhaber und Geschäftsführer des gesundheitsorientierten Studios Balance Fitness in Herzogenaurach, kann sich noch nicht vorstellen, wie die Sache mit den tagesaktuellen Schnelltests für seine mehrere hundert Mitglieder funktionieren soll. "Wenn jemand dreimal die Woche zu mir kommt, müsste er den dreimal vorweisen. Das ist unrealistisch." Bittner ist auch skeptisch, ob der Inzidenzwert bis zum 22. März, dem frühest möglichen Öffnungstermin, 14 Tage unter 100 gelegen haben wird. Er wartet deshalb mit konkreten Plänen noch ab. Er ist frustriert von der Kommunikation der Politik. "Das ist wieder mal so eine Sache, bei der Informationen rausgeschossen wurden, ohne sich konkret Gedanken zu machen. Es ist nach wie vor ein Desaster."

Immerhin: November- und Dezemberhilfen hat er erhalten. "Das hat gut funktioniert." Nun geht es um die Überbrückungshilfe III. "Da ist aber kein Unternehmerlohn beinhaltet, da geht es nur um die Fixkosten", sagt Bittner. Seinen eigenen Lebensunterhalt könne er damit nicht decken. "Die Zeit drängt. Und die Hygienemaßnahmen haben im Sommer schon gut funktioniert", sagt er.

Beim Studio der Fitnesskette Kieser Training in der Nähe des Rötelheimparks wartet man ebenfalls noch ab. "Die genauen Bedingungen für eine mögliche Wiedereröffnung nach dem 22. März liegen uns noch nicht abschließend vor. Wir prüfen die Situation derzeit intern, Entscheide sind Stand heute keine gefallen", teilt Studioleiter Jens Moeller mit. "Wir werden unsere Kundinnen und Kunden rechtzeitig vor einer Wiedereröffnung über einen solchen Schritt informieren", so Moeller.

Die Geräte sind an die Kunden verliehen

Auf den 22. März warten auch Inhaber Daniel Sandreuther und das Crossfit Erlangen. "Wir warten noch die zwei Wochen ab, wie sich alles entwickelt." Rudergeräte, Hanteln, Kettlebells – alles wurde an die Kunden gegeben, damit die zuhause trainieren können. "Unsere Halle ist eigentlich leer. Für uns ist das kein Mehrwert, wenn jeder sein Zeug für kleine Outdoor-Gruppen wieder hergeben müsste", sagt Sandreuther.

Er hofft, wieder richtig in der Halle loslegen zu können. Sandreuther wirkt vergleichsweise gelassen am Telefon. "Man kann es nicht ändern. Es ist schlimm, aber es kann niemand etwas dafür. Und ich bin keiner, der schimpft und hektisch wird", sagt der Inhaber, der die Krise bislang halbwegs meistern konnte.

Jeden Tag gibt es eine geführte Online-Stunde, das Video wird nachträglich hochgeladen, für die die nicht teilnehmen konnten. "Natürlich haben wir trotzdem ein bisschen Mitglieder verloren. In Erlangen hat man immer Fluktuation. Dass keiner nachkommt, macht uns zu schaffen." Nun hofft er, in knapp zwei Wochen wieder die Hygienekonzepte aus dem Sommer hervorholen zu können. "Klar bin ich optimistisch. Es bleibt mir ja nichts anderes übrig."

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