FCN-"Krieger" Sörensen: Auf bestem Weg zum nächsten Schritt

24.8.2020, 18:30 Uhr
Einer der torgefährlichsten Verteidiger der 2. Bundesliga: Asger Sörensen (re.).

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Einer der torgefährlichsten Verteidiger der 2. Bundesliga: Asger Sörensen (re.).

Wie wenig Aussagekraft ein Testspiel besitzt, offenbarte ein Duell zum Neujahrs-Auftakt, als der seither wettbewerbsübergreifend ungeschlagene FC Bayern dem 1. FC Nürnberg mit 2:5 unterlag. Der deutsche Rekordmeister darf sich neuerdings trotz der Testspiel-Derby-Blamage Champions-League-Sieger nennen, der fränkische Konkurrent, von seinen stets zwischen Euphorie und Pessimismus pendelnden Anhängern nun gerne als Triple-Gewinner-Bezwinger bezeichnet, brachte es indes mit Mühe, Not und Schleusener gegen Ingolstadt zum Klassenerhalt in der 2. Bundesliga.

Freilich: Das Resultat eines freundschaftlichen Duells in der Vorbereitung lässt kaum glaubhafte Prognosen zu, die Entstehungsweise des Ergebnisses, die Frage nach dem "Wie?" hingegen schon - zumindest in Ansätzen. So war die neue Handschrift des Cheftrainers Robert Klauß bereits nach nur wenigen Trainingstagen und von Spiel zu Spiel zunehmend erkennbar, legte der Club, forsch im Pressing, mutig im Spielaufbau und kombinationsfreudig im Angriff, doch eine komplett veränderte Marschroute an den Tag. Wie vom Coach bereits annonciert und gefordert, wurden auch die – zugegebenermaßen wenigen – alten Stärken im "neuen" Club-Spiel implementiert.


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Exemplarisch: Drei der fünf Treffer beim 5:2-Erfolg gegen die TSG Hoffenheim wurden per Kopf erzielt. Drei der fünf Treffer gingen auf das Konto von Verteidigern. Drei der fünf Treffer folgten auf ruhende Bälle. Jene Fäden laufen letztlich allesamt bei einer Person zusammen: Asger Sörensen. Von Kollegen gerne – so wird es überliefert – als "Krieger" bezeichnet.

Jener durchaus exklusive Spitzname verwundert etwas, wurde der Däne doch lange nicht für seine resolute Zweikampfführung und seine Aggressivität bekannt. Mutmaßlich geht die Bezeichnung zurück auf ein Zitat, in dem ein früherer – in Nürnberg im Übrigen nicht unbekannter – Trainer gerade jene mangelhaften Komponenten im Spiel des Dänen ankreidete: "Er muss noch mehr zum Krieger werden. Die Gegner müssen Respekt haben und sich denken: Jetzt muss ich gegen den Sörensen spielen, das macht gar keinen Spaß", zeigte Achim Beierlorzer, zu dieser Zeit in der Funktion als Cheftrainer des SSV Jahn Regensburg tätig, im Gespräch mit idowa einst die defensiven Defizite seines damaligen Schützlings auf.


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Offenbar nahm sich Sörensen die Worte des gebürtigen Erlangers zu Herzen, verzeichnete er in puncto Zweikampfstärke und Physis doch klare Fortschritte: In Nürnberg überzeugte er, trotz vereinzelter Unsicherheiten, besonders durch seine Robustheit und Ruhe am Ball, zählte in seinen 24 Einsätzen (kicker-Durchschnittsnote 3,73) in der vergangenen Grusel-Saison zu einem der wenigen Akteure, die zwar nicht glänzten, die aber Hoffnung auf mehr machten. Nach einem ersten Jahr der relativ radikal verlaufenen Eingewöhnungsphase an den Nürnberger Liebes- und Leidensverein, der in seiner Größe und in der Erwartungshaltung des chronisch ambitionierten Umfelds eine, wie er selbst sagt, "andere Hausnummer" ist als der Regensburger Jahn, soll nun der nächste Schritt vollzogen werden.

Sörensen erzielte einen der schönsten Treffer der abgelaufenen Zweitliga-Saison.

Sörensen erzielte einen der schönsten Treffer der abgelaufenen Zweitliga-Saison. © Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / WoZi

Die Bedingungen für jenes Unterfangen sind dank des Trainerwechsels nahezu optimal: Das taktische Konzept des von RB Leipzig gekommen Klauß scheint dem Dänen, der drei Jahre für die Salzburger Vertretung aktiv war, entgegenkommen. Oder gar auf ihn zugeschnitten zu sein. In den ersten drei Testspielen rückte Sörensen ein ums andere Mal proaktiv aus der Kette heraus, um die von den Vorderleuten im Pressing forcierten, notgedrungenen Pässe des Gegners zu deren Stürmern abzufangen und direkt den Konter einzuleiten – durch einen klugen Pass oder das eigene Vorstoßen und Antreiben in die gegnerische Hälfte oder gar bis vor den Strafraum. Seine Schnelligkeit erlaubt es der Abwehrreihe hoch zu stehen, sodass die Offensivkräfte früh attackieren können und die Abstände zwischen den Ketten dennoch gering gehalten werden. Sollte der Kontrahent per Flugball versuchen, die Club-Verteidigung zu überspielen, könnte Sörensens für seine Körpergröße nicht unbeachtliches Tempo von großer Relevanz sein, um jene Pässe und den weiten Raum im Rücken der Abwehr zu verteidigen. Auch in derartigen Situationen kommen dem Innenverteidiger demnach seine Antizipations-Fähigkeiten und sein Stellungsspiel zu Gute.

Was das mit den drei Kopfball-, den drei Verteidiger- und den drei Standard-Toren zu tun hat? Nun ja, sie basieren auf eine im Stellenprofil für die nach dem Abgang von Ewerton vakante Position im Abwehrzentrum nicht geforderte, aber dennoch besonders wertvolle Zusatzqualifikation des Asger Sörensen: Torgefahr.

Drei seiner beachtlichen sechs Saisontreffer erzielte der 1,91 Meter große Däne per Kopf und trug somit maßgeblich dazu bei, dass nur Osnabrück in der abgelaufenen Saison häufiger durch einen Verteidiger zum Torerfolg kam (14) als der Club (9). Und, dass keine Zweitliga-Mannschaft öfter per Kopfball traf als der FCN (15). Sein wohl schönstes Tor erzielte Sörensen allerdings mit dem Fuß: Es läuft die 38. Spielminute im Duell mit Holstein Kiel, als Schiedsrichter Timo Gerach dem FCN einen Freistoß aus relativ zentraler Position, 21 Meter vor dem gegnerischen Gehäuse, zuspricht. Doch nicht der ausgewiesene Standardexperte Johannes Geis, nein, sondern Sörensen tritt zur Ausführung an. Nicht brachial und wuchtig, wie bei einem Innenverteidiger positionsgetreu erwartet, sondern feinfüßig mit perfektem Schnitt zirkelt der 24-Jährige das Leder über die Mauer hinweg ins linke Kreuzeck.

Versehen mit der Randnotiz, dass der einstige Juniorennationalspieler, der aufgrund der namhaften Konkurrenz eines Andreas Christensen (FC Chelsea) und Joachim Andersen (Olympique Lyon) in der dänischen Auswahl nur vereinzelt zum Zug kam, jenen Freistoß mit dem vermeintlich "schwachen" rechten Fuß zelebrierte, wird eine weitere Qualität des Abwehrmannes deutlich: Sörensen kann Fußball spielen. In der dänischen Schule technisch versiert und beidfüßig ausgebildet, profitiert der 24-Jährige vor dem gegnerischen Gehäuse ebenso wie im eigenen Spielaufbau von seiner Pass- und Ballsicherheit, die gerade im von Klauß geforderten flachen, schnellen Herausspielen ein Argument pro Sörensen darstellen könnte.


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Beim gepflegten fußballerischen Ansatz kann die dänische Frohnatur zudem ihre nordische Gelassenheit einbringen: Der Verteidiger, der als 17-Jähriger die Zelte in seiner skandinavischen Heimat abbrach, um in Österreich die ersten Schritte im Profifußball zu wagen, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Nicht von anstürmenden Gegnern und auch nicht im daueraufgeregten Club-Umfeld: "Ich will nicht von Druck reden, wir spielen doch bloß Fußball, wir wollen einfach kicken hier, es gibt doch nichts Schöneres", relativierte er einst das Drama um seinen zuletzt krisengebeutelten Arbeitgeber. Die Abstiegsangst ist seither der Aufbruchsstimmung gewichen, der Druck ist verflogen, was nun bleibt? Chancen. Chancen für den Club, es in diesem Jahr unter einem neuen Trainer und mit neuen Ansätzen besser zu machen. Chancen für Sörensen, in jenem neuen, scheinbar im wahrsten Sinne des Wortes passgenau auf seine Qualitäten zugeschnittenen Spiel einen weiteren Fortschritt zu verzeichnen. Vom dänischen Youngster zum Krieger - und jetzt vom Krieger zum Leistungsträger?

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