Rätsel um die späte und laute Auszeit

Warum war Cheftrainer Tom Rowe beim 8:2 sauer auf seine Ice Tigers?

Sebastian Böhm

Sportredaktion

E-Mail zur Autorenseite

16.10.2023, 17:00 Uhr
Keine Untertitel nötig: Tom Rowe war offensichtlich sauer auf seine Mannschaft.

© Thomas Hahn, Sportfoto Zink Keine Untertitel nötig: Tom Rowe war offensichtlich sauer auf seine Mannschaft.

Es brauchte keine Untertitel und des Lippenlesens musste man auch nicht mächtig sein, um Tom Rowe in dieser Minute zu verstehen. Der Cheftrainer hatte seine einzige ihm zur Verfügung stehende Auszeit dazu genutzt, um seinen Ice Tigers mit auf den Weg zu geben, wie sauer er gerade eben auf sie war. Jene Ice Tigers, die zu diesem Zeitpunkt bereits 7:2 gegen die Iserlohn Roosters führten.

Später, das Spiel war offiziell mit 8:2 für Nürnberg gewertet worden, lobte Rowe seine Mannschaft und erklärte, warum er dennoch das Gefühl hatte, sehr eindringlich mit ihr reden zu müssen. "Ich kann mir schon vorstellen, dass der ein oder andere gefragt hat, warum nimmt er beim Stand von 7:2 eine Auszeit. Aber ich habe einfach schon zu viele Spiele gesehen, bei denen aus einem 7:2 erst ein 7:3, dann ein 7:4 wurde. Und ich wollte einfach sichergehen, dass wir uns keine schlechte Angewohnheit aneignen. Das habe ich schon immer so gemacht und das werde ich auch immer so machen, wenn ich sehe, dass Jungs nicht so spielen, wie man das Spiel spielen muss."

"Wenn sie so schlampig spielen"

Als Rowe vor zwei Jahren in Nürnberg als Trainer anfing, hatten die Spieler sicher bereits die Geschichten aus Nordamerika gehört. Rowe galt da als "T-Rex", als Dinosaurier unter den Trainern, als laut, hart und unnachgiebig, als letzter Vertreter einer ausgestorbenen Art. In Nürnberg lernten sie dann aber einen Mann kennen, der diesem Klischee so überhaupt nicht entsprach. Rowe verbreitete gute Laune in einem an sich selbst zweifelnden Umfeld, schenkte allen ein Lächeln, war positiv, fordernd, meistens aber fördernd. Und wer ihn ehrlich fragte, dem erzählte der US-Amerikaner, wie bewusst er sich mit Hilfe seiner Frau verändert hatte und dass dieser Veränderungsprozess noch nicht abgeschlossen sei.

Im Sommer hatte sich Rowe dann vorgenommen, seine Mannschaft gar nicht mehr anzuschreien. Immerhin bis zum neunten Spieltag hielt er diesen guten Vorsatz, dann verloren die Ice Tigers 2:6 in Frankfurt und dabei ihre Identität. "Als die Spieler da in die Kabine kamen, hatte ich ihnen gesagt, dass ich nicht so coachen will, aber dass ich sie zur Rechenschaft ziehe, wenn sie so schlampig spielen", erzählte Rowe nach dem Kantersieg, mit dem die Ice Tigers Iserlohn ans Tabellenende schossen.

Nach dem ersten Sechs-Punkte-Wochenende ist Nürnberg wieder auf Platz zehn vorgerückt. Für Rowe kann das nur eine Momentaufnahme sein. Das Programm aber bleibt fordernd: Am Freitag (19.30 Uhr/MagentaSport) sind die Ice Tigers in Mannheim zu Gast, am Sonntag (14 Uhr) empfangen sie das ewige Spitzenteam aus Wolfsburg. Auch weil ein Zwischenstand von 7:2 da eher unwahrscheinlich ist, hatte Rowe Redebedarf.

2 Kommentare