Mit Köllner und Bornemann wackelt auch der ganze Club

11.2.2019, 06:36 Uhr
Es sind Bilder aus fast vergessenen Zeiten: Als Erfolgsduo wurden Michael Köllner (li.) und Andreas Bornemann bezeichnet, gemeinsam schafften sie mit dem Club den Aufstieg in die Bundesliga - doch nur wenige Monate später geht all das in der sportlichen Krise unter.

© Sportfoto Zink / WoZi Es sind Bilder aus fast vergessenen Zeiten: Als Erfolgsduo wurden Michael Köllner (li.) und Andreas Bornemann bezeichnet, gemeinsam schafften sie mit dem Club den Aufstieg in die Bundesliga - doch nur wenige Monate später geht all das in der sportlichen Krise unter.

Nürnberg ist nicht Freiburg. Das hat, nach dem Aufstieg im Mai 2018, Andreas Bornemann gesagt, der Sportvorstand des 1. FC Nürnberg. Der Ex-Freiburger Bornemann fiel damit nicht weiter auf, traf aber einen wesentlichen Kern des Dilemmas. Vereine wie der SC Freiburg oder der FSV Mainz 05 stiegen auf und ab und wieder auf, ohne ihren Kurs zu verlieren, ein ähnliches Beispiel ist der FC Augsburg, all diese zuvor jahrzehntelang unterklassigen Klubs erarbeiteten sich über Kontinuität ein Profil, eine sichere Basis.

Dem Nürnberger Club gelang das in der Fußball-Neuzeit nie. Weil es diese Bürde gibt: ein halbes Jahrhundert voller Erfolge, neun Meistertitel – gefolgt von einem halben Jahrhundert voller Abstürze und fast permanenter Existenzangst. Der 1. FC Nürnberg stand in den frühen 1970er Jahren vor dem Konkurs, Mitte der 1990er Jahre wieder, dann erneut nach 2014. Dazwischen lagen der Aufbruch der Ära des jungen, visionären Präsidenten Gerd Schmelzer, der DFB-Pokalsieg von 2007, die sportlich stabilen Jahre mit Trainer Dieter Hecking. Geblieben ist jeweils: nichts.

 

Es manifestiert sich, bei allem seriösen Bemühen, immer dieser Eindruck: Man kann in diesem Verein nichts langfristig Tragfähiges aufbauen, weil jeder Misserfolg – unabhängig von seinem Zustandekommen – den ganzen Club ins Wanken bringt. Es gab im Club und um den Club herum immer wieder gute Ideen, aber nie die Geduld und Weitsicht, daran festzuhalten. Statt konstruktiver, abwägender Kritik regierte häufig gestelzte Besserwisserei – manchmal intern, manchmal im sogenannten Umfeld, immer brauchte es Schuldige, wer dabei nicht mitspielte, war selbst einer.

Das spaltete wiederholt den ganzen Verein, in tagesaktueller Getriebenheit machten Verantwortliche auf allen Ebenen Fehler, die allgemeine Verunsicherung sah man auf dem Platz beim Fußball.

Der Großteil seiner Mitglieder und Sympathisanten wünscht sich den 1. FC Nürnberg, an dem so viele Menschen auf so berührende Weise hängen, anders, hält sich aber öffentlich zurück. Das ist zum massiven Problem des Clubs geworden, weil der Verein ebenfalls seit Jahrzehnten auf viele gutwillige Kräfte aus allen gesellschaftlichen Kreisen – Politik, Wirtschaft, Sport – oft abschreckende Wirkung hatte. Schon die Sponsorensuche geriet immer wieder verzweifelt, und mit René Weiler verließ ein erfolgreicher Trainer den Verein, weil er sicher war, die Kraft zum Zusammenhalt würde nicht ausreichen.

Der Weg der anderen

Das, genau das ist die gern zitierte fehlende Ruhe. Fußball, das Geschäft und das Spiel, braucht Bewegung, Dynamik, Streitkultur, Emotionen. Das kann in einem lebendigen Volksverein eine Stärke sein, setzt aber voraus, Stimmungsschwankungen auch standhalten zu können. Fußball braucht einen Grundkonsens, den Freiburg, Mainz oder Augsburg ebenso gefunden haben wie ehemals abgestürzte Größen wie Hertha BSC oder Borussia Mönchengladbach. Nürnberg nicht, beim Club wurde in jeder Krise fast alles zuvor Aufgebaute wieder eingerissen.


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Jetzt steht möglicherweise der nächste Neuanfang an. Die Idee, es unter schwierigen Rahmenbedingungen mit Bescheidenheit und im Vertrauen auf einen erfolgreichen sportlichen Lernprozess zu versuchen, ist unter dem Druck enttäuschender sportlicher Resultate ins Wanken geraten. Sportvorstand Bornemann und Trainer Michael Köllner, im Mai noch für den Aufstieg gefeiert, stehen auch intern in der Kritik. Sie haben an Souveränität verloren, mit seinen Frontmännern wankt der ganze Club. Man kann diverse Fehler jetzt aufzählen und sich im Recht wähnen, geholfen ist damit niemandem. Die Vorstellung, dass dieser Club je zur Besinnung kommt, fällt derweil wieder einmal schwer.

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