Pokalsieg mit Köpfchen: Der Club ist eine Runde weiter

14.8.2017, 20:25 Uhr
Georg Margreitter erhöhte nach einer Ecke von Sebastian Kerk auf 2:0 für den FCN.

© Sportfoto Zink / DaMa Georg Margreitter erhöhte nach einer Ecke von Sebastian Kerk auf 2:0 für den FCN.

In der mehrere Hektar großen Kleingartenkolonie nahe der S-Bahn-Haltestellte Duisburg-Schlenk dominierte bereits am Nachmittag Blau und Weiß. Vermutlich Fußballfreunde hatten unweit des Stadions etliche MSV-Fahnen gehisst, zogen es dann aber wie viele andere wohl doch vor, die Arena zu meiden. Nur knapp 16.000 Zuschauer wollten am Montagabend das DFB-Pokalspiel gegen den 1. FC Nürnberg sehen, über die Hälfte aller Plätze blieb unbesetzt.

Dabei müsste der Aufsteiger doch eigentlich von einer Welle der Begeisterung getragen werden, zumindest durch die ersten Monate. Mit der berühmten Euphorie ist es beim Meidericher Spiel-Verein im August 2017 aber nicht weit her; was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden, obwohl es am Montagabend den nächsten Dämpfer gab. Der Club setzte sich nach einer in vielen Phasen abgeklärten, mitunter aber auch fahrigen Vorstellung mit 2:1 (2:0) durch und darf jetzt auf ein attraktives Los hoffen.

Gezogen wird die zweite Runde am Sonntag in der ARD-Sportschau. Dass auch der Name des aktuellen Zweitliga-Tabellenführers vertreten sein wird im berühmten Topf, ist vor allem der gezeigten Entschlossenheit bei zwei Standardsituationen zu verdanken. Jeweils nach Eckstoß von Sebastian Kerk trafen Hanno Behrens (21.) und Georg Margreitter (41.) per Kopf, bereits zur Pause hätte die Partie eigentlich entschieden sein müssen. Durch eigene Nachlässigkeiten machte es der Club in den zweiten 45 Minuten noch mal spannend. Nach mehreren hochkarätigen Dusiburger Chancen verwandelte MSV-Kapitän Kevin Wolze in der Nachspielzeit einen umstrittenen Elfmeter (94.). Der FCN zitterte sich leztlich in die nächste Runde.

Im DFB-Pokal ist der 1. FC Nürnberg ja praktisch schon in allen Landesteilen havariert. Erinnert sei vor allem an den SSV Ulm (1994, 2001) und den TSV Havelse (1991, 2012), auch sonst zählte der jeweils letzte und mitunter auch erste Saison-Gegner im Wettbewerb nur selten zur nationalen Prominenz. Selbst der seinerzeit drittklassige MSV Duisburg hatte sich 2014 gleich in Runde eins als zu stark erwiesen für den Club – der aktuell freilich nicht vergleichbar ist mit der doch extrem verunsicherten Elf von damals.

Statt des zumindest als Profi hoch dekorierten Franzosen Valerien Ismael führt mittlerweile ein bodenständiger Oberpfälzer namens Michael Köllner die Geschäfte; weil ihm das in der erst ein paar Wochen alten Runde mit erstaunlichem Erfolg gelingt, galt seine Mannschaft gemeinhin als Favorit, was der Nürnberger Trainer allerdings nicht hören wollte. Vielmehr stufte er die Aufgabe beim gerade erst in die Zweite Liga zurückgekehrten MSV vorab als besonders schwierig ein, als eine der schwierigsten, die überhaupt möglich gewesen sind.

Dass der alte und neue Klassenkamerad erst einen Punkt ergattern konnte, blieb in der Analyse außen vor. In Dresden und gegen Bochum hätten die Duisburger auch jeweils gewinnen können, das wird Köllner seinem Personal schon eingetrichtert haben. Ebenso, dass die Stürmer Simon Brandstetter und Boris Tashchy durchaus gefährlich sein können, wenn ihnen Raum angeboten wird. So wie in der 17. Minute, als Brandstetter, glänzend eingesetzt vom Kollegen Souza Cauly, plötzlich allein vor Thorsten Kirschbaum auftauchte, den Ball aber nicht am Nürnberger Schlussmann vorbeibrachte.

Mit Willensstärke und Laufbereitschaft

Der Club brauchte etwas, um sich auf die zwei Viererketten der Duisburger einzustellen; Möhwalds Heber landete auf dem Netz (8.), wenig später kratzte Mark Flekken einen Flachschuss von Kerk noch aus dem unteren Eck. Der ehemalige Fürther bewahrte sein Team mit weiteren Glanzparaden (Kerk, 38.; Ishak, 45.) vor einem noch höheren Rückstand als 0:2; den in einer anderen Etage heranfliegenden Abwehrchef Margreitter konnte bei seinem Kopfball aber selbst die Nummer eins nicht mehr aufhalten. Mehr Willensstärke ist fast nicht mehr möglich.

Dass nicht jeder Pass der Gäste beim Mitspieler ankam und auch einige Zweikämpfe nicht mit der letzten Entschlossenheit geführt werden sollten, nutzte der MSV meist nur halbherzig aus. Besonders Edgar Salli, wieder für den angeschlagenen Gislason (Fersenprellung) in die Startformation gerutscht, agierte in manchen Situationen unglücklich, was die Gruppe aber mit immenser Laufbereitschaft auffing.

Weil selbst die zu Beginn der zweiten Halbzeit eigentlich erwartete Druckphase der Duisburger nicht stattfand, konnte sich der 1. FC Nürnberg fortan damit begnügen, seinen Vorsprung zu verwalten. MSV-Trainer Ilia Gruev wechselte nach knapp einer Stunde mit Kingsley Onegbu, auf den fortan Petrak aufpasste, einen wuchtigen Angreifer ein, mit Brandstetter allerdings auch einen aus, so dass sich an der allgemeinen Risikobereitschaft nicht viel ändern sollte. Iljucenko scheiterte im Fünfmeterraum an Kirschbaum; als Cauly den aufmerksamen Torwart bereits umdribbelt hatte, klärte Margreitter auf der Linie.

Keine Minute später scheiterte Onuegbu am Aluminium. Doch Duisburg sollte doch noch zum verdienten Anschlusstreffer kommen: In der vierten Minute der Nachspielzeit zeigte Schiedsrichter Christian Dingert auf den Punkt. Kein unumstrittener Pfiff - der eingewechselte Alexander Fuchs soll Tashchy zu Fall gebracht haben. Sei's drum. Wolze verwandelte eiskalt, 1:2. Dabei sollte es bleiben, der FCN kämpfte und zitterte sich am Ende in die nächste Runde - einer half dem anderen.

So wie in der Kleingartenkolonie in Duisburg-Schlenk. Wo die MSV-Fahnen auch am Abend einfach weiter im warmen Sommerwind wehten. Als sei nichts gewesen. Drüben, in der Arena.

MSV Duisburg: Flekken - Oliveira Souza (Wiegel, 72.), Bomheuer, Nauber, Wolze - Fröde, Schnellhardt - Erat, Stoppelkamp (Iljutcenko, 79.) - Tashchy, Brandstetter (Onuegbu, 59.)

1. FC Nürnberg: Kirschbaum - Valentini, Margreitter, Löwen (Petrak, 55.), Leibold - Kammerbauer - Kerk (Fuchs, 83.), Behrens, Möhwald (Jäger, 68.), Salli - Ishak 

Tore: 0:1 Behrens (21.), 0:2 Margreitter (41.), 1:2 Wolze (Elfmeter, 94.) | Gelbe Karten: Stoppelkamp (28.), Bomheuer (54.), Kirschbaum (64.), Jäger (84.), Nauber (87.) | Schiedsrichter: Dingert (Lebecksmühle) | Zuschauer: 15.576.

Verwandte Themen


62 Kommentare