Entscheidungshilfe

Eigenheim voraus: Altes sanieren oder Neues bauen?

4.5.2023, 15:55 Uhr
Die Entscheidung zwischen dem Sanieren einer Bestandsimmobilie und einem neugebauten Haus fällt nicht immer leicht.

© Christin Klose/dpa-tmn Die Entscheidung zwischen dem Sanieren einer Bestandsimmobilie und einem neugebauten Haus fällt nicht immer leicht.

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Viele Wege führen in die eigenen vier Wände. Wer sich für einen Hauskauf entscheidet, geht große finanzielle Verpflichtungen ein. Da sollte alles stimmen - auch unter energetischen Gesichtspunkten.

Heißt das aber, dass ich auf jeden Fall neu bauen muss? Oder fahre ich auch mit einer gebrauchten Immobilie plus energetischer Sanierung ganz gut?

Es kommt ganz entscheidend auf den Standort an:

  • In Großstädten haben die Menschen oft keine Chance neu zu bauen, weil es keine Baugrundstücke und schon gar keine Neubaugebiete gibt, wie Inse Ewen von der Verbraucherzentrale Bremen erklärt.
  • Andersherum gilt: "Auf dem Land gibt es vielleicht kaum gebrauchte Immobilen zu kaufen, weil das nur innerhalb der Familien weitervererbt wird", sagt die Immobilienexpertin.

Am Ende wird also vor allem das Angebot mit darüber entscheiden, ob und wie Sie zu Ihrem Traumhaus kommen.

In jedem Fall sollten Sie genau wissen, was auf Sie zukommt. Denn sowohl Käufer als auch Bauherrinnen haben Pflichten - auch und vor allem, was die energetische Ausstattung angeht.

So früh wie möglich.

"Wichtig ist, dass man nicht aufs Geratewohl den erstbesten Altbau kauft, sondern das Objekt der Wahl vorher schon möglichst eingehend auf Chancen und Risiken in Augenschein nehmen und erstbeurteilen lässt", rät der Verband Privater Bauherren (VPB).

Das schließt auch die Prüfung auf Schadstoffe mit ein, gerade bei Wohnhäusern aus den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren. Käuferinnen und Käufer sollten hier auf ein Gutachten bestehen, das die Schadstofffreiheit belegt, so der VPB.

Die Verkäuferin oder der Verkäufer sei ansonsten auch dazu verpflichtet, über einen begründeten Schadstoffverdacht zu informieren.

Die Förderprogrammumstellungen des Jahres 2022 zeigen, dass die Politik einen stärkeren Fokus auf Sanierungen statt auf Neubauten legen will. Die Sanierungsförderung sei für den Klimaschutz besonders wichtig, so das Bundeswirtschaftsministerium.

Mit einem Förder-Euro könnten hier die höchsten Treibhausgaseinsparungen und damit der höchste Klimaschutzeffekt erzielt werden. Gerade alte Fenster, alte Außentüren oder alte Heizungsanlagen seien Energiefresser.

Dass der Neubau nicht mehr so stark gefördert werden soll, findet Alrun Jappe von der Stiftung Warentest richtig: "Es ist schon sinnvoll, dass man die Fördermittel in die Sanierung des Gebäudebestandes steckt."

Denn es gelte: "Den Gebäudebestand zu erhalten und zu sanieren ist wesentlich nachhaltiger, als wieder neue Flächen und wieder neue Baustoffe zu verbrauchen."

Vieles ist aktuell freiwillig bei der energetischen Sanierung. Allerdings nur für jene, die ein Haus schon länger besitzen.

Wer ein Ein- oder Zweifamilienhaus neu kauft, muss oft bestimmte Maßnahmen in einer festgelegten Frist von zwei Jahren nach dem Erwerb erfüllen.

Aber keine Sorge: "Die Pflichten, die Sie da haben, wenn Sie ein Haus kaufen, sind jetzt nicht so dramatisch", sagt Alrun Jappe.

Was heißt das genau?

Zu den Sanierungspflichten, die im Gebäudeenergiegesetz (GEG) festgelegt sind, gehören etwa:

  • das Dämmen der obersten Geschossdecke und der Heizungsrohre
  • der Austausch alter Öl- und Gasheizungen, wenn diese bereits 30 Jahre gelaufen sind

Grundsätzlich gelten diese Austausch- und Nachrüstverpflichtungen für alle Mehrfamilienhäuser, unabhängig von einer geplanten Sanierung.

Laut Gebäudeenergiegesetz muss nach 30 Jahren die alte Öl- und Gasheizung ausgetauscht werden.

Laut Gebäudeenergiegesetz muss nach 30 Jahren die alte Öl- und Gasheizung ausgetauscht werden. © Alexander Ludwig/dpa-tmn

Der Verbraucherzentrale Bundesverband informiert auf seinen Seiten detailliert über die GEG-Pflichten.

Besser nicht. Ein Sanierungsfahrplan spiele beim Kauf einer gebrauchten Immobilie eine große Rolle, sagt Inse Ewen.

Die entscheidenden Fragen lauten der Expertin zufolge:

  • Wie ist der Zustand des Gebäudes?
  • Kann ich mir das leisten?
  • Können vielleicht einzelne Maßnahmen erst zu einem späteren Zeitpunkt gemacht werden?

Um diese Fragen beantworten zu können, helfen zertifizierte Energieberaterinnen und Energieberater weiter.

Manche entscheiden schlicht auf Basis von Kosten, so Inse Ewen. Das sei eine Herangehensweise von vielen Hauskäufern.

Die Abwägung sieht dann beispielsweise wie folgt aus: "So, ich werde jetzt noch 50 000 Euro in dieses Haus stecken, was mache ich? Lohnt es sich eher, die Heizung zu machen oder soll ich alle Fenster austauschen? Oder soll ich nur das Dach dämmen?"

Diesen pragmatischen Sanierungsansatz hebt auch der VPB hervor. Er sei unterstützenswert, allerdings müsse man "mit spitzem Stift" rechnen. Im Zweifel sei etwas besser als nichts: "Ein Haus mit einer moderat gedämmten Gebäudehülle ist energetisch schon weitaus besser als das vorher unsanierte Haus."

Eine energetische Neubauförderung des Bundes gibt es seit dem 21. April 2022 nur noch für den Standard Effizienzhaus 40 NH in Gestalt eines zinsverbilligten Darlehens über die KfW-Föderbank. NH ist die Abkürzung für das Qualitätssiegel "Nachhaltiges Gebäude".

Die Töpfe für die Förderung anderer Effizienzhaus-Standards, die die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) vorgesehen hat, waren bereits im April 2022 leergelaufen. Die BEG wird gerade überarbeitet.

Effizienzhäuser haben einen sehr niedrigen Energiebedarf und damit geringere Betriebskosten.

Effizienzhäuser haben einen sehr niedrigen Energiebedarf und damit geringere Betriebskosten. © Laura Ludiwg/dpa-tmn

Wie viel Geld kann ich maximal bekommen?

Der Tilgungszuschuss, der bei Erreichen der vorgesehenen Effizienzstufe gezahlt wird, liegt bei fünf Prozent. Der maximale Kreditbetrag beträgt 120 000 Euro pro Wohneinheit. Fünf Prozent Tilgungszuschuss ergeben also 6000 Euro, rechnet die Energieberatung der Verbraucherzentralen vor.

Einzelmaßnahmen, etwa im Bereich der Heizungstechnik, werden in Neubauten nicht extra gefördert.

Ob sich unter Umständen andere Baugeld-Angebote abseits des oben genannten KfW-Programms für Neubauten eher lohnen, lässt sich mit einem Rechner der Stiftung Warentest prüfen.

Es muss nicht immer knüppeldick kommen - etwa mit dem Hausbock in den Dachbalken, einem Schwamm im Mauerwerk oder schwach gebundenem Asbest im Bodenbelag. Aber: "Der Kauf einer gebrauchten Immobilie birgt immer Überraschungen", sagt Inse Ewen. Oder zumindest ziemlich häufig.

Am Ende können sich etwa Aufteilung, Raumgrößen, Lichteinfall oder schlicht die Zahl oder Lage der Steckdosen als ungeeignet herausstellen. Solche Dinge zu ändern ist teils schwer, teils unmöglich und teils teuer.

Daher ist ein Neubau Ewen zufolge perfekt für alle, die...

  • ganz nach ihren Vorstellungen bauen wollen.
  • wirklich wissen wollen, was alles in ihrem Haus verbaut ist.
  • das Geld haben, um heute noch neu bauen zu können.

"Natürlich bietet ein Neubau die Möglichkeit, einen Grundriss genau so zu planen, wie man ihn haben möchte", sagt auch Alrun Jappe. Und: "Die gesetzlichen Vorschriften für Neubauten sind schon wirklich sehr gut, da sind die Häuser gegenüber früher schon sehr energieeffizient."

Ein Energieberater kann finanzielle und wohnliche Vorteile bieten.

Ein Energieberater kann finanzielle und wohnliche Vorteile bieten. © Christin Klose/dpa-tmn

Man könne insofern mit einem Neubau davon ausgehen, die nächsten Jahrzehnten "Ruhe" zu haben, sagt Jappe. Was Umbauten anbelangt sowieso, vor allem aber auch in Sachen energetischer Sanierung. "Das sind natürlich Vorteile, gar keine Frage."

Beim Effizienzhausstandard 40 NH müssen auch nachhaltige Baustoffe mit eingebracht werden. "Das muss ich auch alles nachweisen und mit Zertifikaten belegen können", sagt Ewen. "Das ist aufwendiger, aber es ist natürlich auch ein zukunftsfähiges Bauen."

Insgesamt gebe es im Moment noch nicht so viele Erfahrungen in dem Bereich. Und das Antragsverfahren für das Effizienzhaus 40 NH gilt als komplex.

"Das Problem ist, dass es im Moment viel zu wenige Experten gibt, die dieses Nachhaltigkeitszertifikat überhaupt vergeben", erklärt Jappe. "Das ist sozusagen nicht wirklich vorbereitet gewesen."

Zwar gebe es Fertighausanbieter, die ein fertiges 40-NH-Zertifikat haben. "Aber ich glaube, bei einem individuellen Hausbau dürfte das im Moment schwierig sein, so ein Zertifikat überhaupt zu bekommen", sagt die Expertin.

"Abwarten hilft auch nicht", sagt Inse Ewen. "Die Leute sollen jetzt ihren Weg gehen und die Förderung, die gerade möglich ist, nutzen."

Aktuell sind das die besagten 6000 Euro Tilgungszuschuss bei einem maximal möglichen zinsverbilligten KfW-Kredit von 120 000 Euro, die beim Erreichen des Effizienzhaus-Standards 40 NH gewährt werden.

Angst, heute einen Antrag zu stellen, morgen aber vor einem gestoppten Förderprogramm zu stehen, muss niemand haben: Es gelten die Förderbedingungen am Tag der Antragstellung.

Aber immer ganz wichtig: Nie Aufträge vor Antragstellung erteilen. Das ist förderschädlich.

Zudem wird die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) - wie schon erwähnt - gerade überarbeitet. "Und ganz sicher werden dann die Anforderungen an die geförderten Maßnahmen steigen", sagt Alrun Jappe.

"Wer jetzt noch die Gelegenheit hat, einen Antrag nach den bisher gültigen Richtlinien zu stellen, sollte das ruhig machen."

Ab 2023 soll es ein neues Förderprogramm "Klimafreundliches Bauen" geben, das insbesondere die Treibhausgas-Emissionen der Gebäude noch stärker berücksichtigen soll.

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