Bereits zum dritten Mal

Warnstreik legt den Bahn-Fernverkehr am Montag und Dienstag lahm, auch S-Bahnen der Region betroffen

11.5.2023, 15:25 Uhr
Die Bahngewerkschaft EVG will 50 Stunden streiken und stellt damit die Deutsche Bahn und ihre Kunden auf eine harte Probe.

© Martin Schutt/dpa/Symbolbild Die Bahngewerkschaft EVG will 50 Stunden streiken und stellt damit die Deutsche Bahn und ihre Kunden auf eine harte Probe.

Ein 50-stündiger Warnstreik stellt die Deutsche Bahn und ihre Kunden ab Sonntagabend auf eine harte Belastungsprobe. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rief die Beschäftigten am Donnerstag zum Ausstand von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, auf. Die Bahn entschied wenig später, in dieser Zeit den Fernverkehr komplett einzustellen.

„Die Situation macht einen erneuten Warnstreik leider erforderlich. Auch wenn das natürlich hart ist für die Reisenden, die Schülerinnen und Schüler“, sagt der EVG-Vorsitzende Martin Burkert aus Nürnberg im Gespräch mit unserer Redaktion. Wie in ganz Deutschland soll auch in der Metropolregion Nürnberg der Nah- und Fernverkehr ausfallen. Auch S-Bahnen sind voraussichtlich vom Streik betroffen. Bei der VAG, die in Nürnberg Busse, Straßen- und U-Bahnen betreibt, liegt kein Streikaufruf vor.

Die Forderungen der EVG unter dem Slogan „650 Euro für alle“ seien notwendig. „Wir müssen auch zur Fachkräftesicherung gerade für die Einkommensgruppe der kleinen und mittleren Einkommen etwas tun. Daran müsste auch der Arbeitgeber großes Interesse haben“, so Burkert. Die Deutsche Bahn habe aber noch bis Freitagmittag die Gelegenheit, ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen und damit den Streik zu verhindern.

Hassbotschaften sind für Burkert schon "normal"

Der Frust bei vielen Reisenden ist hoch, bergeweise kommen Nachrichten bei ihm an, erzählt der Nürnberger. Darunter auch Hassbotschaften wie „Ihr gehört alle erschossen“. Aus seiner Zeit als Abgeordneter kenne er das schon: „Das ist ganz normal.“ Im Zweifel ziehe man die Polizei zu Rate. „Alle, die uns nicht erschießen wollen, und vernünftig schreiben, bekommen auch eine Antwort.“

Zweimal hatte die EVG im laufenden Tarifkonflikt bereits zum Ausstand aufgerufen - auch bei diesen Aktionen folgte die Einstellung des Fern- und ein fast kompletter Stillstand im Regionalverkehr. Eine Lösung des Konflikts liegt aus Gewerkschaftssicht aber noch immer in weiter Ferne. Nach Ansicht der DB ist der erneute Arbeitskampf "irrsinnig" und "restlos überzogen". Er sei jederzeit bereit, in neue Verhandlungen einzutreten, um den Ausstand noch zu verhindern, sagte DB Personalvorstand Martin Seiler - notfalls auch am Wochenende. Die Gewerkschaft wolle aber offenbar nur von Streik zu Streik gehen.

Heftige Auswirkungen für Fahrgäste

Nach der Ankündigung des Warnstreiks dauerte es knapp vier Stunden, bis die Bahn für Gewissheit sorgte: Am Montag und Dienstag wird kein Fernverkehrszug fahren und auch der Regionalverkehr größtenteils stillstehen. "Die DB bittet die Fahrgäste, wenn möglich ihre für den Streikzeitraum geplanten Fahrten im Fern- und Nahverkehr bis zum frühen Sonntagabend vorzuziehen", hieß es. Sonntags sind die Züge generell meist voll, viele Menschen sind dann auf der Rückreise von ihren Wochenendausflügen. "Für Fahrten im Fernverkehr wird eine Sitzplatzreservierung empfohlen", hieß es passend dazu von der DB.

Fahrgäste mit einem Ticket für den Zeitraum 14. bis 16. Mai können die Fahrscheine ab sofort flexibel bis einschließlich Sonntagabend nutzen. Eine flexible Nutzung nach Streikende sei dieses Mal nicht möglich, da der Ausstand direkt vor einem der reisestärksten Tage im Jahr ende. Am 18. Mai ist Christi Himmelfahrt.

Die EVG vertritt bei der Bahn Beschäftigte aus fast allen Bereichen und hat auch sämtliche Berufsgruppen zum Warnstreik aufgerufen. Entsprechend sind die Auswirkungen direkt heftig. Treten etwa die Fahrdienstleiter in den Warnstreik, steht gleich der gesamte Verkehr auf bestimmten Streckenabschnitten still. Vom Ausstand betroffen sein werden aller Voraussicht nach auch Bahnunternehmen, die derzeit gar nicht mit der EVG über neue Tarifverträge verhandeln.

EVG-Forderung und DB-Angebot liegen weit auseinander

Die EVG will für die Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monaten betragen. Die Gewerkschaft verhandelt parallel mit 50 Bahnunternehmen für gut 230 000 Beschäftigte, die Forderungen sind dabei im Kern immer gleich. Nicht alle dieser 50 Unternehmen werden dieses Mal direkt bestreikt, bei einigen laufen die Verhandlungen aus EVG-Sicht bisher besser als bei anderen. Der Fahrbetrieb dürfte aber bei allen zum Erliegen kommen.

Der ehemalige Nürnberger Bundestagsabgeordnete Martin Burkert ist inzwischen Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. 

Der ehemalige Nürnberger Bundestagsabgeordnete Martin Burkert ist inzwischen Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG.  © Carsten Koall/dpa

Die Deutsche Bahn hat zuletzt einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro angeboten, der über mehrere Monate verteilt ausgezahlt werden soll. Ab März des kommenden Jahres könnte dann ein Lohnplus von insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie acht Prozent für die oberen Lohngruppen folgen - allerdings stufenweise. Die vorgeschlagene Laufzeit liegt bei 27 Monaten. Die EVG hält das Angebot für nicht verhandlungsfähig. Bei der DB arbeiten 180 000 der 230 000 Beschäftigten, für die derzeit verhandelt wird.

Besonders vehement wurde zuletzt über den Mindestlohn gestritten, den bei der DB etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur über Zulagen erhalten. Ein von der Bahn vorgelegtes Angebot zu dieser Frage bewertete die EVG als inakzeptabel.

Nächste Gespräche erst für Mai geplant

DB-Personalvorstand Seiler machte am Donnerstag mehrfach deutlich, dass er verhandlungsbereit sei - und das jederzeit. "Die Mitarbeitenden brauchen Lösungen. Wie wollen endlich zu Ergebnissen kommen", sagte er vor Kameras im Kölner Hauptbahnhof. Die EVG wolle aber offensichtlich nicht verhandeln und denke nur von Streik zu Streik. "Kompromisse findet man aber nur am Verhandlungstisch", hob Seiler hervor.

Bisher ist die nächste Gesprächsrunde für den 23. Mai in Fulda terminiert - also gut eine Woche nach dem erneuten Warnstreik.

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