Alexander Hermanns Palazzo: Heimspiel im Zelt

3.11.2014, 06:15 Uhr
Der fränkische Sternekoch Alexander Hermann lädt wieder in sein Palazzo.

© Michael Matejka Der fränkische Sternekoch Alexander Hermann lädt wieder in sein Palazzo.

Als alle sitzen, alle 340 Stühle zurechtgerückt sind, steigt der Hausherr auf die Bühne. Aber Alexander Herrmann verliert nicht viele Worte, der Palazzo in Nürnberg ist für ihn ein Heimspiel. „Ein Gastgeber – auch in diesem Palazzo – darf nur so gut sein, wie es der Gast erlaubt“, ruft der Sternekoch dem Publikum zwar zu, aber natürlich weiß er: Es wird nicht schwer werden, hier ein guter Gastgeber zu sein, weder am Eröffnungsabend noch an den 100 Spieltagen, die noch folgen.

Sie mögen ihn, seine Franken, schließlich ist er einer von ihnen. Und sie mögen den Palast mit den 1200 Spiegeln und 140 Lüstern, diese nostalgische Mischung aus Varieté, Restaurant und Zirkus. „130 000 Besucher saßen in den letzten fünf Jahren hier“ sagt Alexander Herrmann, bis März werden wohl mehr als 30 000 dazukommen.

Vor Amy G. ist niemand sicher

Herrmann hat seine Vorschusslorbeeren, Amy G. muss sich erst welche verdienen. Die New Yorkerin, die durch den Abend führt, braucht dazu ungefähr eineinhalb Minuten, dann ist das Publikum auch auf ihrer Seite. Das Multitalent singt, witzelt, tanzt und turnt sich furios durchs Programm. Sicher ist vor ihr niemand.

Kaum auf der Bühne, verguckt sie sich in „Helmut“ aus der ersten Reihe („Hellmuuut! So schön deutsch!“). Ein Schluck Bier für Amy aus dem Glas des Gastes, ein paar Schäkereien, Helmut amüsiert sich. Noch ahnt er nicht, dass er an diesem Abend viel Zeit im Scheinwerferlicht verbringen wird.

Es ist eine der Stärken des Palazzo, dass die Trennlinie zwischen Publikum und Künstlern immer wieder verschwimmt. Wenn Helmut mal wieder auf die Bühne muss, zum Beispiel, oder wenn sich Luftakrobaten wie Christine Gruber in die Höhe schrauben und dabei die Weingläser in vorderster Reihe nur knapp verfehlen.

„Fools for Love – Comedy, Chaos & Cuisine“ heißt das Programm in diesem Jahr, wobei es das Chaos wohl nur in den Titel geschafft hat, weil es ein schönes C-Wort ist. Die Auftritte von Küche und Künstlern sind minutengenau getaktet, kein Rädchen in der Palazzo-Maschinerie hakt. Wenn sich die Gäste den Herrmannschen Küchenkreationen wie gebeizter Hühnerbrust mit Vogelbeeren-Schalotten-Chutney („Luft“) oder Saiblingsfilet mit rahmigem Apfel-Meerrettich-Sud („Wasser“) zuwenden, hat das Spektakel Pause. Dann ist Zeit für ein Gespräch mit dem Tischnachbarn, aber auch zum Durchschnaufen und Zwerchfell entspannen.

Denn gelacht wird viel: Über Artisten wie den Engländer Jon Young, von dem man am Ende nicht weiß, ob er als linkischer Nerd besser war oder als Artist am „Chinesischen Mast“, vor allem aber über Clown Peter Shub. „Wahnsinn“, ist das Urteil der Gäste über den Mann, der den Witz selbst aus einem Fotostativ oder einem Maßband herauskitzelt.

Essen gerät zur Nebensache

Für manchen Gast gerät das Essen angesichts solcher Hochkaräter fast zur Nebensache. Herrmann bleibt bei seinen fränkischen Wurzeln und vermeidet allzu aufgeschäumte Eskapaden. Der Hauptgang, rosa gebratenes Rinderfilet mit gerösteter Schwarzbrot-„Erde“ und geschmortem Wurzelgemüse, ist eine sichere Bank.

Für die Vegetarier folgt auf geschmorte Salatherzen und Roter Bete statt Saibling als Hauptgang ein Kartoffel-Kräuter-Gratin. Beim Nachtisch treffen sich alle wieder: das Karamell-Schokoladen-Kuchensoufflé (größenmäßig zum Glück an der Hausfrau und nicht an der Haute Cuisine orientiert), und ein Eis aus gebrannten Nüssen bekommen Bestnoten.

Nach vier Stunden ist Schluss, es geht raus in die Novembernacht und zurück in den Alltag. Am Ausgang treffen Amy G. und Helmut noch einmal aufeinander. „Das war ein wunderbarer Abend“, bedankt sich Helmut. „Finde ich auch“, sagt Amy G. Sie strahlen beide, Gast und Künstler.

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