Blackface bei Lanz: Beleidigung aus dem 19. Jahrhundert

16.12.2013, 15:30 Uhr
Blackface bei Lanz: Beleidigung aus dem 19. Jahrhundert

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Markus Lanz wettete in seiner Unterhaltungsshow am Samstagabend, dass es den Augsburgern nicht gelingen würde, 25 Pärchen in den Saal zu bringen, die als Lukas der Lokomotivführer und Jim Knopf verkleidet seien. Dabei ließen er und seine Gast-Moderatorin Michelle Hunziker es sich nicht nehmen, mehrfach darauf hinzuweisen, dass das Gesicht unbedingt schwarz geschminkt sein soll. "Wir akzeptieren alles, wir nehmen Schuhcreme, alles, was so passt."

Mit dieser Wette haben das ZDF und sein viel gescholtener Moderator jedoch gehörig ins Tintennäpfchen gegriffen, denn das Schwärzen des Gesichts entspringt einer rassistischen Tradition des 19. Jahrunderts. In amerikanischen Varieté-Theatern bemalten weiße Schauspieler ihre Gesichter und mimten in Sketchen stereotype Schwarze. Dabei wurde nicht nur auf ein vermeintlich authentisches Aussehen mit schwarzer Haut, zotteligen Haaren und dicken, roten Lippen Wert gelegt, sondern auch charakterliche Stereotypen bedient. In diesen Darbietungen wurden Schwarze stets als naiv, betrunken, schwachsinnig und immer gut aufgelegt dargestellt - zur Belustigung des durchgängig weißen Publikums.

Doch auch im dramatischen Theater wurde diese Methode bis heute immer wieder angewandt. Lange Zeit wurde kein Othello, der laut Shakespears Rollenbeschreibung schwarz ist, von einer PoC (Person of Colour) dargestellt. Auch in den frühen Verfilmungen von "Onkel Toms Hütte" wurden weiße Schauspieler besetzt.

Rappaport in den Schlagzeilen

Selbst im zeitgenössischen Deutschen Theater fungiert das Blackface als "rassistisches Ausgrenzungstool, um schwarze Schauspieler von deutschen Bühnen fernzuhalten", wie Schwarzen-Aktivist Tahir Della in einem Interview mit der taz ausführt. Hierzulande bekam das Blackfacing durch die Schlosspark-Theater-Inszenierung von "Ich bin nicht Rappaport" aus dem Jahr 2011 gesteigerte Aufmerksamkeit - hier wurde die Rolle des Schwarzen mit einem weißen Blackface besetzt. Joachim Bliese spielte an der Seite von Dieter Hallervorden einen schwarzen Mann.

Auch Günter Wallraff ließ sich im Jahr 2009 für seinen Dokumentarfilm "Schwarz auf Weiß" außerlich in einen stereotypen Schwarzen verwandelt. Als der Somalier Kwami Ogonno zog der Schriftsteller ein Jahr durch Deutschland. Der Film zeigte, wie dem vermeintlich Schwarzen Hass und Intoleranz entgegenschlugen. Doch obwohl Wallraffs Absichten aufrüttelnder Natur waren, hagelte es Kritik, schließlich hatte auch er mit bemalter Haut und Afroperücke dem historisch belasteten Blackface bedient.

In einem anderen Zusammenhang (auf dem Berliner Slutwalk malten sich einige feministische Aktivistinnen schwarz an) kritisierte die Autorin Sharon Dodua Otoo ebenfalls jede Form von Blackfacing. "Die Tradition ist rassistisch", egal wie nobel die Aktion gemeint sei, schrieb sie im Missy Magazine.

Scheck, Neger und Blackface

Zuletzt kam das Blackface im Januar - ebenfalls durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - in die Medien. Denis Scheck, seineszeichens Literaturkritiker und Moderator der ARD-Sendung "Druckfrisch", hielt vor laufenden Kameras mit Blackface ein zweiminütiges Plädoyer für den Erhalt der Sprache in alten Kinderbüchern - und damit Begriffen wie Neger. Sprache sei lebendig, sagte er. Der Erhalt von nicht aktuellen Wörtern würde Kindern beibringen, dass die Sprache einem ständigen Wandel unterliege. Die Kritik folgte auf dem Fuße - vor allem, weil das Blackface keine inhaltliche Bedeutung für das Plädoyer hatte.

Angesichts der regelmäßigen medialen Thematisierung müssen sich das ZDF und seine Moderatoren nun mindestens den Vorwurf gefallen lassen, über die rassistisch geprägte Geschichte des Blackface nicht nachgedacht zu haben.

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