US-Dienste: Flug MH17 wurde wohl abgeschossen

18.7.2014, 07:46 Uhr
In der Ostukraine ist ein Flugzeug von Malaysia Airlines abgestürzt, dabei starben 298 Menschen.

© AFP/FAGET In der Ostukraine ist ein Flugzeug von Malaysia Airlines abgestürzt, dabei starben 298 Menschen.

+++ In der Ostukraine ist ein Passagierflugzeug der Malaysia Airlines abgestürzt. Dabei starben nach Angaben der Fluggesellschaft 298 Menschen, darunter auch vier Deutsche. Die Maschine zerschellte in der Nähe der Stadt Schachtjorsk. Mittlerweile wurden 121 Leichen geborgen, sagt der ukrainische Zivilschutz.

+++ Die Regierung in Kiew geht von einem Abschuss durch Luftabwehrsysteme aus, Präsident Poroschenko sprach von einem "terroristischen Akt". Nach Angaben von Malaysia Airlines habe das Flugzeug nie einen Notruf abgegeben.

+++ Auch US-Geheimdienste sind sich sicher: Der Flug MH17 wurde abgeschossen. US-Vizepräsident Joe Biden sagte, die Maschine sei "vom Himmel geholt worden". Der Luftraum über der Ostukraine bleibt gesperrt. Hillary Clinton forderte derweil Konsequenzen gegen Putin.

+++ Ein Führer der Separatisten in der Ostukraine, Alexander Borodaj, wirft der ukrainischen Armee den Abschuss der Boeing 777 vor. Es handle sich dabei um eine "Provokation" der Luftwaffe, sagte Borodaj.

Die Trümmerteile liegen verstreut über etwa 15 Kilometer, dazwischen immer wieder Leichen, Rauchsäulen steigen auf: In der Ostukraine ist am Donnerstag ein Passagierflugzeug der Malaysia Airlines abgestürzt. Dabei starben nach Angaben der Fluggesellschaft alle 283 Passagiere sowie 15 Besatzungsmitglieder. Seit Monaten toben in der Ostukraine Gefechte zwischen prorussischen Separatisten und der Regierung aus Kiew. Auch deshalb konnten Rettungskräfte am Donnerstag nur schwer zu der Boeing 777 vordringen. Unter den Opfern sollen nach Angaben der Airline auch vier Deutsche sein, das Auswärtige Amt konnte derartige Meldungen allerdings noch nicht bestätigen.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko schließt einen Abschuss des Passagierflugzeugs nicht aus. "Die Streitkräfte der Ukraine waren auf keinen Fall an der Zerstörung des Ziels in der Luft beteiligt", heißt es in einer Erklärung des Präsidenten. Es wurde eine Untersuchungskommission einberufen, an der auch internationale Experten beteiligt sind. "Wir sind überzeugt, dass die Verantwortlichen für diese Tragödie zur Verantwortung gezogen werden", sagte Poroschenko. Und spricht von einem "terroristischen Akt".

Der Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Geraschtschenko, wird derweil konkreter. Er spricht von einem Abschuss durch prorussische Separatisten, die das Flugzeug in 10.000 Meter Höhe mit einer "Buk"-Abwehrrakete getroffen haben sollen. Das in den 80er-Jahren von sowjetischen Militärs entwickelte Lenkwaffen-System kann Ziele in Höhen bis zu 25.000 Metern treffen.

US-Dienste sicher: MH17 wurde abgeschossen

Auch US-Geheimdienste sind sich sicher: MH17 wurde "vom Himmel geholt", wie Vizepräsident Joe Biden noch in der Nacht auf Freitag sagte. US-Außenministerin Hillary Clinton macht am Freitagmorgen die prorussischen Rebellen verantwortlich. Man müsste Putin nun deutlich zeigen, "dass er zu weit gegangen ist".

Flug MH17: Separatisten willigen Drei-Tage-Waffenruhe ein

Prorussische Separatisten behaupten hingegen, sie besäßen keine Flugabwehrsysteme vom Typ "Buk". Dabei hatten sie erst vor wenigen Wochen noch stolz geprahlt, eines der Systeme erobert zu haben. "Natürlich haben wir solche Anlagen nicht. Sie sind zu schwer, eine riesige Waffe, die wir nirgendwoher bekommen", sagte Separatistenführer Andrej Purgin nach Angaben der Agentur dpa. Stattdessen wirft Alexander Borodaj, ein Führer der Aufständischen und selbst ernannter Präsident der nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk", der ukrainischen Luftwaffe vor, das Flugzeug selbst abgeschossen zu haben. Er spricht von einer "Provokation".

Das Flugzeug MH17 der Malaysia Airlines war auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur. Die Fluggesellschaft hat bislang lediglich bestätigt, den Kontakt zur Boeing 777 verloren zu haben. Weitere Angaben macht Malaysia Airlines noch nicht. Die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa änderte am Donnerstagabend ihre Flugroute - und meidet nun das Gebiet der Ostukraine.

Bereits in den letzten Wochen hatten prorussische Separatisten wiederholt Militärflugzeuge in der Ostukraine abgeschossen. Die allerdings fliegen wesentlich niedriger als Passagiermaschinen. Das Flugzeug der Malaysia Airlines soll in einer Höhe von knapp 10.000 Metern geflogen sein.

Die malaysische Regierung weist Berichte über einen möglichen Abschuss zurück. "Wir haben keine Bestätigung für einen Abschuss", schrieb Verteidigungsminister Hishamuddin Hussein auf Twitter. "Unser Militär wurde angewiesen, dies zu untersuchen." Auch US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin stehen in Kontakt, sollen bereits telefoniert haben. Das bestätigte Obamas Sprecher Josh Earnest. In einem vom Kreml veröffentlichten Telegramm übermittelte Putin der malaysischen Regierung sein Beileid. Er sei erschüttert über die "Katastrophe über dem Territorium der Ukraine, die so viele Menschenopfer gekostet hat". Auch US-Präsident sicherte "jedgliche Unterstützung" bei der Aufklärung des Unglücks zu. Noch am Freitagnachmittag soll der UN-Sicherheitsrat tagen.

Für Malaysia Airlines ist es bereits der zweite Zwischenfall mit einer Passagiermaschine in diesem Jahr. Am 8. März verschwand Flug MH370, ebenfalls eine Boeing 777, nach dem Start in Kuala Lumpur. An Bord der Maschine waren 239 Menschen. Das Wrack von Flug MH370 wurde trotz intensiver Suche bislang nicht gefunden.

Ein Internetvideo soll das brennende Wrack der Boeing 777 zeigen, woher die Aufnahmen stammen ist bislang aber unklar.

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