8. Februar 1963: Studenten müssen noch warten

8.2.2013, 06:36 Uhr
8. Februar 1963: Studenten müssen noch warten

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Über den Termin für den Baubeginn des 17-Millionen-Vorhabens entscheidet weitgehend das Maximilianeum. Erst wenn das Landtagsplenum die Vorplanung gutgeheißen hat und ein Ansatz für den Kulturetat fixiert ist, kann mit der Einzelplanung begonnen werden.

Die Fachleute schätzen, daß das vor dem Frühsommer nicht der Fall ist. Damit aber ist schon fraglich, ob man noch in diesem Jahr mit den Bauarbeiten anfangen kann. Wenn es für die vielen Verzögerungen auch Erklärungen gibt, so kommt das Kultusministerium um einen Vorwurf nicht herum: Warum hat man für Nürnberg nicht ein größeres Institut für den Lehrernachwuchs vorgesehen?

Bei den Vorarbeiten für die künftige Hochschule an der Fliegerstraße nahe dem Luitpoldhain hat man sich für den Pavillonstil entschieden. Es werden vier Häuser gebaut: und zwar für die Aula mit der Mensa, für die Seminare mit der Verwaltung, eine Turn- und Schwimmhalle sowie ein Hausmeistergebäude mit Dienstwohnungen. An der Bausumme, die augenblicklich auf 17,1 Millionen DM geschätzt wird, stößt sich noch das Finanzministerium, doch will man hier keine so großen Abstriche machen, daß wesentliche bauliche Veränderungen notwendig werden.

Direkt an dem neuen Institut will das Studentenwerk Erlangen zwei Studentenwohnheime bauen. Aus städtebaulichen Gründen sind zwei Hochhäuser, sogenannte Punkthäuer, mit etwa sechs bis sieben Stockwerken vorgesehen. In einem Haus will man etwa 120 Studenten unterbringen. Voerst ist ein Wohnheim geplant. Das zweite soll gebaut werden, sobald es die Finanzen erlauben.

Wegen der Hochhausanlage wird es übrigens auch möglich sein, den sich nach Westen erstreckenden Baumbestand zu erhalten. Um die entsprechenden Grundstücke verhandelt das Studentenwerk schon seit Monaten, doch das Kultusministerium hat sich noch nicht endgültig entschieden. Dabei spielen Überlegungen eine Rolle, ob man für die Hochschule nicht Platz für eventuell notwendig werdende Erweiterungsbauten reservieren soll.

Das aber läßt darauf schließen, daß man jetzt in München den Voraussagen, Nürnberg werde sich zu einer der wichtigsten pädagogischen Hochschulen in Bayern entwickeln, aufgeschlossener als bisher gegenübersteht. Die Misere um den Bau der Nürnberger Anstalt hat ja schließlich damit begonnen, daß das Kultusministerium vor Jahren eine Kapazität von 450 Studienplätzen für ausreichend hielt.

Den Einwänden des SPD-Landtagsabgeordneten Ferdinand Drexler und einiger anderer Schulpolitiker stand man sehr skeptisch gegenüber. Als man dann im Ministerium davon überzeugt war, daß es doch besser ist, für das Institut gleich 700 Studienplätze vorzusehen, waren die Vorentwürfe für eine Kapazität von 450 Plätzen bereits fertig. Jetzt wurde „umgeplant“, aber als die neuen Entwürfe vorlagen, standen die Landtagswahlen vor der Tür und die Etatberatungen für 1963 wurden verschoben.

Da der Neubau aber von den Etatberatungen abhängig ist, rückte der Baubeginn wieder etwas in die Ferne. Die Kritiker an den Bauherren im Kultusministerium aber fragen jetzt: „Warum plant man nicht gleich eine Hochschule mit 1000 Studienplätzen, wenn Nürnberg in diesem Semester bereits 716 Lehrerstudenten hat?“ Denn gegen das Ministerium steht eindeutig der Vergleich der eingeschriebenen Studenten vom Wintersemester 1961/62 zum Wintersemester 1962/63.

Während an allen anderen pädagogischen Hochschulen in Bayern – München, Regensburg, Augsburg, Bayreuth, Würzburg, Bamberg – die Studentenzahlen eine rückläufige Tendenz zeigen (zum Teil bis zu 44 v. H.), hat Nürnberg weiterhin einen Zuwachs zu verzeichnen und ist jetzt neben München-Pasing das zweitgrößte Institut für den bayerischen Lehrernachwuchs. 

Zwar weist auch die Hochschule in Eichstätt eine geringe Zunahme auf, doch fällt diese Anstalt mit insgesamt 99 Studenten überhaupt nicht ins Gewicht. Die Kritiker des Nürnberger Projektes glauben auch nicht an eine rückläufige Entwicklung, wenn man in den nächsten Jahren weniger Lehrerstunden zu erwarten hat, weil wegen der geburtsschwachen Nachkriegsjahrgänge die Zahl der Abiturienten zurückgeht.

Nach dem SPD-Abgeordneten Franz Förster beweisen ja eben die geringen Neueinschreibungen an den Instituten kleinerer Städte, daß es in wenigen Jahren nur noch zwei dominierende Plätze für die Lehrerausbildung geben wird: München und Nürnberg. Bei allem Für und Wider um die Größe des Neubaues an der Fliegerstraße aber dürfte es jetzt höchste Zeit werden, daß gebaut wird. Denn im Interimsgebäude der Hochschule im Künstlerhaus reicht der größte Saal für wichtige Vorlesungen mit seinen 220 Plätzen noch nicht einmal für die 252 neuen Studenten des ersten Semesters. 

Aus den Nürnberger Nachrichten vom 8. Februar 1963

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