Exquisite Duftnote aus "fränkischem Dorf"

4.4.2015, 08:18 Uhr
Exquisite Duftnote aus

© Harald Sippel

Und doch schwingt da etwas mit, das Käse in eine anrüchige Ecke steckt. Und das an die Zeit erinnert, als Käse - zumindest in Deutschland - noch nicht die Herzen und Zungen der Gourmets erobert hatte. Als noch die Ansicht vorherrschte, dass Käse möglichst weiß und sauber aussehen und sich im Geruch neutral verhalten solle. Als Rohmilchkäse noch skeptisch beäugt wurde - damals, in den 1980er Jahren, als Volker Waltmanns Eltern mit ihrem Käseladen in Erlangen anfingen. Der Sohn erzählt heute noch davon. Und kaum traut man sich, die Frage zu stellen: Wie ist das, Herr Waltmann, stinkt Käse?

Doch was für eine überflüssige Frage. Sie löst sich sofort in Nichts auf, wenn man ins Gespräch gerät mit dem Käseveredler, Genussmenschen und leidenschaftlichen Verfechter nachhaltiger Ernährungsweise in seinem Käseseminar-Raum an der Friedrichstraße. Vorn im Laden liegen in der Theke, je nach Saison, bis zu 260 Sorten Käse, kleine und große Laibe, schön anzusehen - und sehr fein duftend.

Darunter ist ein Schafmilchkäse, dem ein Duft von Thymian entströmt und der auch danach schmeckt. „Wenn Sie diesen Käse essen, werden Sie ihn mehrmals umdrehen und nach dem Thymian suchen“, beschreibt Volker Waltmann den handtellergroßen, ovalen Käse. Erst vor einem Jahr hat er ihn im Süden Frankreichs entdeckt. Der Bauer, der den Käse herstellt, lässt seine Schafe dort weiden, wo das würzige Kraut wächst, vom Frühjahr bis zum Herbst. Danach ist Schluss mit der Käseherstellung. Wenn die Lämmer im September kommen, brauchen die Schafe ihre Milch selbst. „Unscheinbar wie ein Stück Kernseife sieht der Käse aus“, sagt Volker Waltmann, und dass er glücklich sei, dass der Bauer ihn beliefere. Erst seit wenigen Wochen hat er ihn wieder im Sortiment. „Ich habe ihn gleich probiert“, gesteht er.

Der Geschmack? Ein unübertroffenes Erlebnis. „Wir lagern ihn gut und waschen ihn nicht“, sagt der Käse-Meister, der in diesem Fall nur die perfekte Reifung überwacht, bei so manchen anderen Käserohlingen aber durchaus Hand anlegt. Denn neben der klassischen Affinage, also Lagerung, beherrscht und betreibt er zur Freude seiner Kundschaft, die aus Privatleuten genauso besteht wie aus der gehobenen Gastronomie, auch die Kunst der Verfeinerung mit Kräutern und Alkoholika von Bier über Cidre und Portwein bis hin zu Whisky.

Für jede Käsesorte kocht Volker Waltmann einen eigenen Sud, in den er die Laibe kurz einlegt und dann einzeln von Hand abreibt. Manche Käse werden bis zu 25 Mal gewaschen - das schützt sie vor dem Austrocknen, während sie reifen, und weil es behutsam geschieht, wird dabei die den Geschmack schützende Käserinde nicht beschädigt. Ein bis zwei Mal pro Woche massieren Volker Waltmann und seine Mitarbeiter den Sud in die Laibe ein. Ein Sinneserlebnis sondergleichen - und sehr viel Arbeit.

Die lohnt sich, findet der Affineur de Fromage, und der Erfolg gibt ihm Recht. Dass der Käse damit sozusagen in den Adelsstand erhoben wird, hat seiner Mutter schon einmal die Tränen in die Augen getrieben - vor Freude. Sie weinte, als er ihr erzählte, dass eine Erlanger Kundin auf einem Kreuzfahrtschiff vor Dubai die Herkunft des Käses, den sie serviert bekam, sofort erschnupperte. „Das ist ein Käse vom Waltmann“, habe sie gesagt - was auf ihre Nachfrage hin auch bestätigt wurde. „Dieser Käse kommt aus einem kleinen fränkischen Dorf“, wurde ihr beschieden. Volker Waltmann weiß nun, dass sein Käse inzwischen eine Visitenkarte für das „Dorf“ Erlangen geworden ist. Und das wegen seines Duftes.

Von der perfekten Konsistenz aber, weich und vielleicht ein bisschen fließend, soll ein andermal die Rede sein. Käse und Sinnlichkeit? Ein Buch mit vielen Kapiteln.

Mehr Informationen über Käse Waltmann in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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