Ein Schmuckstück fränkischer Wirtshauskultur
5.8.2015, 14:13 UhrDie Liste seiner Kochstationen lässt aufhorchen. Gelernt beim fränkischen Altmeister im Gasthaus Rottner in Großreuth, hat er überragende Erfahrungen gesammelt beim TV-erfahrenen Alexander Herrmann in Wirsberg, dann in der einst von Eckart Witzigmann befeuerten Urzelle des deutschen Küchenwunders, dem heute von Hans Haas geführten „Tantris“ in München, sowie in der Nürnberger Gourmethochburg „Essigbrätlein“. Zuletzt - nach erfolgreichem Abschluss als Küchenmeister - verwöhnte er die Gäste in der „Trenkerstube“ des Hotels Castel in Tirol bei Meran. Sieben Michelin-Sterne und elf Hauben aus dem Gault Millau säumen damit seinen Weg in den siebten Gourmet-Himmel.
Jetzt ist er wieder in der Heimat, im Gasthof seiner Eltern gelandet, die die seit 147 Jahren im Familienbesitz befindliche Herberge mit der nunmehr sechsten Generation betreibt. Und dass der Vater (Jahrgang 1962) seinem Sohn (Jahrgang 1989) das Zepter in der Küche überlassen hat, zeugt vom Pragmatismus des Älteren, der in seinem weitgereisten Sprößling die eigenen Träume verwirklicht sieht. Und dass es am Sonntag, an dem auch die 78-jährige Großmutter mit am Herd werkelt, weiterhin den Braten mit Klößen gibt und die Speisekarte auch sonst durchaus Bodenständiges bereithält - das reicht vom Schnitzel „Wiener Art“, über drei hausgemachte Bratwürste mit Kraut für 6,00 Euro und das Zanderfilet in Mandelbutter mit Salzkartoffeln und Salat für 13,80 Euro bis zu den Rösti mit Rahmpfifferlingen und Käse gratiniert für 6,80 Euro -, demonstriert die realitätsnahe Strategie des Hauses: für den Ausflügler, den Stamm- wie den Hotelgast ebenso da zu sein wie für den verwöhnten Gourmet.
Dieser darf sich dann am Abend auf die Empfehlung des jungen Küchenchefs freuen. Beispielsweise auf ein Menü mit einem mit Sesam gebackenen Ziegenfrischkäse an Feigensenf und Blattsalat, einer gebratenen Perlhuhnbrust auf Spargelrahmgemüse und Kartoffeln und einem Rhabarbersorbet mit griechischem JoghurtEspuma - alles zusammen für 30 Euro. Schon das Amuse-Gueule, Lachsforelle im Holundersud, lässt das Folgende erahnen. Wie wär's mit Saltimbocca vom fränkischen Waller auf Pfifferlingstagliatelle (16,70 Euro) oder gebackenem Spargel mit roter Currycreme (9,20 Euro)? Ein Gedicht bei unserem Besuch: die Entenbrust auf gebratenem Spargel mit Rhabarber und Gemüserösti für - im Vergleich zurückhaltende – 19,50 Euro. Das Fleisch punktgenau zubereitet, zart und mit vollem Aroma, der von Fritz Striegel jr. gerne verwendete Rhabarber in passender Symbiose und die Rösti, knusprig und mit vielfältigen Nuancen – ein Geschmackserlebnis der besonderen Art.
Für den Wein ist der Senior zuständig – mit einer gepflegten Auswahl der fränkischen Spitzenwinzer Popp aus Iphofen („Julius Echterberg“), Juliusspital aus Würzburg („Würzburger Stein“) und Sauer in Escherndorf, dazu Rotwein aus Italien, Frankreich und Kalifornien. Man kann ihn bei kompetentem Service genießen auf der Terrasse mit Weitsicht nach Erlangen, im Wintergarten oder in den holzvertäfelten Innenräumen - ein Schmuckstück fränkischer Wirtshauskultur.
Mehr Informationen über den Gasthof alter Brunnen in unserer Rubrik Essen und Trinken!
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich zuvor registrieren.
0/1000 Zeichen