Leckere Alternativen: Der Döner kriegt in Nürnberg Konkurrenz

22.1.2016, 08:00 Uhr
Leckere Alternativen: Der Döner kriegt in Nürnberg Konkurrenz

© Michael Matejka

Auf den ersten Blick unterscheidet sich Mehmet Yildirims Laden nicht von anderen türkischen Schnellrestaurants. Dennoch hebt sich von der Konkurrenz in der Gostenhofer Hauptstraße ab: Es ist das einzige Lokal, in dem sich kein Fleischspieß dreht. Ausgerechnet hier, zwischen drei der beliebtesten Kebapläden der Stadt, sagt Yildirim dem Döner den Kampf an. Und zwar mit Tantuni: würziges Kalbfleisch, das nicht am Spieß gegrillt, sondern in einer Art Wokpfanne gebrutzelt, mit gehackten Zwiebeln und Petersilie in einen Teigfladen eingerollt und mit sauren Peperoni sowie Kraut serviert wird.

Klingt simpel, ist es aber nicht: Der erfahrene Gastronom, der sich als Çorbaci Mehmet Usta (etwa: Suppenmeister Mehmet) einen Namen gemacht hat, reiste dafür an die türkische Riviera. Denn die Heimat des Gerichts ist Mersin, im Osten Antalyas: "Tantuni wurde erstmals im Schmiedeviertel von Mersin zubereitet und hat seinen Namen vom 'Dan' und 'Dun', das die Hämmer erzeugten", haben ihm Meister der Zunft erklärt. Natürlich hat er in Mersin nicht nur die Historie, sondern auch die Rezeptur des Tantuni studiert: Von der Gewürzmischung bis zum idealen Verhältnis von Fleisch zu Zwiebeln und Petersilie.

Nur die Portionsgröße musste er hier ändern: "Historisch war Tantuni ein Gericht für arme Leute", sagt er. Und weil Fleisch teuer ist, so Yildirim, war es "eher zum Probieren als zum Sattwerden" gedacht. Ein Problem, über das man sich bei ihm keine Sorgen zu machen braucht: Statt der in der Türkei üblichen 70 Gramm, packt Yildirim satte 125 Gramm Kalbfleisch in jede Teigtasche.

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Leckere Kartoffelvariationen

Auch der zweite Herausforderer des Döners residiert unweit Nürnbergs Kebap-Meile Nummer eins in Gostenhof. Seit drei Monaten kredenzen Yusuf Halistürk und seine Frau Semiha im Café Krummbeere dort die türkische Ofenkartoffel Kumpir, die es buchstäblich in sich hat. Denn die XXL-Erdäpfel, die bis zu 400 Gramm auf die Waage bringen, sind vielseitiger als man denkt. Je nach Füllung ist alles möglich - von der leichten Mahlzeit für Figurbewusste bis zur Kalorienbombe jenseits von Gut und Böse.

Letzteres ist allerdings die beliebteste Variante in der Türkei. Man nehme: eine heiße Kartoffel, zermatsche das Innere mit Butter und Käse zu Brei. Dann packe man aus bis zu drei Dutzend Zutaten, die zur Auswahl stehen - von Bohnen oder Bulgur über Peperoni und Oliven bis hin zu Würstchen und Thunfisch - alles rein, was das Herz begehrt. Obendrauf noch eine Riesenportion Ketchup und Mayo - und fertig ist der Kumpir à la Istanbul.

Von dort kommt übrigens auch Semiha Halistürk. Als überzeugter Fan der Kartoffel sorgt sie dafür, dass die türkische Extremversion als "Kumpir Klassik" originalgetreu zubereitet wird. Kalorienbewussten oder Vegetariern bietet die Karte der Eheleute aber natürlich ebenfalls mehr als genug Auswahl. "Selbst vegan, ohne Butter und Käse, schmeckt es lecker", verspricht Yusuf Halistürk.

Im Gegensatz zum Konzept stammt der Name des Fast-Food-Gerichts übrigens nicht aus Anatolien, sondern aus der Pfalz, berichtet der Gastronom. Siedler brachten die Bezeichnung "Krummbeere" für Kartoffel von dort auf den Balkan, wo sie die Türken als "Kumpir" übernahmen. Mit dem Café Krummbeere ehren Yusuf und Semiha Halistürk nicht nur diesen jahrhundertealten teutonisch-osmanischen Kulturaustausch, sondern danken den deutschen Namensgebern auch - mit leckerem Kumpir.

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"Fleischbällchen" für Vegetarier

Döner-Herausforderer Nummer drei führt mit seinem Namen zunächst in die Irre: Denn Çiðköftem, wie Ömer Kips Laden in der Südstadt heißt, bedeutet übersetzt: "Mein rohes Fleischbällchen". Trotzdem ist das Lokal bei Veganern und Vegetariern sehr beliebt. Des Rätsels Lösung? In den "Fleischbällchen" von Kip steckt statt blutrotem Tatar nur Weizengrütze. Zusammen mit Tomatenmark, gemahlenen Chilischoten sowie mehr als einem Dutzend verschiedener Kräuter und Gewürzen ergibt das eine feurig scharfe Masse, aus der Ömer Kip die länglichen Çiðköfte-Bällchen formt.

Das Originalrezept der Spezialität enthält tatsächlich Fleisch - und ist uralt, berichtet Kip: "Der Legende zufolge entstand Çiðköfte zur Zeit Abrahams in der Südosttürkei." Als der Tyrann Nimrod alles Brennholz einsammeln ließ, um einen Scheiterhaufen für den biblischen Stammvater zu errichten, blieb der Frau eines Jägers nichts anderes übrig, als das rohe Fleisch einer Gazelle zu zerkleinern und so lange mit Weizengrütze, Kräutern und Gewürzen durchzukneten, bis es schmackhaft wurde.

So schmackhaft, dass es sich bis heute im Südosten der Türkei großer Beliebtheit erfreut. Im Rest Anatoliens und in Europa hat Çiðköfte erst Fuß gefasst, als Anfang der 90er die vegetarische Variante aufkam. Vermarktet als die "gesunde Alternative" zu Döner & Co., die mit rund 200 Kalorien auf 100 Gramm vergleichsweise leicht ausfällt, sind die fleischlosen "Fleischbällchen" selbst für die Kebap-verrückten Türken der Renner.

Nach Nürnberg brachte die Delikatesse die Kette Çiðköftem, deren Franchisenehmer Ömer Kip seit fast fünf Jahren ist. Mit ihrer geheimen Gewürzrezeptur sorgt sie dafür, dass das Çiðköfte immer gut schmeckt. Egal ob traditionell mit Salatblättern, Granatapfelsoße und dünnem Lavaþbrot oder modern als Wrap oder Burger serviert. Und wie sonst an der Dönerbude üblich, heißt es übrigens auch hier: "mit scharf?" Denn die feurig-pikante Leckerei gibt es bei Kip auch für zartbesaitete Gaumen in mild.

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Belegte Hefeteigringe

Sieht man sich in den Straßen Istanbuls und Anatoliens aufmerksam um, wird man schnell feststellen, dass der Türken liebster Snack weder vom Grill noch aus der Pfanne oder vom Drehspieß stammt. Die unangefochtene Nummer eins des türkischen Fast Foods kommt aus dem Backofen und wirkt im Vergleich zu anderen Spezialitäten recht simpel. Ein Hefeteigring, übersät mit Sesam-Körnern. Doch trotz - oder gerade wegen - seiner Einfachheit ist Simit in der Türkei in aller Munde. Ob aus Zeitmangel auf dem Weg zur Arbeit - oder weil einfach gerade das nötige Kleingeld für mehr fehlt: Für Millionen Türken ersetzt der ebenso erschwingliche wie sättigende Sesamkringel, der oft von fliegenden Händlern verkauft wird, mindestens eine Mahlzeit am Tag.

Wer bei Simitçi, wörtlich: "Simitladen", in St. Leonhard speist, lernt die einstige Arme-Leute-Speise jedoch von einer anderen Seite kennen: Belegt mit Feta oder Wurst, überbacken mit einem Spiegelei oder bestrichen mit Nutella - dies sind nur einige der unzähligen Variationen, in denen der Kringel bei Oðuz Yurtalan verfügbar ist. Typisch türkisch auch die Frühstücksvariante, bei der der Simit zwar pur auf dem Teller landet, dafür aber flankiert wird von Schafskäse, Oliven sowie Tomaten - und natürlich einem Glas schwarzen Tee. Wer es deftiger mag, kann das Ganze auch mit Rührei und Knoblauchwurst bestellen.

Auch wenn der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, muss eines natürlich immer stimmen: "Das A und O ist, dass der Simit stets kross ist", so Yurtalan, "darum wird bei uns auch laufend frisch gebacken." Ein Blick in die Türkei, wo er sich das Konzept für seinen Laden abgeschaut hat, zeigt, dass der Sesamkringel großes Potenzial hat. Obwohl es das Gebäck dort an jeder Ecke zu kaufen gab, haben sich moderne Simit-Ketten etabliert, deren größte mehr als 200 Filialen im In- und Ausland zählt.

Mehr Informationen in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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