Neuer Trend: "Kitchen Parties" erobern Nürnberg

27.4.2017, 10:08 Uhr
Spitzenköche mit Discofeeling: Das ist das Konzept der "Kitchen Parties".

© Ralf Rödel Spitzenköche mit Discofeeling: Das ist das Konzept der "Kitchen Parties".

Der Koch zwirbelt die käsige Schlotze an einer Zange im Kreis: Wie den Löffel im Hexenkessel schwenkt er die langen Spaghetti wieder und wieder im Parmesanleib. Das schmatzende Geräusch der Nudeln wird vom Bass stimmungsvoller Lounge-Musik untermalt, drei weiße Kochschürzen reflektieren das Licht pinkfarbener Scheinwerfer und gelb strahlender Kochlampen. Eine Handvoll Gäste, Damen mit Lippenstift und Herren im Hemd, schauen verzückt über die Kochplatten hinweg zu, filmen und fotografieren mit dem Smartphone das Geschehen.

Es ist ein Samstagabend am Nürnberger Weinmarkt. Das Läuten der Sebaldus-Kirche vibriert klangvoll in dem hellen, modern dekorierten Raum. Die vereinzelten Holz- und Stehtische sind mit goldenen Kerzenhaltern geschmückt, minimalistische Gemälde lehnen wie zufällig an Tischen, Wänden und weiß gestrichenen Balken. Das bunte Licht einer Diskokugel tanzt durch den Raum und verteilt Farbtupfer auf der Abendgarderobe der etwa 50 Gäste.

Musik regt zum Hüftschwung an

Die Space4Brands-Eventlocation ist der Veranstaltungsort der heutigen "Kitchen Party" von Alexander Schwartz (34), der gemeinsam mit zwei Kochkollegen und seinem Team der "Sapori e Gusto Genussmanufaktur" für das leibliche Wohl verantwortlich ist.

Auf einer kleinen Empore schlagen zwei Weingläser klirrend aneinander. Die Gespräche verstummen, die Hand verharrt im Einwegglas mit getrüffeltem Popcorn. Veronica Donadoni (26), die Freundin von Alexander Schwartz, weist sich als Koordinatorin des Abends aus. "Im Zweifelsfall können Sie gerne zu mir kommen. Hier gibt es heute keine Probleme. Und wenn ja: Die Lösung ist Alkohol!", erklärt sie lachend und wird mit Jubel belohnt.

Die Veranstaltung solle sitzend beginnen und tanzend enden, heißt es weiter. Tatsächlich lädt die musikalische Untermalung sehr zum Hüftschwung ein: Richard Wolny von "Studio Wolny" ist der DJ. Er steht an seinem Macbook im Hintergrund und lockt mit Buena Vista Social Club zum Tanz, während die Vorspeise gereicht wird: Fritelle mit Parmaschinken.

"Mehr Live-Elemente in der Zukunft"

Die Pasta aus dem Parmesanleib ist kurz darauf der Zwischengang, den sich die Gäste selbst mit verschiedenen Toppings – frische Cherrytomaten, Rucola und sechs verschiedene Gewürze – krönen dürfen. Chef Alexander Schwartz berät derweil einen Familienvater, der mit Frau und drei Kindern gekommen ist, wie man Parmesan am besten lagert: "Der muss zunächst ordentlich ausgekratzt werden. Ich lagere ihn dann bei sechs Grad im Keller, so hält er sich optimal." 24 Monate sei die optimale Reifezeit für den Parmesanleib, verrät er weiter.

Der direkte Kontakt zu den Gästen und die Möglichkeit, den Köchen Marwan Skot und Robert Teto über die Schulter zu schauen – das ist die Idee hinter und das Besondere an den „Kitchen Parties“, die Alexander Schwartz und Veronica Donadoni seit etwa einem Jahr organisieren. „Meine Freundin und ich wollten neben unseren Festanstellungen in der Gastronomie etwas Besonderes, Interaktives machen“, sagt er. So reifte die Idee, Gäste aktiv am Kochevent teilhaben zu lassen.

Noch steckt das Event in den Kinderschuhen, die "Eat to the beat"-Party ist auch für die Köche ein Testlauf. "In Zukunft soll es noch mehr Live-Elemente geben", erklärt Schwartz. Die Gäste können sich den ganzen Abend frei bewegen, ihr Gericht selbst anrichten und zusammenstellen. Bei kommenden Veranstaltungen wolle man sie ermutigen, auch selbst den Kochlöffel in die Hand zu nehmen und so nach und nach mehr Aufgaben an die Gäste abgeben.

"Das habe ich erst einmal gegoogelt"

Obwohl die Location für mehr Menschen Platz bietet, soll sich an der Anzahl der Karten aber nichts ändern: Mehr als 60 Tickets werden auch in Zukunft nicht angeboten, um die Wohlfühl-Atmosphäre nicht zu stören. Tatsächlich schlendern die meisten zwischen den fünf Gängen entspannt durch den Raum, beobachten die Köche oder genehmigen sich einen Cocktail an der Bar. "Wir sind selbst Hobbyköche und erhoffen uns, den ein oder anderen Tipp abschauen zu können", erklärt ein Ehepaar gespannt vor Beginn der vierten Kocheinlage.

Viel Gelegenheit zum Abschauen gibt es allerdings nicht: Beim Hauptgang, dem "Osso Buco in Barolojus mit Kartoffel-Kürbiscreme und geschmortem Gemüse" wird lediglich letzteres vor den Augen der Gäste gebraten. "Vieles spielt sich dann doch backstage ab, aber man muss immer abwägen: Live Kochen bedeutet letztlich auch Geruchsbelästigung", erklärt Alexander Schwartz. Und so entschloss sich das "Sapori e Gusto"-Team kurzfristig, einige Arbeitsschritte in die abgetrennte Küche zu verlagern, anstatt zum Beispiel die Fritelle vor den Augen aller zu frittieren. Und man lernt auch so allerlei: "Ich wusste nicht, was Osso buco ist, also habe ich das erst einmal gegoogelt," erklärt eine blonde Frau am hintersten Tisch ihren Freundinnen – alle in schicker Abendgarderobe.

In Zukunft wolle man die Gäste zu noch mehr Interaktion animieren und ihnen die Scheu nehmen. Und das beginnt noch am selben Abend: Die Veranstalter setzen sich nach dem Dessert zu ihren Gästen an den Tisch, verabschieden nach fünf Stunden Event Jeden persönlich und fragen direkt nach, was noch besser werden kann. Tanzstimmung will nicht so richtig aufkommen, wohl ein "Akkustikproblem", resümiert Alexander Schwartz im Nachgang.

Am Samstag, 24. Juni, um 19.30 Uhr steigt die nächste "Kitchen Party" in der Eventlocation Space4Brands, Weinmarkt 4, Nürnberg. Das Motto ist dann "Summer Feelings" mit sommerlich-maritimer Küche. Karten für 59 Euro pro Person und Information unter www.sapori-gusto.de.

Verwandte Themen


Keine Kommentare