Neues Leben in Ottensooser Wirtshaus "Rotes Ross"

6.9.2013, 20:17 Uhr
Neues Leben in Ottensooser Wirtshaus

© Buchner-Freiberger

Wilhelm G. Hadam und Eva Schneider-Menzel haben hier nach fast einem Jahr Umbauarbeiten ihre Vision verwirklicht – ein Café samt Laden mit viel Raum für Kunst.

Es war für die Ottensooser ein Schock, als im „Roten Ross“ im Frühjahr 2011 die Lichter ausgingen. Über Jahrzehnte hatte man sich hier den sonntäglichen Schweinebraten schmecken lassen, im Saal wurden Hochzeiten gefeiert und der Gesangverein traf sich zur Probe – und zum Bier danach. Wilhelm G. Hadam und seine Geschäftspartnerin hoffen, dass das „Rote Haus“ auch künftig wieder ein Treffpunkt für alle Ottensooser wird, genauso wie für Ausflügler oder Kunstliebhaber aus dem nahen Nürnberg.

Die beiden haben das Anwesen aus dem Jahr 1492 gekauft und umgebaut. „6000 Stunden Eigenleistung stecken hier drin“, erzählt Hadam sichtlich stolz. Mühsam haben er und Eva Schneider-Menzel etwa die Kunstharzversiegelung des alten Fußbodens abgekratzt, alle 60 Fenster wurden ausgetauscht, Rohre ausgewechselt und die Fassade erhielt einen neuen Anstrich.

Neu gestaltet

„Erhaltenswertes haben wir erhalten, aber neu gestaltet“, erklärt Hadam. Zum Beispiel das Mobiliar. Die Tische und Stühle im Gastraum stammen zum Teil aus dem „Roten Ross“, wurden aber ganz individuell „aufgehübscht“. Jede Tischplatte ziert ein anderes Muster, an der Decke baumeln ausgefallene Lampen. Kerzenständer, Skulpturen, Bilder und Foto-Collagen sorgen für ein Ambiente weit entfernt vom minimalistischen Designer-Café. Im hinteren Teil ist ein orientalischer Tee-Salon entstanden. „Wir wollten keine Standard-Einrichtung, sondern unseren ganz eigenen Stil“, sagt der 58-jährige Hadam.

Neues Leben in Ottensooser Wirtshaus

© Buchner-Freiberger

Serviert werden hier zwei wechselnde Tagesgerichte, außerdem hausgemachte (Pfann)-Kuchen, Kaffee, verschiedenste Tees, heimische Biere, aber auch eine kleine, feine Auswahl an Weinen und Whiskey. Hadam und Schneider-Menzel legen Wert darauf, dass das Essen frisch zubereitet wird und die Produkte größtenteils aus der Region stammen. Eva Schneider-Wenzel ist gelernte Konditorin und bringt unter anderem als ehemalige Betreiberin des „Café Sagenhaft“ in Brunn viel Gastronomieerfahrung mit.

Restauration und Laden

Zweites Standbein ist Eva Schneider-Menzels Laden „Anders und mehr“, der bisher in der Laufer Burggasse beheimatet war und jetzt in den zweiten ehemaligen Gastraum umgezogen ist. Hier findet man Geschenk­ideen, aber auch ausgefallene Kleidung oder Taschen. Restauration und Verkauf gehen quasi fließend ineinander über, denn (fast) alles, was die Gäste sehen, können sie auch erstehen: die Bilder an den Wänden genauso wie so manches Möbelstück oder die Teekannen.

Nach einem Motorrad-Unfall Ende der 90-er Jahre musste der studierte Maschinenbauingenieur Wilhelm G. Hadam beruflich umsatteln, ließ sich zum Kunsttherapeuten ausbilden und machte gleichzeitig sein Hobby, die Malerei, zum Nebenberuf. Lange betrieb er in der Laufer Spitalgasse eine Galerie. Jetzt ist der ehemalige Saal im Obergeschoss, den Hadam und Schneider-Menzel scherzhaft als ihr „Wohnzimmer“ bezeichnen, Atelier und Werkstatt. Hier restaurieren und erfinden sie Kleinmöbel neu, hier ist Platz für Hadams Malerei und die Fotografien von Eva Schneider-Menzel. Denn das „Rote Haus“ will in jeder Hinsicht Raum für Kreativität bieten.

Zeit für die Kunst

Und weil beide eben noch Zeit für die Kunst haben wollen, ist das „Rote Haus“ vorerst nur wochentags (außer montags) von 9 bis 18 Uhr (freitags bis 22 Uhr) geöffnet, außerdem jeden zweiten Sonntag im Monat. „Aber für Vereine oder Geburtstagsfeiern würden wir nach Absprache abends länger aufmachen“, verspricht Hadam. Gesellschaften mit bis zu 40 Personen können bewirtet werden, außerdem will man mit einem monatlichen Sonntagsbrunch, Lesungen oder Vernissagen Gäste gewinnen.

Hohe Investition

Denn trotz der „entspannten Urlaubsatmosphäre“, die sie ihren Gästen bieten möchte, trotz der philosophischen Zeilen an der Wand, müssen die neuen Betreiber mit dem „Roten Haus“ freilich vor allem Geld verdienen. Wie viel sie investiert haben? Darüber möchte Wilhelm G. Hadam nur ungern reden, ein mittlerer sechsstelliger Betrag sei es gewesen.

Und wegen hoher Auflagen verzögerte sich dann auch noch der geplante Eröffnungstermin um mehrere Monate. Brandschutztüren mussten eingebaut und fehlende Genehmigungen abgewartet werden, eventuell droht noch ein Lärmgutachten. „Nachkarteln“ will Hadam nicht, die Verantwortlichen im Landratsamt hätten ihnen ja nicht absichtlich Steine in den Weg gelegt, „aber manche Auflagen sind für den Normalbürger schwer nachvollziehbar“.

„Feuer und Flamme“

Bei allen Schwierigkeiten stand es für beide nie zur Debatte, die Brocken hinzuwerfen, räumt Hadam mit Gerüchten im Ort auf. Und schließlich sei ihnen die Gemeinde Ottensoos sehr entgegengekommen. Er und Eva Schneider-Menzel sind Feuer und Flamme fürs „Rote Haus“ und hoffen, dass ihr Mut belohnt wird – auch ohne den Sonntags-Schweinebraten. Kunst trifft Kaffee: Auf der Terrasse in der Ottensooser Dorfmitte kann man sich nun wieder niederlassen.

Mehr Informationen über das Rote Haus in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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