"Steckerles-Eis" gibt sich hip und selbstbewusst

9.7.2015, 08:04 Uhr

© Anestis Aslanidis

Beim Eis am Stiel findet sich jeder wieder. Die Generation der über 40-Jährigen, die mit Caretta und Nucki Nuss, Bum Bum und Big Sandwich aufgewachsen ist. Oder die Kinder von 2015, die nach Calippo und Flutschfinger gieren. Einen Vorteil hat das oft abschätzig genannte „Wassereis“: Es ist kalorienärmer als die Kugel Vanille oder Schokolade. Und es ist einfach erfrischender, finden die Brüder Long und Duc Dang sowie ihr Kumpel Janagen Jeyalingam aus Fürth.

Die Idee, ein eigenes Eis am Stiel herzustellen, entstand vor rund einem Jahr beim Cocktail-Trinken. Warum nicht eine Piña Colada einfrieren und sich als erfrischendes Eis auf der Zunge zergehen lassen, fragten sich die drei jungen Männer. Und wollten dann ein richtig leckeres Eis am Stiel hinkriegen. Mit viel Frucht. „Wir essen alle drei sehr gerne Obst“, sagt Long Dang (22). Die Eltern der Jungs, die einen großen Asia-Lebensmittelhandel besitzen, stellten ihnen die frühere Mitarbeiterküche als Labor zur Verfügung. Und das Abenteuer Eis konnte beginnen. Beim ersten Streetfood Markt im „Parks“ feierten sie ihre Premiere mit „Popletas“. Der Name ist eine Mischung aus Eis-„Pop“ und Paletas, wie Fruchteis in Mexiko heißt.

Lange Tradition

Das „Steckerles-Eis“ hat in Nürnberg eine lange Tradition. Vor genau 80 Jahren schleckte der damals 18-jährige Theo Schöller aus Nürnberg an einem Eis am Stiel. Derart fasziniert, gründete er 1937 mit seinem Bruder Karl das Unternehmen Schöller in Nürnberg, kurze Zeit später produzierte und verpackte die Firma bis zu 15 000 Stück am Tag in Handarbeit. Zunächst in Lizenz für das Münchner Unternehmen Jopa. Ab 1960 verkaufte Theo Schöller sein Eis unter seinem eigenen Namen. 2002 übernahm Nestlé die Firma. Bum Bum und Co. werden seit 2007 nicht mehr in Nürnberg, sondern nur noch im Werk in Uelzen produziert.

© Stefan Hippel

„Wildes Eis am Stiel“, das will „Laloa! Icepops“ aus Nürnberg sein. Hinter der Firma stecken die Agentur toc.designstudio und Patissier Jens Brockerhof, einer der Inhaber des Catering-Unternehmens „El Paradiso“. Seine Bewährungsprobe bestand das handgemachte Bio-Eis in fünf Sorten bereits in der „Blauen Nacht“. Jetzt wollen Tanja und Jan Wittman, Torsten Haardt von toc.designstudio und Brockerhof den Rest Nürnbergs rocken. Auch bei „Laloa!“ kommen weder böse Zusatzstoffe noch Chemie ins „Steckerles-Eis“. Dafür viel Frucht in raffinierten Schichtungen. Bei „BIO erleben“ vom 17. bis zum 19. Juli kann man dann „Bio Jogi Pflaume“ aus Joghurt, Pflaume, Estragon und Aronia oder „Bio Lemon Berry“ (Zitrone, Erdbeere, Minze) auf dem Nürnberger Hauptmarkt testen.

„Like Ice in the Sunshine“ – in den 80er Jahren kannte diesen Song wohl jeder. Heuer feiert Langnese 80. Geburtstag und Heino vertonte das Lied zum Jubiläum neu. Die Erfolgsgeschichte der Konkurrenz begann ebenfalls 1935. Der Hamburger Karl Seyfehrt brachte damals das erste Eis am Stiel als „Eislolli“ auf den Markt. Es folgten die bekannten Klassiker wie Capri, Nogger oder Dolomiti. Pro Jahr werden heute im Langnese Eiswerk in Heppenheim fast 752 Millionen Eis-stiele verarbeitet.

© Langnese

Verschiedene Geschmäcker

„Kaktus und Twister“, sagen die Jungs von „Popletas“. Das seien die Eissorten ihrer Kindheit. „Und Wassereis für zehn Cent“, fügt Janagen Jeyalingam hinzu. Grün, rot, orange in verschiedenen Geschmackssorten und vermutlich mit ordentlich Farbstoffen. Genau die sucht man im „Popletas“-Eis vergebens. Nur pure Frucht, Wasser, Kräuter, Schokolade oder Vanille kommen in die Eismaschine.

Besonders Frauen stehen auf die kalorienarmen, fruchtigen Sorten wie Erdbeere, Melone-Minze, oder Blutorange-Basilikum, sagen die Inhaber. Festlegen wollen sich die drei nicht: „Wenn wir eine tolle Frucht sehen, die uns interessiert, dann greifen wir zu und fangen an zu experimentieren.“

Das mexikanische Eis war auch für „Laloa!“ Ideengeber. 300 Rezepte hat Brockerhof mittlerweile zusammen, eine „Cocktail-Linie“ könnte entstehen, so der Mann von „El Paradiso“, der mit Bum Bum aufgewachsen ist. In den (Bio-)Handel sollen die Icepops ebenfalls kommen, vermutlich 2016. „Wichtig ist uns aber auch die Nachhaltigkeit“, betont Tanja Wittmann. Die Folie, in die das Eis verpackt wird, ist kompostierbar.

80 Stück gleichzeitig

Die Jungs von „Popletas“ fertigten ihr Eis zunächst per Hand und mit Hilfe einer Gefriertruhe. Jetzt besitzen sie eine Eismaschine, in der sich 80 Stück gleichzeitig herunterkühlen lassen. Dann wird das „Steckerles-Eis“ eingetütet und die Tüte verschweißt. Anschließend kommt es in die Tiefkühltruhe. 500 Stück stellen sie in der Regel her, um sie zum Beispiel am heute stattfindenden „Streetfood Markt“ im Nürnberger Parks zu verkaufen. Das bedeutet, Nachtschichten einzulegen. Seit kurzem ist „Popletas“ auch im „Hot Tacos“ erhältlich.

In den 50er Jahren stieg der Eisverbrauch pro Kopf in Deutschland von 0,15 auf 0,9 Liter. Heute produziert Langnese jährlich 170 Millionen Liter, jeder Deutsche schleckt sich durch fast acht Liter Speiseeis. Eisessen macht eben glücklich. Das beweist auch der sogenannte „Gusto Faziale Reflex“.

Heute reicht das nicht mehr. Die Kleinen sollen auch gleich noch etwas zum Spielen finden können: In den Stiel von „Music Tornado“ mit Vanille- und Zuckerwattegeschmack ist eine Pfeife eingebaut, mit der Eltern in den Wahnsinn getrieben werden können. Aber auch „Nogger dir einen“ trifft immer noch den Kindergeschmack wie den der Eltern-Generation, die in Erinnerungen schwelgt. An die Zeit, als Nogger noch eine Mark kostete.

Mit welchem „Steckerles-Eis“ sind Sie groß geworden? Erzählen Sie uns Ihre Sommer-Eis-Geschichte! Bitte schreiben Sie uns eine Mail an gastro@pressenetz.de mit dem Stichwort „Lieblingseisund stimmen Sie für Ihr Lieblingseis hier ab.

Eisdielen in der Region finden Sie hier.

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