Von Stammgästen, Traditionen und Hausmannskost

20.10.2013, 16:00 Uhr
Von Stammgästen, Traditionen und Hausmannskost

© Hans-Joachim Winckler

Mittagszeit in Fürth. Wohin, wenn der Hunger plagt? Robert Bauernfeind hat eine Entscheidung getroffen. Der 57-Jährige wartet im Innenhof des „Stadtwappens“ auf ein frisch zubereitetes Karpfenfilet mit Kartoffelsalat: „Das ist für meine Mutter, ich werde es ihr gleich bringen.“ Er lobt: „Der Karpfen ist hier gigantisch, der Salat auch selbst gemacht und phantastisch.“

Hausmannskost, die längst nicht mehr selbstverständlich auf Speisekarten zu finden ist, schätzt er und sieht kritisch auf „die zahlreichen Filialisten“, die es mittlerweile in der Stadt gibt: „Heute trauen sich nicht mehr so viele an die traditionellen Gerichte.“

Von Stammgästen, Traditionen und Hausmannskost

© Hans-Joachim Winckler

Viele Jahre war Bauernfeind mit seinem Bettenwaren-Fachgeschäft am Königsplatz ein direkter Nachbar von Maria Brunners „Öchsla“, das vor Kurzem geschlossen hat. „Natürlich bedauere ich das“, sagt er. Ein Tipp fürs Weggehen in Fürth? „Selbstverständlich die Gustavstraße, mir gefällt’s dort. Das ‚Schlössla‘ ist auch gut, da werden noch original regionale Gerichte hochgehalten. Eine der schönsten Kneipen ist für mich das ,Landbierparadies‘.“

Die milden Nachmittagstemperaturen genießt Gerda Tessner bei einem Glas Bier vor dem „Schlawiner“: „Ich sitze gerne hier“, sagt die 69-Jährige, „da habe ich das Rathaus im Blick und da hinten geht später die Sonne unter.“

„Man kennt sich“

Von Stammgästen, Traditionen und Hausmannskost

© Hans-Joachim Winckler

Sie ist mit dem Fahrrad aus Nürnberg gekommen. Eine Tour, die sie regelmäßig macht, um fit zu bleiben. Mit Fürth verbinden Gerda Tessner viele Erinnerungen: „Ich war Tänzerin, fast 13 Jahre lang hier am Theater.“ Nach der Vorstellung sei man regelmäßig in einer Kneipe eingekehrt, „da gingen die Schauspieler immer hin, und dort im Keller war eine Disko. Da wurde dann weiter getanzt“.

Ihren Beruf hat sie geliebt: „Russisch und Ungarisch waren meine besten Tänze – ich würde es heute noch genauso machen, wenn ich könnte.“ Ein ebenso klares Plädoyer hält sie für die Fürther Kneipenkultur bereit: „Das muss sein, allein wegen der Kommunikation. Und außerdem ist doch jeder Wirt ein halber Psychoanalytiker.“

„Man muss einfach etwas haben, wo man hingehen kann“, so definiert es auch Ralf Linn. Der 25-Jährige ist Student, genau wie sein Zwillingsbruder Matthias: „Wir mögen zum Beispiel die ,Kaffeebohne‘ in der Gustavstraße, das ,Irish Cottage‘ am Waagplatz oder die ,Kleine Welt‘ in der Königstraße.“

Von Stammgästen, Traditionen und Hausmannskost

© Hans-Joachim Winckler

Die Vorteile einer Stammkneipe liegen klar auf der Hand. „Man kennt meist viele Leute dort, auch die Kellner. Deshalb muss man sich nicht unbedingt groß verabreden, sondern trifft wahrscheinlich immer jemanden, mit dem man sich unterhalten kann“, sagt Matthias.

Peter Frank hat sich schon vor ziemlich langer Zeit entschieden: „Ich bin seit bestimmt 20 Jahren Stammgast in der ,Kaffeebohne‘“, verrät der 70-Jährige, der sich es eben dort gerade mit seiner Zeitung niedergelassen hat. Viele Jahre war er als Standesbeamter tätig; wenn er nach getaner Arbeit den Paaren „so viel Glück gewünscht hatte, wie die Kleeblätter auf den Rückenlehnen der Stühle im Standesamt verheißen“, dann ging er nicht selten am Freitag rasch noch in „die Bohne“.

Mit Anzug und Krawatte sei er da vielleicht etwas aufgefallen. „Ein Problem war das aber nie.“ Seinen Stammplatz hat er nach wie vor im sogenannten „Nichtraucherzimmer“, auch wenn längst natürlich jeglicher Qualm komplett aus sämtlichen Räumen verbannt ist.

Zu Kneipen traditionelleren Zuschnitts, sagt Frank, habe er eigentlich nie einen Bezug gehabt. Aus gutem Grund: „In meinen Augen waren das stets eher so eine Art Wohnzimmer für ältere Herrschaften. Hier treffen sich dagegen alle Altersgruppen.“ Genau das sei aber doch das Wichtigste, wenn man auf einen Kaffee, ein Bier oder was auch immer einkehrt: „Miteinander ins Gespräch zu kommen, mit allen Generationen, das zählt.“

Mehr Informationen in unserer Rubrik Essen und Trinken!

Verwandte Themen


2 Kommentare