Schilder im Altenhof sind ihr Geld nicht wert

2.1.2017, 20:20 Uhr
Schilder im Altenhof sind ihr Geld nicht wert

© Foto: Wolfgang Fellner

Weiße, viereckige Schilder warnen: „Hier gilt rechts vor links“. Aufgehängt in der Mussinanstraße im Altenhof, aber das Geld nicht wert, das die Stadt für sie zahlten musste. Denn da diese von der Straßenbehörde, also der Verwaltung im Rathaus, angebrachten Schilder nicht im Katalog der Verkehrszeichen vorhanden sind, haben sie auch keine rechtlich bindende Wirkung.

Dasselbe gilt für die Stichstraßen: Schon im erstinstanzlichen Urteil in Neumarkt hatte der Richter geurteilt, dass diese nicht gleichberechtigt der Mussinanstraße, sondern ihr als untergeordnet anzusehen seien. Das sei perfekt geurteilt, heißt es nun im Urteil zweiter Instanz, schließlich handle es sich „um einen anderen Straßenteil“, abgetrennt durch eine durchlaufende Entwässerungsrinne und einen abgesenkten Bordstein.

Heißt: Im Altenhof sind alle Stichstraßen untergeordnet, eigentlich gilt an keiner Rechts-vor-Links. Denn alle sind abgepflastert, erschließen über Stichstraßen Häuserreihen neben der eigentlichen Erschließungsstraße. Anders, heißt es im Urteil zweiter Instanz, sei das bei der Gerhart-Hauptmann-Straße. Da zieht sich auch die Asphaltdecke durch.

Doch zum konkreten Fall: Ein Neumarkter war frühmorgens, als die Sonne im Winter tief stand, auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Er rollte aus der Stichstraße im Altenhof, in der er wohnt, langsam Richtung Mussinanstraße, wollte einbiegen. Rechts vor links heißt es hier, er hatte also Vorfahrt. Eigentlich. Der Mann rollte also Richtung Kreuzung, sah von links ein Auto kommen, wusste, er hat Vorfahrt.

Langsamer geworden

Er musste auch nicht davon ausgehen, dass ihm der andere nicht die Vorfahrt gewährt, denn der wurde langsamer. Angehalten hat er trotzdem nicht und als der junge Mann einbog, krachte ihm der andere Pkw in die Seite. Der Schaden lag unter 3000 Euro, nix Tragisches also, die Versicherung zahlt das, dachte man.

Tat sie aber nicht. Deshalb kam es zu einem Zivilprozess, in dem der junge Mann die Wiedergutmachung des Schadens forderte. Vor Gericht räumte der Unfallgegner sogar ein, dass er wusste, dass hier im Altenhof rechts vor links gilt. Er habe seinen Unfallkontrahenten wegen der tiefstehenden Sonne, die blendete, allerdings nicht gesehen. Und sei weiter gerollt. Das alles half dem jungen Mann aber nichts. Er habe eine Schuld von 60:40 Prozent, urteilte der Richter nach einer Ortsbegehung (wir berichteten).

Die Berufungskammer, die einen weiteren Gang durch die Instanzen ausschloss, hat die Rechtsauffassung der untergeordneten Instanz bestätigt, aber das Schuldverhältnis verschoben. Die Rechtslage sei das eine, die Realität vor Ort das andere. Heißt: Der Autofahrer, der in das Auto des jungen Mannes krachte, hätte auch dessen Verhalten beobachten und einschätzen müssen. Schließlich sei auch ihm bekannt gewesen, dass, wenn auch justiziabel falsch, jeder meinte, hier gelte rechts vor links. Also senkte das Landgericht die Schuldverteilung von 60:40 zu Lasten des jungen Mannes auf 50:50 für beide Beteiligten ab.

Konkreter Fall

Welche Auswirkungen das Urteil auf die Rechtslage im Altenhof haben wird? „Die Kammer sieht sich auch nicht dazu berufen, Entscheidungen der örtlichen Straßenverkehrsbehörde in Frage zu stellen oder Lösungsvorschläge anzubieten“, heißt es diesbezüglich im Urteil. Aber: Die Kammer sieht sich aufgrund des Sachverhaltes „ausnahmsweise veranlasst, darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Entscheidung nur für den konkret zu entscheidenden Verkehrsunfall maßgeblich ist“. Die Bewertung betreffe nur die ganz konkrete Unfallstelle und „nicht ohne weiteres die zahlreichen weiteren Abzweigungen der Mussinanstraße (oder gar der diese kreuzenden Gerhart-Hauptmann-Straße oder des Johann-Mois-Rings)“.

Viele Einmündungen bleiben also, an denen es scheppern kann. Mit ungewissem Ausgang. Außer die Kommune schafft eine rechtsverbindliche Lösung – die auch vor Gericht Bestand hat. Die momentane Situation hat es jedenfalls nicht.

Keine Kommentare