Karlsgraben: Forschung bestätigt Geschichtsbücher

23.1.2018, 13:50 Uhr
Karlsgraben: Forschung bestätigt Geschichtsbücher

© Patrick Shaw

Die Frage, ob der his­torische Vorläufer des Main-Donau-Kanals fertiggestellt wurde und von Schiffen befahrbar war, werde seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert, sagt Isa Lange von der Universität Hildesheim. Ein Forscherteam aus Leipzig, Hildesheim, Jena, Kiel, Berlin und München kann nun belegen, dass verschiedene Teile des Kanals tatsächlich nicht vollendet wurden.

Die drei Kilometer lange Rinne zwischen Altmühl und Schwäbischer Rezat, einem Nebenfluss des Mains, war in den Jahren 792 und 793 auf Initiative Karls des Großen (747-814) ausgehoben worden. Nur durch den Anschluss des Karlsgrabens an die Altmühl im Einzugsgebiet der Donau wäre der Kanal befahrbar gewesen, erklärt Lange.

Die im renommierten Fachmagazin „Quaternary International“ publizierte Studie zeigt nun unter anderem, dass sich der Flussverlauf der Altmühl seit der Zeit der Karolinger nur geringfügig verändert hat. Auf einer Strecke von etwa 700 Metern zwischen den nachweisbaren Resten des Kanals im Treuchtlinger Ortsteil Graben und der Altmühl gibt es jedoch keinerlei Spuren eines schiffbaren Kanals.

Den Forschern gelang der Nachweis dafür mit modernen geophysikalischen, archäologischen und physisch-geografischen Untersuchungen. Das Team um Professor Dr. André Kirchner von der Universität Hildesheim, Professor Dr. Christoph Zielhofer von der Universität Leipzig und Dr. Lukas Werther von der Universität Jena kommt daher zu dem Schluss, „dass der Bau in diesem Bereich unvollendet blieb“. Allerdings wurden Boote damals an manchen Stellen auch auf Rollen über Land gezogen.

Das historische Bauprojekt sei „in seinen Dimensionen mit modernen Großprojekten wie dem Panama-Kanal oder dem Berliner Flughafen vergleichbar“, sagt Isa Lange. Es gilt daher als eine der bemerkenswertes­ten Ingenieurleistungen des Frühmittelalters. Erst mehr als 1000 Jahre später, im 19. Jahrhundert, sei es gelungen, „mit dem Ludwig-Donau-Main-Kanal die Idee Karls des Großen erfolgreich zu Ende zu bringen“.

Karlsgraben: Forschung bestätigt Geschichtsbücher

© Lukas Werther, Universität Jena

Straßenbau alarmierte die Experten

Anlass für die neuerlichen Untersuchungen war unter anderem der Bau der Ortsumgehung von Dettenheim. Die damalige These war, dass der Straßendamm von Dettenheim nach Treuchtlingen noch aus karolingischer Zeit stamme. Angeblich sollte hier Wasser für den Karlsgraben gestaut werden. Doch die „Rettungsgrabungen“ vor Beginn des Straßenbaus stützten diese Theorie nicht.

Immerhin konnten sich die Wissenschaftler überzeugen, dass der Karlsgraben als Kanal für die Ewigkeit konzipiert war. Mehrere zehntausend Eichenbohlen waren in den Grund gerammt worden, um das Bauwerk zu stabilisieren. Spannend ist, dass die Naturwissenschaft exakt die überlieferten Berichte bestätigt: Die Eichen wurden in den Jahren 792 und 793 gefällt.

Darüber hatte unter anderem der Biograph Karls des Großen, der fränkische Adelige Einhard, in den nach ihm benannten „Einhards-Annalen“ geschrieben. Seinem Bericht zufolge soll sich Kaiser Karl selbst auf die Baustelle begeben haben. Einhard kannte sich mit dem Bauen aus. So leitete er die Errichtung etlicher Bauwerke für den Kaiser, darunter die Brücke zu Mainz, die Pfalzen in Ingelheim und Aachen sowie die Pfalzkapelle in Aachen. Wie die Fossa Carolina künden auch diese Gebäude von einigem Ingenieursgeschick im frühen Mittelalter.

Die Forschungsarbeiten am Karlsgraben werden laut den beteiligten Universitäten auch in diesem Jahr fortgesetzt, um noch weitere offene Fragen zu beantworten.

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