Lebende Bücher beim Erlanger Poetenfest

7.8.2014, 12:05 Uhr
Lebende Bücher beim Erlanger Poetenfest

© Stadtbibliothek

Einen Menschen ausleihen - quasi per Katalog? Wissenserwerb durch ein persönliches Gespräch anstelle von Lesen? Genau diese Idee steht hinter "Living Library". In der kleinen Broschüre, die die Stadtbibliothek derzeit bereits verteilt, liest sich das so: "In der Lebenden Bibliothek begegnen Sie Menschen mit ungewöhnlichen Lebensläufen, die Außergewöhnliches zu erzählen haben."

Eine junge Frau mit Down-Syndrom, eine Rollstuhlfahrerin, eine Flüchtlingsfrau, ein Straßenkreuzer-Verkäufer, ein alkoholkranker Mensch, das jüngste Stadtratsmitglied, eine Schriftstellerin, eine zum Islam übergetretene Frau: Diese Menschen lassen sich am Samstag, 30. August, zwischen 15 und 17 Uhr für ein Gespräch in gemütlicher Atmosphäre im Schlossgarten "ausleihen".

Lebende Bücher beim Erlanger Poetenfest

© Aleksandra Pawloff

Olga Martynova, Gewinnerin des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs und 2012 als Autorin beim Poetenfest zu Gast, ist diesmal eines der "lebenden Bücher". Genauso wie Grit Nickel. Sie ist die zum Islam übergetretene Frau. Die stellvertretende Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaft Erlangen und muslimische Vertreterin der christlich-islamischen Arbeitsgemeinschaft bringt bereits Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr mit.

"Das ist eine so einfache und so tolle Idee", sagt sie. Da sei sofort klar gewesen, dass sie wieder mitmache. Kurze und sehr intensive Gespräche seien das beim letzten Mal gewesen. "Ausgeliehen“ worden sei sie von "Menschen mit sehr gutem Hintergrundwissen, die wirklich etwas lernen wollten: Wie ich es im Alltag ausgestalte, als Muslimin zu leben. Wie man überhaupt glauben kann. Wie es ist, das Kopftuch zu tragen.“

"Viele Menschen wissen gar nicht, wie sie in Kontakt treten können“, glaubt Grit Nickel. Das Interesse sei aber vorhanden, sie sei jedenfalls ausgebucht gewesen. "Man kann Fragen stellen zu Themen, die meistens tabuisiert werden“, erklärt Stadtbibliotheksmitarbeiterin Susann Wagner das zugkräftige Konzept. "Hier kann ganz offiziell zum Thema gemacht werden, wozu die Leute sich sonst nicht fragen trauen.“

Beim letzten Poetenfest seien auf diese Art sehr berührende Gespräche zustande gekommen – und so manches "Buch" war ausgebucht.

Interessierte können sich für die Gespräche am besten bereits vorab bei der Stadtbibliothek, Telefon (0 91 31) 86 22 82, anmelden.

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