Sprünge von Mauern: Reuther trainiert Parkour

8.5.2018, 05:58 Uhr
Sprünge von Mauern: Reuther trainiert Parkour

© Foto: Roland Huber

Er steht mit durchgestreckten Beinen auf dem Vorsprung, hat den Kopf nach unten geneigt, die Augen geschlossen. Ein Moment höchster Konzentration. Dann richtet er sich auf, streckt die Arme nach hinten aus, geht mit geradem Rücken in die Knie und setzt zum Sprung an – alles in Bruchteilen von Sekunden. Er gleitet durch die Luft und landet kurz darauf auf der Treppe gegenüber. "Viele denken, dass man sich beim Parkour die Gelenke kaputt macht, aber es ist genau die Kunst, so zu springen, dass es möglichst schonend ist", sagt Christoph Erdmann aus Reuth.

Im Vietnamkrieg entwickelt

Der 22-Jährige betreibt seit fünf Jahren den Trendsport, hat sich dabei aber noch nie ernsthaft verletzt. "Schürfwunden oder mal eine Handgelenkprellung gehören dazu, aber eigentlich ist es ein sehr bewusster Sport", meint er. Schließlich wage er nur Sprünge und Kombinationen, die er sich zutraue. Täglich trainiert er Muskelkraft und Ausdauer, die beide gleichermaßen zum Einsatz kommen.

Parkour stammt aus Frankreich und wird auch als Kunst der Fortbewegung bezeichnet. Ein junger Soldat entwickelte im Vietnamkrieg diese Form der Fortbewegung, um besonders schnell vor Feinden zu fliehen und brachte diese Methode seinem Sohn, David Belle, bei. Dieser entwickelte sie in einem Pariser Vorort weiter und machte die Sportart bekannt.

"Ich habe Videos von ihm gesehen, war total beeindruckt und habe dann einfach angefangen", erzählt Erdmann. Bei Parkour könne man klein anfangen, zunächst Sprünge über geringere Distanzen wagen und sich dann immer mehr steigern.

Keine Gebühr, kein Equipment nötig

"Das Schöne ist, dass man nichts braucht, um anzufangen. Man zahlt keine Gebühr, braucht kein Equipment, nicht mal besondere Sportbekleidung. Normale, bequeme Kleidung und Turnschuhe reichen", sagt der 22-Jährige, der in Reuth und Forchheim trainiert, aber auch in Nürnberg oder München.

Durch Parkour verändere sich vor allem die eigene Perspektive, sagt Christoph Erdmann: "Forchheim nehme ich nun ganz anders wahr, weil ich darauf schaue, wo Mauern, Treppen und so weiter sind. Die Umgebung gibt ja die Möglichkeiten vor." Es gehe darum, Distanzen zwischen Hindernissen abzuschätzen. Erst mit Erfahrung erkenne man, welche baulichen Elemente sich verbinden lassen. Dabei müssen sich die Sportler fragen: Liegen Glasscherben, Blätter oder Staub auf dem Boden, die eine Landung gefährden? Wo kann ich mich gut abrollen?

Über Facebook verabredet

"Ich bin immer auf der Suche nach neuen Plätzen", sagt der Reuther. Dabei tauscht er sich viel mit anderen aus. Er verabredet sich über Facebook-Gruppen mit Parkour-Fans aus Nürnberg und Umgebung. "Ich wollte schon mal eine Gruppe für Forchheim gründen, aber da gab es nicht genug Interessierte."

Dabei hat sich die Parkour-Szene bereits verändert, seit sich der Sport mehr und mehr etabliert hat. "Am Anfang ging es vor allem um schnelle Fortbewegung. Inzwischen ist es auch üblich, Salti oder andere akrobatische Elemente einzubauen", so Erdmann. In größeren Städten gibt es bereits Parkour-Parks, in denen man trainieren kann - auch in Nürnberg. "Ich habe auch schon einen Workshop mit Schülern in Erlangen gehalten. Das Angebot wird noch wachsen." Gerade bei Jugendlichen sei Parkour hilfreich, die Konzentration zu trainieren, findet er.

Wenn der 22-Jährige unterwegs ist, sorgt das für staunende Blicke. "Viele Kinder sind begeistert und fragen nach Tipps und Erwachsene sagen, dass sie das auch gerne können würden." Allerdings erlebt er ebenso das Gegenteil und das bis hin zu Anfeindungen.

Mit der Polizei gedroht

"Manche drohen damit, die Polizei zu rufen, dabei bewege ich mich auf öffentlichen Plätzen und tue nichts Verbotenes." Außerdem achte er auf seine Umgebung, Parkour sei nur ein Sport. "Einmal meinte jemand, setzt euch doch lieber in eine Ecke und betrinkt euch wie andere Jugendliche. Das fand ich schon traurig", so Erdmann.

Das halte ihn aber nicht davon ab weiterzumachen. "Toll für Parkour ist auch die Fränkische Schweiz mit ihren Felsen und Flüssen", sagt der gelernte Industriemechaniker. Das sei ideal, um eine Slackline aufzuspannen und darauf zu balancieren, in Flüssen zu schwimmen oder auf Bäumen zu klettern. "Parkour ist auch ein bisschen wieder Kind sein, man ist mit Freunden draußen in der Natur, jongliert, bewegt sich und kann alles machen, was einem Spaß macht."

1 Kommentar