Desi(nfektionsanstalt) Nürnberg: Vom Dampfkessel zur Discokugel

31.7.2017, 05:55 Uhr
Wer den Namen Desi hört, denkt vielleicht zuerst an Partys, Konzerte, nette Filmabende, Kneipenbesuche und Lesungen. Das bald 40 Jahre alte Stadtteilzentrum ist aus Johannis gar nicht mehr wegzudenken. Bevor die Desi 1978 eröffnet wurde, wurde das Gelände in der Brückenstraße seit 1884 über 90 Jahre lang als Desinfektionsanstalt genutzt.
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Wer den Namen Desi hört, denkt vielleicht zuerst an Partys, Konzerte, nette Filmabende, Kneipenbesuche und Lesungen. Das bald 40 Jahre alte Stadtteilzentrum ist aus Johannis gar nicht mehr wegzudenken. Bevor die Desi 1978 eröffnet wurde, wurde das Gelände in der Brückenstraße seit 1884 über 90 Jahre lang als Desinfektionsanstalt genutzt. © Lyra Firmenarchiv

Nötig wurde Desinfektionsanstalt infolge einer staatlichen Verordnung von 1883 "über Maßregeln gegen die Verbreitung der asiatischen Cholera, etwa der Desinfektion von Kleidungsstücken und Gegenständen infizierter Personen, sowie Choleraepidemien unter anderem in Südfrankreich", wie im Nürnberger Stadtlexikon zu lesen ist. Das Aufgabenspektrum umfasste auch die Desinfektion von Wohnungen und Einrichtungsgegenständen von Menschen, die an Pocken, Typhus oder Tuberkulose litten.
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Nötig wurde Desinfektionsanstalt infolge einer staatlichen Verordnung von 1883 "über Maßregeln gegen die Verbreitung der asiatischen Cholera, etwa der Desinfektion von Kleidungsstücken und Gegenständen infizierter Personen, sowie Choleraepidemien unter anderem in Südfrankreich", wie im Nürnberger Stadtlexikon zu lesen ist. Das Aufgabenspektrum umfasste auch die Desinfektion von Wohnungen und Einrichtungsgegenständen von Menschen, die an Pocken, Typhus oder Tuberkulose litten. © NN / Rudolf Contino

Eine bis ins kleinste ausgeklügelte Dampfanlage konnte mit ihren Ventilen bequem von einem Mann in der Anstalt bedient werden, wie diese Archiv-Aufnahme aus den 50er Jahren zeigt.
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Eine bis ins kleinste ausgeklügelte Dampfanlage konnte mit ihren Ventilen bequem von einem Mann in der Anstalt bedient werden, wie diese Archiv-Aufnahme aus den 50er Jahren zeigt. © NN / Friedl Ulrich

Bei normalem Betrieb wurden täglich acht bis zehn Kessel gefüllt. In 28 Minuten war der gesamt Inhalt desinfiziert.
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Bei normalem Betrieb wurden täglich acht bis zehn Kessel gefüllt. In 28 Minuten war der gesamt Inhalt desinfiziert. © NN / Friedl Ulrich

Hier rücken die Beschäftigten der Nürnberger Desinfektionsanstalt mit neuen Kesseln Krankheitserregern und Ungeziefer zu Leibe.
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Hier rücken die Beschäftigten der Nürnberger Desinfektionsanstalt mit neuen Kesseln Krankheitserregern und Ungeziefer zu Leibe. © Ulrich/Gerardi

Interessant sieht die Vorrichtung zur Läusebekämpfung auf dem Kopf des Mannes allemal aus.
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Interessant sieht die Vorrichtung zur Läusebekämpfung auf dem Kopf des Mannes allemal aus. © NN / Wilhelm Bauer

Mit den Jahren verbesserte sich die Hygiene, die Desinfektionsanstalt wurde überflüssig und 1976 geschlossen. Bereits zwei Jahre später wurde an selber Stelle ein selbstverwaltetes Stadtteilzentrum eröffnet. Die Entscheidung war keinesfalls unumstritten. Während eine Gruppe eine soziokulturelle Begegnungsstätte einrichten wollte, plädierten andere dafür, den Johannisfriedhof auszuweiten. Letztlich machte die Idee, in den Stadtteilen ein Netz von Kulturläden zu etablieren, auch auf Betreiben des damaligen Nürnberger Kulturreferenten Hermann Glaser das Rennen.
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Mit den Jahren verbesserte sich die Hygiene, die Desinfektionsanstalt wurde überflüssig und 1976 geschlossen. Bereits zwei Jahre später wurde an selber Stelle ein selbstverwaltetes Stadtteilzentrum eröffnet. Die Entscheidung war keinesfalls unumstritten. Während eine Gruppe eine soziokulturelle Begegnungsstätte einrichten wollte, plädierten andere dafür, den Johannisfriedhof auszuweiten. Letztlich machte die Idee, in den Stadtteilen ein Netz von Kulturläden zu etablieren, auch auf Betreiben des damaligen Nürnberger Kulturreferenten Hermann Glaser das Rennen. © NN / Herbert Voll

Politik spielte von Anfang an eine wichtige Rolle. Viele Jahre engagierten sich in der Desi die Grauen Panther. Von hier aus organisierte die Bürgerinitiative gegen Atomanlagen den Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. 1986 formierte sich die Initiative Freie Flüchtlingsstadt Nürnberg. Gleichzeitig war die Desi immer auch ein Treffpunkt für kulturelle Zwecke - oder ein gemütliches Beisammensein. Dieses Foto zeigt Besucher beim gemeinsamen Fußballschauen des WM-Halbfinals 1990 zwischen Deutschland und Enland in Italien.
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Politik spielte von Anfang an eine wichtige Rolle. Viele Jahre engagierten sich in der Desi die Grauen Panther. Von hier aus organisierte die Bürgerinitiative gegen Atomanlagen den Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. 1986 formierte sich die Initiative Freie Flüchtlingsstadt Nürnberg. Gleichzeitig war die Desi immer auch ein Treffpunkt für kulturelle Zwecke - oder ein gemütliches Beisammensein. Dieses Foto zeigt Besucher beim gemeinsamen Fußballschauen des WM-Halbfinals 1990 zwischen Deutschland und Enland in Italien. © Eduard Weigert

Heute besteht das Desi-Team aus rund 50 ehrenamtlichen und vier hauptamtlichen Mitarbeitern, die je 25 Stunden pro Woche vor Ort sind. Unser Foto zeigt von links Christian Kröber, Ulrike Voß, Frank Seibet, Sabine Limmer und Barbara Hofmann. Der logistische Aufwand für die zahlreichen Veranstaltungen und Gruppentreffen ist groß, nicht selten ist Improvisation gefragt. "Wir müssen immer alles von A nach B räumen“, sagt Barbara Hofmann, die für die Jugendkulturarbeit zuständig ist.
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Heute besteht das Desi-Team aus rund 50 ehrenamtlichen und vier hauptamtlichen Mitarbeitern, die je 25 Stunden pro Woche vor Ort sind. Unser Foto zeigt von links Christian Kröber, Ulrike Voß, Frank Seibet, Sabine Limmer und Barbara Hofmann. Der logistische Aufwand für die zahlreichen Veranstaltungen und Gruppentreffen ist groß, nicht selten ist Improvisation gefragt. "Wir müssen immer alles von A nach B räumen“, sagt Barbara Hofmann, die für die Jugendkulturarbeit zuständig ist. © Eduard Weigert

Wenn es nicht gerade schüttet, lassen sich viele Besucher gerne im gemütlichen Biergarten nieder, der vom ausgegliederten Kneipenkollektiv bewirtet wird.
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Wenn es nicht gerade schüttet, lassen sich viele Besucher gerne im gemütlichen Biergarten nieder, der vom ausgegliederten Kneipenkollektiv bewirtet wird. © Eduard Weigert

Steril und nüchtern war gestern: Die meisten Wände sind heute voll von Graffiti-Motiven. Ihren Charme bezieht die Desi auch daher, dass die Ehrenamtlichen regelmäßig selbst nach ihren Vorstellungen renovieren.
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Steril und nüchtern war gestern: Die meisten Wände sind heute voll von Graffiti-Motiven. Ihren Charme bezieht die Desi auch daher, dass die Ehrenamtlichen regelmäßig selbst nach ihren Vorstellungen renovieren. © Eduard Weigert

Partys finden in der Desi ebenso regelmäßig statt...
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Partys finden in der Desi ebenso regelmäßig statt... © Eduard Weigert

...wie politische Diskussionen, Lesungen und Konzerte.
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...wie politische Diskussionen, Lesungen und Konzerte. © Eduard Weigert

Ein Höhepunkt im Veranstaltungskalender der Desi ist das SommerNachtFilmFestival in der Freiluftarena. In dieser Aufnahme durften die Zuschauer Klassiker der Filmmusik erraten.
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Ein Höhepunkt im Veranstaltungskalender der Desi ist das SommerNachtFilmFestival in der Freiluftarena. In dieser Aufnahme durften die Zuschauer Klassiker der Filmmusik erraten. © Eduard Weigert

Kaum ist ein Themenabend zu Ende, heißt es, alles für den nächsten Programmpunkt herzurichten. Je nach Anlass dient ein Gruppenraum schon mal als Backstage-Bereich bei Konzerten, als Garderobe oder Beratungszimmer. Anfragen neuer Gruppen gibt es zuhauf, doch die Räumlichkeiten auf dem Gelände sind begrenzt. Das gilt auch für die Fahrradwerkstatt, in der Hobby-Schrauber Von April bis Oktober jeden Mittwoch von 18 bis 20 Uhr ihr Rad selbst reparieren oder sich Hilfe von Experten holen können.
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Kaum ist ein Themenabend zu Ende, heißt es, alles für den nächsten Programmpunkt herzurichten. Je nach Anlass dient ein Gruppenraum schon mal als Backstage-Bereich bei Konzerten, als Garderobe oder Beratungszimmer. Anfragen neuer Gruppen gibt es zuhauf, doch die Räumlichkeiten auf dem Gelände sind begrenzt. Das gilt auch für die Fahrradwerkstatt, in der Hobby-Schrauber Von April bis Oktober jeden Mittwoch von 18 bis 20 Uhr ihr Rad selbst reparieren oder sich Hilfe von Experten holen können. © Eduard Weigert

Auch im Abstellraum herrscht immer wieder Platzmangel. Verlängerungskabel und Werkzeugkisten lagern hier in friedlicher Koexistenz neben Disco-Kugeln.
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Auch im Abstellraum herrscht immer wieder Platzmangel. Verlängerungskabel und Werkzeugkisten lagern hier in friedlicher Koexistenz neben Disco-Kugeln. © Eduard Weigert

Immerhin hat sich die Toilettensituation ein wenig entspannt. Mussten die Besucher früher erst in die Desi hinein, um austreten zu können, sind die Toiletten heute problemlos von außen zugänglich. Im nächsten Jahr feiert die Desi ihr 40-jähriges Bestehen. Man darf gespannt sein, was sich das Team zum Jubiläum für seine Gäste alles überlegt.
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Immerhin hat sich die Toilettensituation ein wenig entspannt. Mussten die Besucher früher erst in die Desi hinein, um austreten zu können, sind die Toiletten heute problemlos von außen zugänglich. Im nächsten Jahr feiert die Desi ihr 40-jähriges Bestehen. Man darf gespannt sein, was sich das Team zum Jubiläum für seine Gäste alles überlegt. © Eduard Weigert

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