Streik-Barometer: "Wachsende Wut" auf GDL-Chef

8.11.2014, 15:51 Uhr
Streik-Barometer:

© Matthias Stiel

Am Nürnberger Hauptbahnhof war die Lage am frühen Samstagnachmittag entspannt. Die meisten Reisenden hatten sich offenbar frühzeitig über ihre Zugverbindungen informiert oder sind auf andere Verkehrsmittel umgestiegen. "Wer nicht zwingend muss, verzichtet derzeit auf die Bahn", hieß es bei einer Autovermietung. Auch die Mitarbeiter des Reinigungsservice im Bahnhof verbuchten weniger Müll in den Papierkörben als einem normalen Samstag. Zwar seien "weniger Leute da, aber einen wirklichen Unterschied macht das für uns nicht. Denn die Gänge müssen so oder so saubergemacht werden, egal wie viele Menschen drüberlaufen", sagte Herr Murat vom Reinigungsdienst. Auch beim Bäcker wurden weniger Brötchen verkauft als üblich, zu tun gab es trotzdem noch genug, freute sich eine Verkäuferin auf den bevorstehenden Feierabend.

Sich selbst in der Verantwortung sah sich E. Murena, der auf einem verlassenen Bahnsteig seine Tasche packte: "Ich war zu spät dran und habe den Zug verpasst, jetzt muss ich den Bus nehmen, hoffentlich fährt einer." Der junge Mann pendelt täglich mit der S-Bahn nach Nürnberg, am Donnerstag und Freitag fuhr er aufgrund des Streiks im Auto eines Arbeitskollegen mit.

Auf Verwunderung stieß der Bahnstreik bei dem Österreicher A. Rauter, der auf der Durchfahrt nach Würzburg am Nürnberger Bahnhof Station machte. "Ich glaube in Österreich gab es den letzten Bahnstreik vor etwa zehn Jahren, aber der war nicht so lang." Auf die Frage was man in Deutschland schlechter und in Österreich besser machte, antwortete er lediglich mit einem diplomatischen Lächeln. Aber wenigstens die Informationspolitik scheint hierzulande zu stimmen, denn Herr Rauter hatte sich bereits am Freitagabend auf der Homepage der Bahn über seine Verbindungen informiert und bis Nürnberg fuhr alles, wie angekündigt.

Streik-Barometer:

© Matthias Stiel

"Dummes Gesicht"

Herr Preuschoww war ebenfalls zuversichtlich, dass sein Zug noch fahren würde. Und wenn nicht? "Dann mache ich ein dummes Gesicht." Mit wachsendem Zorn betrachtet er die "Arroganz und Selbstgerechtigkeit" von GDL-Chef Claus Weselsky. "Das kostet jeden Tag Milliarden, das sind 1000 Millionen, für die persönliche Befriedigung eines Einzelnen. Arbeitnehmerrechte sind zwar ein hohes Gut, aber dass muss auch Grenzen haben." Mit Hinblick auf die Versöhnungsgeste von Weselsky den Bahnstreik früher als geplant zu beenden sagte Preuschoww resigniert: "Das dauert nicht mehr lang, dann streiken die wieder".

Versöhnlichere Töne wurden bei einer Autovermietung im Bahnhofsgebäude angeschlagen. Selbst wer am Samstag kurzfristig vorbeischauen würde, hätte noch die Chance auf ein Gefährt, meinte eine Mitarbeiterin. Gleichzeitig wies sie auf die Schwankungen seit Beginn des Streikes hin: "Mal waren wir ausgebucht, mal nicht. Insgesamt war aber schon zu merken, dass deutlich mehr los war." Unter den Kunden der letzten Tage seien sehr viele gewesen, die sonst Bahn gefahren wären. Vermehrt würden Autos auch zusätzlich zum vorhandenen Bahnticket gebucht. "Wenn der Zug dann fährt, können unsere Kunden kostenlos noch am gleichen Tag stornieren, das ist so üblich in der Branche und wird gern genutzt".

Die Auswirkungen des Streiks werden aller Vorraussicht nach auch am Sonntag noch zu spüren sein. Die Deutsche Bahn rät, sich entweder unter der kostenlosen Servicenummer 08000 / 99 66 33 oder im Internet unter www.bahn.de zu informieren. Die wichtigsten Informationen zu den Ersatz­fahrplänen der einzelnen Regionalver­kehrsstrecken finden Sie hier.

Ebenfalls haben wir für Sie mögliche Alternativen zur Bahn zusammengestellt und erklären, wie Sie im Fall der Fälle den Ticketpreis zurückbekommen.

 

Verwandte Themen


7 Kommentare