Tiergarten-Hotel: Flüchtlinge kommen - aber viel später

1.10.2017, 05:25 Uhr
Tiergarten-Hotel: Flüchtlinge kommen - aber viel später

© Foto: Eduard Weigert

"Ich halte das Haus für die Unterbringung von Müttern mit Kindern für ungeeignet", betont Sozialreferent Reiner Prölß. Da hätte es bessere Objekte gegeben. Lage und Infrastruktur seien problematisch. "Es gibt dort in der näheren und weiteren Umgebung weder genug Plätze in Kindertagesstätten noch in den Schulen", fährt er fort. Auch fehle es an Einkaufsmöglichkeiten. "Das Gebäude ist nicht barrierefrei und verfügt bei sechs Etagen über keinen Aufzug." Zudem sei mit Blick auf den Verteilungsschlüssel die Zahl der Flüchtlinge in Nürnberg - die derzeit bei rund 7000 liegt - bereits überschritten, merkt er an.

Tiergarten-Hotel: Flüchtlinge kommen - aber viel später

© Stadtarchiv Nürnberg

Die Stadt wurde bei den aktuellen Planungen nicht wirklich mit einbezogen. "Das Jugendamt weiß ja nichts: Wie viele Kinder nun kommen, welches Alter sie haben ... Wie sollen wir da vernünftig planen?", kritisiert der Sozialreferent. Da die Kindergärten in der näheren Umgebung alle voll belegt sind, werde das Jugendamt – wie auch in anderen Unterkünften – zumindest an drei Tagen die Woche eine Spielgruppe installieren, so Prölß. Aus diesem Grund hat Ende August auf Initiative des Jugendamtes eine Begehung stattgefunden. Auch der Allgemeine Sozialdienst (ASD) der Stadt war mit von der Partie, um sich vor Ort ein Bild über mögliche Schutzkonzepte und Jugendhilfeaufgaben zu machen.

Wie berichtet, sollen in dem früheren Hotel am Schmausenbuck vor allem alleinstehende Frauen und Mütter, dazu auch Familien, Schutz finden – deshalb ist mit entsprechend vielen Kindern in dem Asylheim zu rechnen. "Die genaue Zusammensetzung des Personenkreises und auch die Nationalitäten sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt, da er sich aus den dann aktuellen Zugängen der Zentralen Aufnahmeeinrichtung Zirndorf kurzfristig ergeben wird", informiert Karin Christ, Pressebeauftragte der Regierung von Mittelfranken.

Tag der offenen Tür geplant

Die Rede ist von rund 120 Asylbewerbern. Vor ihrer Ankunft soll für interessierte Bürger "zeitnah" ein Tag der offenen Tür stattfinden, kündigt Christ an. Mit Blick auf die geäußerten Bedenken der Stadt wiegelt die Pressesprecherin ab: "Der nächstgelegene Kindergarten ist in einem Kilometer Entfernung. Die Grund- und Mittelschule ist 1,9 Kilometer entfernt und mit der Straßenbahn gut erreichbar." Und Regierungspräsident Thomas Bauer spricht von einer "guten und konstruktiven Zusammenarbeit mit der Stadt".

Der genaue Zeitpunkt, wann die Gemeinschaftsunterkunft nun ihren Betrieb aufnimmt, ist noch offen. Das hängt nicht zuletzt von der Sozialbetreuung ab. Pressesprecherin Christ dazu: "Die Rummelsberger Diakonie hat ihre Bereitschaft zur Übernahme der Asylsozialberatung in der neuen Gemeinschaftsunterkunft bereits erklärt. Wir gehen davon aus, das frühestens ab Ende Oktober eine Belegung erfolgen kann." Weiter heißt es: "Die Regierung von Mittelfranken wird in bewährter Weise sobald als möglich die Stadt Nürnberg von dem genauen Zeitpunkt der Belegung informieren."

Ursprünglich war mal der September im Gespräch - und so läuft bereits seit vier Wochen die Suche nach neuen Mitstreiterinnen für den Helferkreis. Das ehemalige Hotel ist die zweite Einrichtung im Stadtteil. Beim Helferkreis "Mögeldorf hilft" sind bereits viele Ehrenamtliche im Viertel bei der Asylbewerberunterkunft für junge Männer in der Rettystraße aktiv. "Wir werden versuchen, die Aufgabe mit unseren 15 Aktiven zu stemmen. Aber je mehr Leute, desto besser", sagt Koordinator Rainer Wölzlein.

Über die Homepage www.moegeldorf-hilft.de und das Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de haben sich mittlerweile zehn Frauen für die neue Einrichtung gemeldet. Wölzlein ergänzt: "Erfahrungsgemäß werden Helfer für Deutschunterricht, Kinderbetreuung, Behördengänge, gemeinsame Ausflüge sowie vermutlich als Einkaufshilfe benötigt." Das wird dann noch zu klären sein.

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