Zweite Chance am Herd

3.8.2012, 07:59 Uhr
Zweite Chance am Herd

© Michael Matejka

Marcus Pregler putzt, schrubbt und poliert bis auch die letzte Edelstahloberfläche glänzt. Der 50-Jährige kniet sich dabei mit einem Elan in die Arbeit, dass man meinen könnte, sein Chef springt jeden Augenblick ums Eck, um den Raum zu inspizieren. Doch weit gefehlt: In der Küche des ehemaligen Wirtshauses der Kleingartenkolonie „Stiller Winkel“ in Sündersbühl, ist Pregler der Einzige, der sagt wo es lang geht.

Anfang diesen Jahres haben der 50-jährige Koch und sein Partner Stefan Boos die seit drei Jahren verwaiste Gartenlaube übernommen. Seitdem sind sie schwer damit beschäftigt, das Bauwerk aus den späten sechziger Jahren zeitgemäß aufzumöbeln. Mit Erfolg: Der Gästebereich, in dem einst vergilbtes, unbehandeltes Kiefernholz, altmodisches Wirtshausmobiliar und ein scheußlicher Kachelboden das Auge schmerzten, ist nicht mehr wiederzuerkennen.

Der frische Design-Mix aus hellgrau und weiß lackierten Decken und Wänden, Massivholztischen, schlichten Stühlen und einer Ledersesselgruppe, die sich um einen stattlichen Baumstumpf scharen, schaffen eine Atmosphäre wie in einem finnischen Landhaus: schlicht und elegant, kühl und gemütlich zugleich.

Neben einer beweglichen Bar im Ikea-Stil haben Boos und Pregler noch einen mächtigen Schwedenofen aufgestellt, der nicht nur das skandinavische Flair abrundet, sondern auch dafür sorgt, dass es die bis zu 50 Gäste der Hütte selbst im tiefsten Winter wohlig warm haben.

„Im Sommer bieten wir nochmal viele Plätze in unserem Außenbereich“, sagt Boos und deutet aus dem Fenster auf die große Gartenterrasse die von Obstbäumen gesäumt wird. Ein grünes Idyll, das bei den Kunden gut ankommt. „Bis jetzt hat jede Veranstaltung hier auch zu einer Folgebuchung geführt“, freut sich Pregler.

Zweite Chance am Herd

© Michael Matejka

Ein Grund dafür dürfte neben dem gelungenen Ambiente sicher der erschwingliche Buchungspreis von nur 200 Euro pro Wochenende sein. Ein anderer die gute Erreichbarkeit: Frankenschnellweg und Jansenbrücke sind nur drei Minuten entfernt „und Parkplätze“ sagt Boos, „gibt es hier ohne Ende“. Und die U-Bahn-Haltestelle Maximilianstraße ist zu Fuß bequem in einer Viertelstunde erreichbar.

Wer das Partyhäuschen mit professioneller Gastroküche mieten will, um seine Feiergäste selbst zu bekochen ist als Kunde ebenso gern gesehen, wie jemand, der den All-Inclusive-Service mit Verpflegung nach Wahl bucht: Von der Kalten Platte, über das vegetarische Drei-Gänge-Menü bis hin zur opulenten Festtafel gibt es nichts, mit dem Marcus Pregler und seine „Männer am Herd“ nicht dienen können.

Außer vielleicht eines: Vorproduzierte Ware aus der Tiefkühlkiste. Egal ob Fingerfood oder Suppe: Was nicht selbst frisch zubereitet wird, kommt nicht auf den Tisch. „Wenn ich nach dem Motto ,Geiz ist Geil‘ die Billigschiene fahre, muss ich mindestens einen Beteiligten bescheißen“, wettert der 50-Jährige, „entweder den Lieferanten, den Kunden oder eben meinen Mitarbeiter“.

Neue Perspektiven

Und gerade letztere sind der Grund, warum Pregler und das Unternehmen überhaupt gegründet haben. Bei „Männer am Herd“ wollen sie denjenigen eine berufliche Perspektive bieten, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen haben. Langzeitarbeitslose, Jugendliche, die wegen schlechter oder fehlender Abschlüsse keine Lehrstelle finden, kurz gesagt allen, die es aus irgendwelchen Gründen schwer haben.

„Das ist keine Qualifizierungsmaßnahme, bei der man nach einem Jahr ein Stück Papier in der Hand hält.“, stellt Marcus Pregler klar. Er bietet, eine dreijährige Ausbildung zum Koch. Der „Deal“, der die Kandidaten erwartet: „Sie akzeptieren die geringe Ausbildungsvergütung in dieser Branche und können dafür bei uns richtig viel lernen.“

Schon aus diesem Grund kommt Fertigkost für den erfahrenen Koch, der in SterneKüchen ebenso gearbeitet hat, wie Familien-Gaststätten, in Großkantinen und Autobahnraststätten, nicht in Frage. „Ein Party-Essen für 70 Leute bereite ich in zwei Tagen vor, mit Tiefkühlkost dauert es eine Stunde. Aber die Azubis sollen Kochen lernen und nicht das Aufwärmen.“ Eine Verbundausbildung mit Kooperationspartnern stellt sicher, dass die Lehrlinge verschiedene Facetten ihres Jobs kennenlernen.

Das Händchen für „Menschen mit erhöhtem Frustpotenzial“ (Boos) bringt Sozialpädagoge Boos ebenso mit wie Pregler. Schließlich hat der schon einmal ein Catering-Projekt mit Ein-Euro-Kräften geleitet oder eine Veranstaltungsküche für 6000 Menschen aus dem Boden gestampft, die er nur mit Freiwilligen betrieb. Davon, dass sein Motivationstalent auch „Männer am Herd“ bewegt , ist Marcus Pregler so überzeugt, dass in seinem Unternehmen keine Fördermittel, sondern ausschließlich 30000Euro eigenes Geld stecken, das Pregler, irgendwann wiederzusehen hofft.

Mehr Informationen über Männer am Herd in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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