Die Szene ist im Blick: Der 19. Oktober 2016 und was danach geschah:

19.10.2018, 06:00 Uhr
Die Szene ist im Blick: Der 19. Oktober 2016 und was danach geschah:

© NN-Archiv

Angefangen hat damals alles mit einer Anordnung des Amtes für öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt Roth: Die Kreisbehörde wollte Wolfgang P. kontrollieren, weil es Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Besitz von Schusswaffen gab. Das verwaltungsrechtliche Verfahren zur Überprüfung von Waffenbesitzern, das gegebenenfalls mit der Entziehung einer Waffenbesitz-Erlaubnis endet, "würde man heute nicht anders machen als damals", erklärt Marco Eckerlein, der das Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt leitet. 

Im Vergleich zum Jahr 2016 hat sich aber durchaus etwas gravierendes geändert: Wer heute einen Waffenschein beantragt, wird genauer durchleuchtet als früher: "Wir überprüfen standardmäßig, ob dagegen Bedenken bestehen, zum Beispiel wegen Gewaltbereitschaft, Vorstrafen oder einem Alkoholproblem des Antragstellers", so Eckerlein. Die Behörde achtet dabei nicht nur auf Gedankengut der Reichsbürger-Bewegung: "Es gibt ja auch andere Personengruppen, bei denen wir Bedenken haben, zum Beispiel politische oder religiöse Extremisten."

Details werden nicht genannt

"Uns war die Reichsbürger-Szene auch schon vor Georgensgmünd bekannt und wir hatten die im Blick", sagt Dieter Hegwein, Leiter des Sachgebiets Staatsschutz beim Polizeipräsidium Mittelfranken. Nach den Schüssen vom 19. Oktober 2016 auf Polizeibeamte "haben wir genau wie alle Polizeibehörden in Bayern eine intensive Aufklärung der Szene der ,Reichsbürger und Selbstverwalter‘ betrieben", erklärt Hegwein weiter.

Man habe in Zusammenarbeit mit anderen Behörden wie etwa kommunalen Ordnungs-, Pass- und Einwohnermeldeämtern, der Justiz und dem Landesamt für Verfassungsschutz einen stetigen Informationsaustausch organisiert: Alle diese Behörden können sich bei einer zentralen Ansprechstelle melden, etwa wenn jemand einen Bescheid, eine Gebührenforderung oder ein Gerichtsurteil mit Verweis darauf ablehnt, dass es die Bundesrepublik Deutschland gar nicht gäbe oder die Behörden keinerlei Legitimation hätten.

Beamte wurden sensibilisiert

In enger Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes Bayern führe man eine Liste: Wer im Verdacht steht, der Reichsbürger-Szene anzugehören, wird darin verzeichnet. Diese Liste wird etwa immer dann wichtig, so Hegwein, wenn die Polizei zu einem Einsatz fährt: Die Beamten können so rechtzeitig vorher wissen, dass sie womöglich von einem Anhänger der Reichsbürger-Ideologie erwartet werden.

"Wir haben unsere Beamten auch für den Umgang mit Reichsbürgern sensibilisiert. Details dazu können wir aus einsatztaktischen Gründen aber nicht nennen." Logisch, denn sobald die Strategie der Polizei für solche Fälle öffentlich bekannt werden würde, müsste sie sich eine neue ausdenken. In Mittelfranken seien in den vergangenen zwei Jahren 86 Personen ermittelt worden, die im Verdacht standen, Reichsbürger zu sein, und gleichzeitig als Waffenbesitzer registriert waren. Davon gelten nach Auskunft von Hegwein 83 Fälle als erledigt: Die Betroffenen hätten entweder glaubhaft nachweisen können, keine Reichsbürger zu sein, oder sie hätten ihre Waffen bei den Behörden abgegeben, nachweislich an unverdächtige Dritte verkauft oder unbrauchbar gemacht. In einzelnen Fällen habe man die Waffen samt der Waffenbesitzerlaubnis auch einziehen müssen, so Hegwein. In den verbliebenen drei Fällen laufen die Verfahren noch.