Ja oder nein? Das Referendum polarisiert die Türken in Nürnberg

28.3.2017, 21:16 Uhr
"Ich stimme mit Nein, weil sich unter der AKP-Regierung der Stellenwert der Frauen in der Gesellschaft stark verschlechtert hat. Als Frau und Mutter muss ich mitansehen, wie die Gewalt gegen Frauen von Tag zu Tag zunimmt. Selbst Kinder, Jugendliche und junge Mädchen leiden. Ganz zu schweigen von Atheisten, Homosexuellen und allen, die nicht so denken und leben wie sie. Ich werde aber auch deswegen "Nein" sagen, weil sie andersgläubigen Kindern in der Schule sunnitischen Religionsunterricht aufzwingen und keine Pressefreiheit zulassen. Selbst die Justiz hängt an den Lippen eines einzigen Mannes. Weil sie letztlich auch die Republik abschaffen wollen, sage ich "Nein" zu diesem Referendum und zur Diktatur in das es zwangsläufig führen würde."
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Özden Aysin, 37, Medizinische Fachangestellte

"Ich stimme mit Nein, weil sich unter der AKP-Regierung der Stellenwert der Frauen in der Gesellschaft stark verschlechtert hat. Als Frau und Mutter muss ich mitansehen, wie die Gewalt gegen Frauen von Tag zu Tag zunimmt. Selbst Kinder, Jugendliche und junge Mädchen leiden. Ganz zu schweigen von Atheisten, Homosexuellen und allen, die nicht so denken und leben wie sie. Ich werde aber auch deswegen "Nein" sagen, weil sie andersgläubigen Kindern in der Schule sunnitischen Religionsunterricht aufzwingen und keine Pressefreiheit zulassen. Selbst die Justiz hängt an den Lippen eines einzigen Mannes. Weil sie letztlich auch die Republik abschaffen wollen, sage ich "Nein" zu diesem Referendum und zur Diktatur in das es zwangsläufig führen würde." © privat

Ich stimme mit "Nein", weil die demokratischen Standards in der Türkei schon heute nicht eingehalten werden. Menschenrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung werden von Tag zu Tag stärker eingeschränkt. Durch die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen würde eine einzelne Person noch mehr Macht erhalten. Die Demokratie und die Menschenrechte in der Türkei bringt das sicher nicht weiter. Im Gegenteil. Daher halte ich es in dieser Frage wie Friedrich Wilhelm Nietzsche und sage: "Nein allem, was schwach macht, -erschöpft."
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Elif Mese, 38, Künstlerin, Theaterpädagogin

Ich stimme mit "Nein", weil die demokratischen Standards in der Türkei schon heute nicht eingehalten werden. Menschenrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung werden von Tag zu Tag stärker eingeschränkt. Durch die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen würde eine einzelne Person noch mehr Macht erhalten. Die Demokratie und die Menschenrechte in der Türkei bringt das sicher nicht weiter. Im Gegenteil. Daher halte ich es in dieser Frage wie Friedrich Wilhelm Nietzsche und sage: "Nein allem, was schwach macht, -erschöpft." © privat

Ich sage "Nein", weil ich nicht will, dass Exekutive, Legislative und Ge­richtsbarkeit in der Hand eines einzigen Mannes liegen. Bereits heute werden oppositionelle Akademiker, Künstler, Politi­ker und Journalisten willkür­lich weggesperrt und Aleviten wie auch andere Konfessionen in ihrer Religionsausübung ein­geschränkt. Hier in Deutsch­land dagegen können wir ge­mäß unserem Glauben und un­serer Identität leben, genießen Meinungsfreiheit und alle ande­ren demokratischen Rechte un­eingeschränkt. Dass ausgerech­net die Türkei, die selbst immer mehr Züge des Dritten Reichs annimmt, nun Deutschland als Nazis beschimpft ist unfassbar. Wer für Demokratie, eine aufge­klärte Zukunft, Säkularismus und Meinungsfreiheit ist, muss einfach ,Nein‘ zu einem Ein-Mann-Regime sagen.
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Ibrahim Altunkaymak, 41, Vorsitzender Alevitisches Kulturzentrum

Ich sage "Nein", weil ich nicht will, dass Exekutive, Legislative und Ge­richtsbarkeit in der Hand eines einzigen Mannes liegen. Bereits heute werden oppositionelle Akademiker, Künstler, Politi­ker und Journalisten willkür­lich weggesperrt und Aleviten wie auch andere Konfessionen in ihrer Religionsausübung ein­geschränkt. Hier in Deutsch­land dagegen können wir ge­mäß unserem Glauben und un­serer Identität leben, genießen Meinungsfreiheit und alle ande­ren demokratischen Rechte un­eingeschränkt. Dass ausgerech­net die Türkei, die selbst immer mehr Züge des Dritten Reichs annimmt, nun Deutschland als Nazis beschimpft ist unfassbar. Wer für Demokratie, eine aufge­klärte Zukunft, Säkularismus und Meinungsfreiheit ist, muss einfach ,Nein‘ zu einem Ein-Mann-Regime sagen. © privat

Ich sage "Nein", weil ich die vorgeschlagenen Änderungen alle genau durchgelesen habe und weiß, dass das endgültige Aus für die Demokratie in der Türkei bedeutet. Von der ist jetzt schon nicht mehr viel übrig: Die Regierung protestiert zwar lautstark gegen Holland, weil sie dort keinen Wahlkampf betreiben durfte, auf der anderen Seite hindern sie in der Türkei tagtäglich Menschen, die gegen das Präsidialsystem sind, daran ihre Meinung öffentlich kundzutun oder zu demonstrieren. Die wenigen kritischen Medien, die noch übrig sind, berichten immer wieder über Verhaftungen. Menschen wie ich, die die Verfassungsänderung ablehnen, werden vom Präsidenten immer wieder als Terroristen beschimpft. Ich bin aber kein Terrorist, sondern Regierungsgegner und werde beim Referendumdeswegen erst recht "Nein" sagen.
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Ayhan Karaoglan, 52, Döner-Imbiss-Betreiber

Ich sage "Nein", weil ich die vorgeschlagenen Änderungen alle genau durchgelesen habe und weiß, dass das endgültige Aus für die Demokratie in der Türkei bedeutet. Von der ist jetzt schon nicht mehr viel übrig: Die Regierung protestiert zwar lautstark gegen Holland, weil sie dort keinen Wahlkampf betreiben durfte, auf der anderen Seite hindern sie in der Türkei tagtäglich Menschen, die gegen das Präsidialsystem sind, daran ihre Meinung öffentlich kundzutun oder zu demonstrieren. Die wenigen kritischen Medien, die noch übrig sind, berichten immer wieder über Verhaftungen. Menschen wie ich, die die Verfassungsänderung ablehnen, werden vom Präsidenten immer wieder als Terroristen beschimpft. Ich bin aber kein Terrorist, sondern Regierungsgegner und werde beim Referendumdeswegen erst recht "Nein" sagen. © privat

Ich sage "Ja", weil ich mit der Arbeit unserer Regierung hochzufrie­den bin. Sie hat nicht nur die Infrastruktur des Landes und das Gesundheitssystem moder­nisiert. Sie hat auch — was mir als gläubige Muslimin sehr wichtig ist — dafür gesorgt, dass Frauen mit Kopftuch end­lich genauso frei und gleichbe­rechtigt am öffentlichen Leben teilhaben können wie Minirock-Trägerinnen. Durch das ,Ja‘ zur Verfassungsänderung kön­nen wir auch ein für alle Mal verhindern, dass politische Lagerkämpfe das Land wieder lähmen, wie es vor der AKP-Regierung jahrzehntelang an der Tagesordnung war.
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Niahl Tirso, 48, Kunstmalerin

Ich sage "Ja", weil ich mit der Arbeit unserer Regierung hochzufrie­den bin. Sie hat nicht nur die Infrastruktur des Landes und das Gesundheitssystem moder­nisiert. Sie hat auch — was mir als gläubige Muslimin sehr wichtig ist — dafür gesorgt, dass Frauen mit Kopftuch end­lich genauso frei und gleichbe­rechtigt am öffentlichen Leben teilhaben können wie Minirock-Trägerinnen. Durch das ,Ja‘ zur Verfassungsänderung kön­nen wir auch ein für alle Mal verhindern, dass politische Lagerkämpfe das Land wieder lähmen, wie es vor der AKP-Regierung jahrzehntelang an der Tagesordnung war. © Volkan Altunordu

Ich sage "Ja", weil mir mehrere der vor­geschlagenen Änderungen ge­fallen. Allen voran, dass das Mindestalter für eine Wahl ins Parlament von 25 auf 18 Jahre sinkt. Das bringt frischen Wind in die türkische Politik. Was den Präsidenten angeht: Auch wenn die Gegner von einem ,Ein-Mann-Regime‘ sprechen, stimmt das einfach nicht. Aktu­ell genießt der Staatspräsident umfassende Immunität und darf nur für Hochverrat ange­klagt werden. Nach dem neuen Entwurf dagegen, kann er mit den Stimmen einer Parlaments­mehrheit vor Gericht gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden. Außerdem trägt der Präsident durch die Parteimit­gliedschaft mehr politische Ver­antwortung und die Kommuni­kation zum Volk wird gestärkt. Dass ein parlamentarisches System in der Türkei nicht funktioniert hat, zeigt die Geschichte, daher sage ich ,Ja‘ zu einem Präsidialsystem.
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Yavuz Selim Elcivan, 18, Gymnasiast, 11. Klasse

Ich sage "Ja", weil mir mehrere der vor­geschlagenen Änderungen ge­fallen. Allen voran, dass das Mindestalter für eine Wahl ins Parlament von 25 auf 18 Jahre sinkt. Das bringt frischen Wind in die türkische Politik. Was den Präsidenten angeht: Auch wenn die Gegner von einem ,Ein-Mann-Regime‘ sprechen, stimmt das einfach nicht. Aktu­ell genießt der Staatspräsident umfassende Immunität und darf nur für Hochverrat ange­klagt werden. Nach dem neuen Entwurf dagegen, kann er mit den Stimmen einer Parlaments­mehrheit vor Gericht gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden. Außerdem trägt der Präsident durch die Parteimit­gliedschaft mehr politische Ver­antwortung und die Kommuni­kation zum Volk wird gestärkt. Dass ein parlamentarisches System in der Türkei nicht funktioniert hat, zeigt die Geschichte, daher sage ich ,Ja‘ zu einem Präsidialsystem. © Nürnberg

Ich sage "Ja", weil es um die Zukunft und das Überleben der Türkei geht. Unser Land ist derzeit von innen wie von außen vielen Angriffen ausgesetzt. Aber wenn alle gegen einen sind, dann zeigt das nur, dass man Recht hat und auf Erfolgskurs liegt. Frei nach dem türkischen Sprichwort: ,Nur nach einem Baum, der Früchte trägt, wirft man auch Steine.‘ Wie viel die Regierung bereits erreicht hat, sieht man an der Wirtschaft. Früher haben wir neidisch auf Deutschland und andere reiche Länder geblickt. Heute können die sich am rasanten Wachs­tum der Türkei glatt ein Bei­spiel nehmen. Persönlich finde ich auch gut, dass das Volk über die Verfassung mitent­scheidet und wir hier lebenden Türken auch das Wahlrecht ha­ben. Daher sage ich "Ja".
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Emel Altintas, 32, Einzelhandelskauffrau

Ich sage "Ja", weil es um die Zukunft und das Überleben der Türkei geht. Unser Land ist derzeit von innen wie von außen vielen Angriffen ausgesetzt. Aber wenn alle gegen einen sind, dann zeigt das nur, dass man Recht hat und auf Erfolgskurs liegt. Frei nach dem türkischen Sprichwort: ,Nur nach einem Baum, der Früchte trägt, wirft man auch Steine.‘ Wie viel die Regierung bereits erreicht hat, sieht man an der Wirtschaft. Früher haben wir neidisch auf Deutschland und andere reiche Länder geblickt. Heute können die sich am rasanten Wachs­tum der Türkei glatt ein Bei­spiel nehmen. Persönlich finde ich auch gut, dass das Volk über die Verfassung mitent­scheidet und wir hier lebenden Türken auch das Wahlrecht ha­ben. Daher sage ich "Ja". © privat

Ich sage "Ja", weil ich eine effizient und schnell arbeitende Regie­rung will. Denn das ist in der heutigen Welt das A und O. Im Moment haben wir ein Misch­system mit parlamentarischen und präsidialen Elementen. Wo das hinführen kann, wenn Par­lament und Präsident nicht an einem Strang ziehen haben wir in der Vergangenheit oft genug miterleben müssen. Als es nach der Wahl im Juni 2015 keiner Partei gelang, eine mehrheits­fähige Koalition zu bilden, hat­ten wir monatelang keine Regie­rung. Die Wirtschaft geriet in Turbulenzen und die Börse machte sofort eine Talfahrt. Um dem Land solche Krisen künftig zu ersparen, stimme ich mit "Ja".
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Ramazan Sungur, 25, Elektrikermeister

Ich sage "Ja", weil ich eine effizient und schnell arbeitende Regie­rung will. Denn das ist in der heutigen Welt das A und O. Im Moment haben wir ein Misch­system mit parlamentarischen und präsidialen Elementen. Wo das hinführen kann, wenn Par­lament und Präsident nicht an einem Strang ziehen haben wir in der Vergangenheit oft genug miterleben müssen. Als es nach der Wahl im Juni 2015 keiner Partei gelang, eine mehrheits­fähige Koalition zu bilden, hat­ten wir monatelang keine Regie­rung. Die Wirtschaft geriet in Turbulenzen und die Börse machte sofort eine Talfahrt. Um dem Land solche Krisen künftig zu ersparen, stimme ich mit "Ja". © privat

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