Kieler "Tatort": Katerstimmung zur Sommerpause

18.6.2017, 21:45 Uhr
Ohne Arbeit, verschuldet und ein gesuchter Mörder: Roman Eggers sitzt vor einem Scherbenhaufen.

© NDR/Christine Schroeder Ohne Arbeit, verschuldet und ein gesuchter Mörder: Roman Eggers sitzt vor einem Scherbenhaufen.

Kiel Ende Juni: Das bedeutet Kieler Woche - und damit Segeln, Musik, Essen und Bier. Mit der Volksfeststimmung werden in diesem "Tatort" jedoch weder die Kommissare noch die weiteren Akteure warm. Zwar spricht speziell Klaus Borowski (Axel Milberg) dem Alkohol ordentlich zu, er rennt damit allerdings vielmehr vor anderen Problemen davon, als dass Feierlaune aufkommen würde. Kurz nachdem er bei einem Wohnungsbrand beinahe ums Leben gekommen wäre, sitzt er mit einer Flasche Wein auf dem Balkon - und schon sieht die Welt wieder besser aus für "Besoffski".

Der Ermittler Borowski fasziniert jedoch wie eh und je. Mit schroffen und teils philosophischen Zügen sucht er immer nach Gründen. Ein Mord ohne Motiv? Für den Kommissar unvorstellbar. So auch sein Kommentar, als der aggressive Roman Eggers (Mišel Maticevic) seine Freundin erschlägt: "Sie hat ihn genervt". Die Figur Borowski verschwimmt durch ihren exzessiven Alkoholkonsum auf der einen und ihrem scharfsinnigen Ermitteln auf der anderen Seite immer mehr zu einem nicht greifbaren Wesen, das bei so mancher Zeugenbefragung oder gegenüber der Kollegin mit provozierenden Aussagen aneckt.

Ausstrahlung wurde verschoben 

Zwischen ihm und dem zweifachen Mörder Eggers ist eine Verbindung zu spüren, die nicht von ungefähr kommt. Beide Charaktere sind auf ihre Art und Weise verquer. Hier der trinkende, von seiner Kollegin als beziehungsgestört bezeichnete Borowski. Dort der verzweifelte Eggers, der sich durch das Leben quält und nichts auf die Reihe bekommt. Ähnlich wie der Kommissar ist auch der Täter eine widersprüchliche Figur. Auf der einen Seite ist er ein Mann, der seine Kinder liebt und auf Frauen eine anziehende Wirkung entfaltet. Auf der anderen Seite ist er unkontrolliert und verliert schnell die Fassung. Mit seiner dann entfalteten Wut ist er zu allem fähig.

Der gesteigerte Konsum an Hochprozentigem bei Borowski hat den Ursprung aus den Geschehnissen in der Folge "Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes", die bereits 2015 ausgestrahlt wurde. Dass beide Folgen nicht direkt hintereinander kamen und stattdessen "Borowski und das verlorene Mädchen" und "Borowski und das dunkle Netz" dazwischen geschoben wurden, liegt darin begründet, dass der NDR die beiden Folgen "aufgrund der jeweiligen thematischen Aktualität in der Programmplanung vorgezogen" hat.

Deshalb geht auch der Abschied von Sarah Brandt (Sibel Kekilli) ein wenig unter. Für die Kommissarin bedeutet "Das Fest des Nordens" den Ausstieg aus dem Kieler Ermittlungsteam. Er ist dennoch gelungen, da Brandt und Borowski im Film eine steigende Uneinigkeit entwickeln, die sich immer weiter hochschaukelt und am Ende beinahe eskaliert. Die von ihrer Epilepsie immer mehr gekennzeichnete Brandt arbeitet sich zunehmend an ihrem Kollegen ab.

Nach 90 Minuten bleibt aber noch eine Frage offen: Wollte Eggers mit einer Bombe noch größeren Schaden anrichten? Wie in vielen anderen Dingen sind sich die Kommissare auch hier uneins, sodass eine Antwort darauf in der Phantasie der Zuschauer liegt.

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