Netflix veröffentlicht interaktiven "Black Mirror"-Film

28.12.2018, 18:36 Uhr
Mit "Bandersnatch" bestimmt Netflix aktuell die Schlagzeilen deutschlandweit.

© Netflix Mit "Bandersnatch" bestimmt Netflix aktuell die Schlagzeilen deutschlandweit.

"Power to the people", heißt das Motto, dem sich die beliebte Netflix-Serie "Black Mirror" im Rahmen einer Spezial-Ausgabe verschreibt. Die Episode "Bandersnatch" erschien am 28. Dezember als eigenständige Film-Auskopplung der Anthologie-Serie, die sich in jeder Folge mit einem anderen dystopischen Zukunftsszenario befasst, das meist moderne Technik und deren Gefahren weiterdenkt. Die vergangene Staffel handelte beispielsweise von futuristischen Dating-Apps, auf Erinnerungen von Zeugen zurückgreifende Ermittler der Polizei oder Apps für Helikopter-Eltern.

Netflix-Film erinnert an Abenteuerromane für Kinder

Der Clou bei "Bandersnatch": Zuschauer sind gezwungen, Entscheidungen zu treffen, um so die Geschichte selbst zu gestalten. Insgesamt wurden 312 Minuten Material verwendet, das Netflix-Nutzer aber nur vollständig zu Gesicht bekommen, wenn sie sich in mehreren Sitzungen für verschiedene Abzweigungen der Geschichte entscheiden. Damit erinnert die Produktion an Abenteuerromane für Kinder wie "Die Insel der 1000 Gefahren".

Schon seit längerer Zeit machte unter Serienfans das Gerücht die Runde, das kurz vor dem Jahreswechsel ein Special der besonderen Art erscheinen würde, denn bereits im vergangenen Jahr hatte Netflix ohne große Ankündigungen neue Episoden von "Black Mirror" am 28. Dezember veröffentlicht. "Bandersnatch" stellt allerdings nicht nur im Rahmen von "Black Mirror" ein Novum dar, sondern in der gesamten Serienwelt. Bei dem Film-Spezial der Serie, das Netflix einst nach zwei Staffeln vom britischen Channel 4 erstand, handelt es sich um den wohl ersten interaktiven Film dieser Art.

Interaktive Serien könnten zukunftsweisend sein

"Black Mirror: Bandersnatch" dreht sich um einen jungen Programmierer im Jahr 1984, der einen "Wähl-dein-eigenes-Abenteuer"-Fantasyroman als Videospiel adaptiert. Für Netflix-Nutzer beginnt der Film mit einfachen Fragen, wie welche Cornflakes die Hauptfigur essen soll. Später werden die Entscheidungen bedeutender. Etwa wenn Hauptfigur Stefan wählen muss, ob er bei einer Videospielfirma arbeiten will, ob er seinem Therapeuten von seiner Mutter erzählt oder ob er seine Medikamente zu sich nimmt. Irgendwann verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und virtueller Welt...

Videospiele als Thema zu behandeln wirkt passend, schließlich boomen schon seit langer Zeit Videospiele, in denen die Handlung und das Erleben der Geschichte im Vordergrund stehen und nicht die Fähigkeiten des Spielers am Controller. Auch hier kann man schon von interaktiven Filmen sprechen.

Schon mehrmals experimentierte Netflix mit Interaktivität

Die Entscheidung für eine interaktive Nutzung könnte aber gerade in der Serienwelt zukunftsweisend sein. Nie wurden so viele Fernsehserien produziert wie heute. Dabei fällt es Fernsehschaffenden immer schwerer, ein Alleinstellungsmerkmal für ihre Produktionen zu finden. Für Netflix besteht der große Vorteil beim Fokus auf interaktive Serien und Filme dabei, dass die Technik schon längst existiert.

Tatsächlich experimentierte der Streaming-Dienst bereits mit interaktiven Serien im Rahmen von "Der gestiefelte Kater und das magische Buch" (2017) und "Minecraft: Story Mode" (2015). Dieses Gimmick ist wohl nur online in dieser Form möglich. Wollen lineare Fernsehsender Ähnliches ausprobieren, müssen sie auf zeitfressende Publikums-Votings zurückgreifen, wonach viele Zuschauer womöglich nicht einmal das zu sehen bekommen, was sie gewählt haben.

Regie führte bei "Bandersnatch" David Slade, der bereits vier Episoden für "Black Mirror" inszenierte und Filme wie "Hard Candy" schuf. In der Hauptrolle tritt "Dunkirk"-Star Fionn Whitehead auf. Wie Zuschauer die Qualität beurteilen, wird auch davon abhängen, als was sie das Special verstehen: Als kinematische Erfahrung oder als Videospiel. Letztlich gibt es fünf Hauptenden, die wiederum alle verschiedene Varianten haben. Dabei erscheint die Aufgabe, alle Enden aus erzählerischer Sicht gleich gelungen zu gestalten, schier unmöglich.

Netflix wird gespannt auf die Reaktionen der Nutzer warten und analysieren, welche Elemente auf Gegenliebe stoßen und welche nicht. "Black Mirror: Bandersnatch" könnte bei hinreichendem Erfolg wegweisend für einen neuen TV-Trend sein.

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