30 Jahre "Dirty Dancing": Erinnerungen an einen besonderen Film

5.9.2012, 14:22 Uhr
Kitsch in Reinform, rührendste Liebesgeschichte aller Zeiten oder Erotik pur — seit 1987 scheiden sich an „Dirty Dancing“ die Geister. Jeder (bzw. jede) erlebte den Film anders. Einige ganz persönliche Rückblicke von NN-Redakteuren:
 
 
 Ein kleines Wohnzimmer in einem Münchner Hochhaus mit typisch hässlichen 90er-Jahre-Möbeln, heruntergelassene Rollos und die letzte Szene von „Dirty Dancing“ in der Endlosschleife, ganz exakt ab dem Punkt, an dem Johnny sein „Mein Baby gehört zu mir!“ sagt. Wenn meine Mutter sich am Wochenende mit ihren Schwestern traf, verschwanden die drei für Stunden in dem stockdunklen Zimmer. Als Kinder war uns das Ganze zu langweilig, Kater Tommi oder der Abenteuerspielplatz ums Eck waren da wesentlich interessanter. Und obwohl ich mich nicht daran erinnern kann, den Film jemals ganz mitangesehen zu haben, kann ich ihn auswendig mitsprechen. Vor kurzem lief wieder mal eine Wiederholung im Fernsehen. Ich bin hängen geblieben. Und muss gestehen, dass ich am Ende bedauert habe, nicht einfach zu „Mein Baby gehört zu mir!“ zurückspulen zu können. (Ariane Fitzgerald) 
 Foto: Plakat zum Musical "Dirty Dancing" in Oberhausen
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Sorgt auch als Musical für Ohrwürmer: Dirty Dancing

Kitsch in Reinform, rührendste Liebesgeschichte aller Zeiten oder Erotik pur — seit 1987 scheiden sich an „Dirty Dancing“ die Geister. Jeder (bzw. jede) erlebte den Film anders. Einige ganz persönliche Rückblicke von NN-Redakteuren: Ein kleines Wohnzimmer in einem Münchner Hochhaus mit typisch hässlichen 90er-Jahre-Möbeln, heruntergelassene Rollos und die letzte Szene von „Dirty Dancing“ in der Endlosschleife, ganz exakt ab dem Punkt, an dem Johnny sein „Mein Baby gehört zu mir!“ sagt. Wenn meine Mutter sich am Wochenende mit ihren Schwestern traf, verschwanden die drei für Stunden in dem stockdunklen Zimmer. Als Kinder war uns das Ganze zu langweilig, Kater Tommi oder der Abenteuerspielplatz ums Eck waren da wesentlich interessanter. Und obwohl ich mich nicht daran erinnern kann, den Film jemals ganz mitangesehen zu haben, kann ich ihn auswendig mitsprechen. Vor kurzem lief wieder mal eine Wiederholung im Fernsehen. Ich bin hängen geblieben. Und muss gestehen, dass ich am Ende bedauert habe, nicht einfach zu „Mein Baby gehört zu mir!“ zurückspulen zu können. (Ariane Fitzgerald)
Foto: Plakat zum Musical "Dirty Dancing" in Oberhausen © oh

Ich hätte es besser wissen müssen. Videoabend in der 3er WG mit weiblicher Publikumsmehrheit und Pizza? Das klingt eigentlich vielversprechend. Gäbe es da nicht... „Dirty Dancing?“ fragte die Gastgeberin noch erstaunlich unschuldig. „Schon wieder?“, schaffte ich noch einzuwenden, doch hinter mir wurde bereits „Now I’ve had! The time of my liiife...“ auf dem Sofa angestimmt und das Band in den Rekorder geschoben — Widerstand zwecklos. Jetzt hieß es ruhig bleiben, während des Films die sich aufdrängenden Kommentare runterschlucken und durchhalten. Einfach durchhalten. Ein Mythos, dass dieser Film kürzer als ein Fußballspiel mit Halbzeitpause sein soll: Das kann einfach nicht stimmen. Immerhin, ein paar Tapferkeitspunkte bei der Damenwelt hatte ich am Ende verdient. Und das Essen war lecker. (Gregor le Claire) 
 Foto: Filmszene mit Patrick Swayze und Jennifer Grey (1987)
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30 Jahre Dirty Dancing

Ich hätte es besser wissen müssen. Videoabend in der 3er WG mit weiblicher Publikumsmehrheit und Pizza? Das klingt eigentlich vielversprechend. Gäbe es da nicht... „Dirty Dancing?“ fragte die Gastgeberin noch erstaunlich unschuldig. „Schon wieder?“, schaffte ich noch einzuwenden, doch hinter mir wurde bereits „Now I’ve had! The time of my liiife...“ auf dem Sofa angestimmt und das Band in den Rekorder geschoben — Widerstand zwecklos. Jetzt hieß es ruhig bleiben, während des Films die sich aufdrängenden Kommentare runterschlucken und durchhalten. Einfach durchhalten. Ein Mythos, dass dieser Film kürzer als ein Fußballspiel mit Halbzeitpause sein soll: Das kann einfach nicht stimmen. Immerhin, ein paar Tapferkeitspunkte bei der Damenwelt hatte ich am Ende verdient. Und das Essen war lecker. (Gregor le Claire)
Foto: Filmszene mit Patrick Swayze und Jennifer Grey (1987) © Enterpress

Kaum war die letzte Schriftzeile des Nachspanns verschwunden, hatte ich 90 Prozent von „Dirty Dancing“ bereits verdrängt. An zwei Dinge kann ich mich jedoch erinnern: Wie mühsam es war, wach zu bleiben. Und: Dass Jennifer Grey Anlauf nimmt, auf Patrick Swayzes Arme springt — und er sie tatsächlich nicht fallen lässt. Mit dieser Szene kurz vor Schluss wurden meine Zweifel ausgeräumt: Es handelt sich nicht um eine Komödie — der Kitsch ist ernst gemeint. Mit dieser Erkenntnis kam der Selbstzweifel: Warum fanden alle meine Kommilitoninnen in der Studentenbude in der Maastrichter Innenstadt diesen Film so toll? Die „Ohs“ und „Ahs“ klingen noch heute in meinem Ohr. Irgendwann wurde der Selbstzweifel von Einsicht verdrängt: Ich hatte nicht so viel getrunken wie die anderen. (Tanja Toplak-Pall) Foto: Filmszene mit Patrick Swayze und Jennifer Grey
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"Mein Baby gehört zu mir!" - die wohl berühmteste Passage des Filmes

Kaum war die letzte Schriftzeile des Nachspanns verschwunden, hatte ich 90 Prozent von „Dirty Dancing“ bereits verdrängt. An zwei Dinge kann ich mich jedoch erinnern: Wie mühsam es war, wach zu bleiben. Und: Dass Jennifer Grey Anlauf nimmt, auf Patrick Swayzes Arme springt — und er sie tatsächlich nicht fallen lässt. Mit dieser Szene kurz vor Schluss wurden meine Zweifel ausgeräumt: Es handelt sich nicht um eine Komödie — der Kitsch ist ernst gemeint. Mit dieser Erkenntnis kam der Selbstzweifel: Warum fanden alle meine Kommilitoninnen in der Studentenbude in der Maastrichter Innenstadt diesen Film so toll? Die „Ohs“ und „Ahs“ klingen noch heute in meinem Ohr. Irgendwann wurde der Selbstzweifel von Einsicht verdrängt: Ich hatte nicht so viel getrunken wie die anderen. (Tanja Toplak-Pall)
Foto: Filmszene mit Patrick Swayze und Jennifer Grey © AP/dapd

Patrick Swayze! Diese beiden Worte sagen eigentlich alles. Was für ein Mann war das! All die George Clooneys und Brad Pitts dieser Welt werden nie an ihn heranreichen. Mein Herz und mein Sehnen gehörte ihm, seit ich ihn 1986 als Orry Main durch das Bürgerkriegsdrama „Fackeln im Sturm“ reiten sah. Was soll’s, dass er in der Serie als Plantagenbesitzer und Sklavenhalter aus den Südstaaten auftrat. Immerhin war er ein lieber, leidender Sklavenhalter — und sah einfach verdammt gut aus. Wie wunderbar, dass es mit „Dirty Dancing“ ein Jahr danach die Chance auf ein Wiedersehens gab. Die Handlung, na ja. Aber dieser Johnny und seine starken Arme, uuuuh. Und seit 25 Jahren warte ich nun darauf, dass einmal ein solcher Kerl über mich sagt: „Mein Baby gehört zu mir!“ (Gudrun Bayer) 
 Foto: Filmszene mit Patrick Swayze und Jennifer Grey
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Erotik pur - oder doch vielmehr übertriebener Kitsch?

Patrick Swayze! Diese beiden Worte sagen eigentlich alles. Was für ein Mann war das! All die George Clooneys und Brad Pitts dieser Welt werden nie an ihn heranreichen. Mein Herz und mein Sehnen gehörte ihm, seit ich ihn 1986 als Orry Main durch das Bürgerkriegsdrama „Fackeln im Sturm“ reiten sah. Was soll’s, dass er in der Serie als Plantagenbesitzer und Sklavenhalter aus den Südstaaten auftrat. Immerhin war er ein lieber, leidender Sklavenhalter — und sah einfach verdammt gut aus. Wie wunderbar, dass es mit „Dirty Dancing“ ein Jahr danach die Chance auf ein Wiedersehens gab. Die Handlung, na ja. Aber dieser Johnny und seine starken Arme, uuuuh. Und seit 25 Jahren warte ich nun darauf, dass einmal ein solcher Kerl über mich sagt: „Mein Baby gehört zu mir!“ (Gudrun Bayer)
Foto: Filmszene mit Patrick Swayze und Jennifer Grey © Enterpress

Doch, das geht: Dieser Film kann eine kleine Ehekrise auslösen. Wenn man(n) in der Endphase seiner Examensvorbereitung steckt und eigentlich endlich mal lernen müsste — und frau samt Freundin deshalb ins Kino geht. In „Dirty Dancing“. Prächtig gelaunt heimkommt. Singen und tanzen möchte mit dem Mann, der unleidlich auf dem Sofa liegt, Musikfilme ohnehin verabscheut und sich nicht anstecken lassen will vom Film-Fieber. So verwandelte (s)ich die blendende Laune der Gemahlin schnell ins Gegenteil. Und es hat länger gedauert als „Dirty Dancing“, bis der Knatsch gekittet war. Was half? Das Lieblingslied meiner Frau, auch aus dem Film: „Stay“. Sie blieb. Zum Glück. (Alexander Jungkunz) 
 Foto: Szene aus dem Musical "Dirty Dancing" in Oberhausen
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Ehekrise dank Dirty Dancing

Doch, das geht: Dieser Film kann eine kleine Ehekrise auslösen. Wenn man(n) in der Endphase seiner Examensvorbereitung steckt und eigentlich endlich mal lernen müsste — und frau samt Freundin deshalb ins Kino geht. In „Dirty Dancing“. Prächtig gelaunt heimkommt. Singen und tanzen möchte mit dem Mann, der unleidlich auf dem Sofa liegt, Musikfilme ohnehin verabscheut und sich nicht anstecken lassen will vom Film-Fieber. So verwandelte (s)ich die blendende Laune der Gemahlin schnell ins Gegenteil. Und es hat länger gedauert als „Dirty Dancing“, bis der Knatsch gekittet war. Was half? Das Lieblingslied meiner Frau, auch aus dem Film: „Stay“. Sie blieb. Zum Glück. (Alexander Jungkunz)
Foto: Szene aus dem Musical "Dirty Dancing" in Oberhausen © oh

„Dirty Dancing“ — an die Filmhandlung kann ich mich kaum noch erinnern, zugegeben. Aber der musikalische Ohrwurm, den ich mit diesen Film verbinde, der Hit „Time of my life“, der spielt sich auf Knopfdruck sofort wieder in mein Gedächtnis ein. Und dann sehe ich ihn vor mir, den Patrick Swayze, wie er hingebungsvoll und mit dem nötigen Tick Erotik diese Mischung aus Rumba und Mambo tanzt. Ich wünschte mir, dass die Tanzbegeisterung aus dem Film vor allem auf die Herren der Schöpfung überspringen möge. Denn zur damaligen Tanzstundenzeit — heute ist es wohl nicht anders — war fast immer Damenüberschuss. Und richtig gute Tänzer, die auch den Rumba-Rhythmus inklusive Hüftschwung beherrschten, waren rar gesät und heiß begehrt.
 „Saturday Night Fever“ genau zehn Jahre zuvor hatte wirklich ansteckend gewirkt. Die Männer wollten gerne wie John Travolta sein, stylten sich die Haare und legten los. Aber dazu brauchten sie keine Mädels, das war ein Gruppentanz, bei dem jeder wie Travolta den Arm in Richtung Himmel riss. Nur das mit dem Hüftschwung, das kriegten manche nicht so recht hin. Ich höre sie noch heute, die Ermahnung unserer Tanzlehrerin: „Bitte, meine Herren, keine Klo-Stellung!“ Karin Winkler (54). 
 Foto: Szene aus dem Musical in Oberhausen.
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Dem Film entstammt der Welthit "Time of my Life"

„Dirty Dancing“ — an die Filmhandlung kann ich mich kaum noch erinnern, zugegeben. Aber der musikalische Ohrwurm, den ich mit diesen Film verbinde, der Hit „Time of my life“, der spielt sich auf Knopfdruck sofort wieder in mein Gedächtnis ein. Und dann sehe ich ihn vor mir, den Patrick Swayze, wie er hingebungsvoll und mit dem nötigen Tick Erotik diese Mischung aus Rumba und Mambo tanzt. Ich wünschte mir, dass die Tanzbegeisterung aus dem Film vor allem auf die Herren der Schöpfung überspringen möge. Denn zur damaligen Tanzstundenzeit — heute ist es wohl nicht anders — war fast immer Damenüberschuss. Und richtig gute Tänzer, die auch den Rumba-Rhythmus inklusive Hüftschwung beherrschten, waren rar gesät und heiß begehrt. „Saturday Night Fever“ genau zehn Jahre zuvor hatte wirklich ansteckend gewirkt. Die Männer wollten gerne wie John Travolta sein, stylten sich die Haare und legten los. Aber dazu brauchten sie keine Mädels, das war ein Gruppentanz, bei dem jeder wie Travolta den Arm in Richtung Himmel riss. Nur das mit dem Hüftschwung, das kriegten manche nicht so recht hin. Ich höre sie noch heute, die Ermahnung unserer Tanzlehrerin: „Bitte, meine Herren, keine Klo-Stellung!“ Karin Winkler (54).
Foto: Szene aus dem Musical in Oberhausen. © oh

Ich kann’s leider nicht leugnen, aber der Kitschstreifen markierte die Wende: Vorher war „Ronja Räubertochter“, dann kam — Eintritt ab zwölf — „Dirty Dancing“ und schloss die Tür auf zur Welt der „Erwachsenenfilme“. Mit Freundinnen ging’s damals nach der Schule ins Kino. Nicht nur einmal, mindestens viermal hintereinander sahen wir uns den Tanzfilm an und schmachteten — wie das nur Teenager können — Patrick Swayze an. Ach, wie gern hätten wir damals mit „Baby“ getauscht und uns mit ihr vom pickligen Aschenputtel in eine unwiderstehliche Tanzfee verwandelt. Klar, wir wollten tanzen wie „Baby“. Zu Hause haben wir die Schritte geübt. Mit bescheidenem Erfolg. „Dirty Dancing“ war sogar etwas für unsere Mütter, die vom SwayzeVirus schon seit „Fackeln im Sturm“ infiziert waren. Sie gingen mit ins Kino (allerdings reichte ihnen einmal) und teilten, was nicht die Regel war, die Begeisterung ihrer Töchter. Wir schmachteten generationenübergreifend.
 Obwohl wir den Film x-mal gesehen hatten, musste er auch auf Videokassette her. Ich habe die Kassette heute noch, auch wenn der Videorekorder längst den Weg allen Elektronikschrotts gegangen ist. Sie liegt irgendwo im Keller, ganz unten in einem Karton. Sabine Stoll. 
 Foto: Szene aus dem Musical in Oberhausen.
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Generationenübergreifendes Schmachten

Ich kann’s leider nicht leugnen, aber der Kitschstreifen markierte die Wende: Vorher war „Ronja Räubertochter“, dann kam — Eintritt ab zwölf — „Dirty Dancing“ und schloss die Tür auf zur Welt der „Erwachsenenfilme“. Mit Freundinnen ging’s damals nach der Schule ins Kino. Nicht nur einmal, mindestens viermal hintereinander sahen wir uns den Tanzfilm an und schmachteten — wie das nur Teenager können — Patrick Swayze an. Ach, wie gern hätten wir damals mit „Baby“ getauscht und uns mit ihr vom pickligen Aschenputtel in eine unwiderstehliche Tanzfee verwandelt. Klar, wir wollten tanzen wie „Baby“. Zu Hause haben wir die Schritte geübt. Mit bescheidenem Erfolg. „Dirty Dancing“ war sogar etwas für unsere Mütter, die vom SwayzeVirus schon seit „Fackeln im Sturm“ infiziert waren. Sie gingen mit ins Kino (allerdings reichte ihnen einmal) und teilten, was nicht die Regel war, die Begeisterung ihrer Töchter. Wir schmachteten generationenübergreifend. Obwohl wir den Film x-mal gesehen hatten, musste er auch auf Videokassette her. Ich habe die Kassette heute noch, auch wenn der Videorekorder längst den Weg allen Elektronikschrotts gegangen ist. Sie liegt irgendwo im Keller, ganz unten in einem Karton. Sabine Stoll.
Foto: Szene aus dem Musical in Oberhausen. © oh

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