Asylstreit: CSU-Theater ist eine Steilvorlage für Populisten

18.6.2018, 16:43 Uhr
Asylstreit: CSU-Theater ist eine Steilvorlage für Populisten

© Günter Distler

Erst bläst die CSU einen eher nebensächlichen Punkt zu einer elementaren Kernforderung auf, an deren Nichterfüllung sie notfalls die Koalition platzen ließe. So klang es seit Donnerstag.

Und nun? Zunächst mal kauft sich die Union Zeit. Der Streit ist allenfalls aufgeschoben; die CSU macht doch (oder noch?) nicht Ernst mit ihren Drohungen. Genau darin liegt auch der Flurschaden, den vor allem Markus Söder angerichtet hat: Wer so gewaltige Ankündigungen in schneidiger Tonlage herausposaunt wie er, dann aber einen Rückzieher macht, der hat ein Problem. Der Spruch vom Tiger, der springt und als Bettvorleger landet, ist ausgelutscht, aber passend für die CSU.


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"Ein Geschenk" für die AfD sei das, was die Union nun geliefert habe, heißt es bei den Populisten. Könnte sein, dass sie recht haben: Wer erst tönt, dann aber nicht liefert, spielt ihnen in die Hände. Sie freuen sich auch, weil die CSU ihre Wortwahl übernimmt: Söder spricht von "Asyltourismus" und "Asylgehalt" - als ob das Verlassen der Heimat ein Freizeitvergnügen wäre.

Massive Entfremdung von der CDU

Fest steht: Die Zahl der Asylanträge in der EU sank 2017 im Vergleich zum Vorjahr deutlich, die meisten Antragsteller kamen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Die deutsche Obergrenze von 200.000, auf die sich die Koalition geeinigt hat, wird auch 2018 wohl nicht erreicht. Selbstverständlich gibt es dennoch Handlungsbedarf etwa bei der Verfahrensdauer oder beim Abschiebe-Vollzugsdefizit. Darauf sollte sich die Koalition konzentrieren; die Fixierung der CSU auf die übrigens jetzt schon praktizierte Rückweisung an der Grenze lenkt davon nur ab.

Was über diesen Streit hinaus nun unübersehbar wurde: die massive Entfremdung zwischen den Unionsparteien, die einst als Schwestern galten. In vielen Sätzen, die vor allem CSU-Politiker sagten, kam diese Kluft zum Ausdruck. Die "Zeit des geordneten Multilateralismus" sei vorbei, sagte Söder. Das klingt nach Trump, nach nationalen Alleingängen, die nun auch die CSU vorantreibt. Das wäre in der Tat eine Zäsur: die Abkehr vom bisher stets europäischen, auf Verträge und Verständigung setzenden Kurs der Unionsparteien.

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